Boaz Beekhof gehört zu den jungen aufstrebenden Customizern in den Niederlanden. Diesmal nahm sich der Ingenieur eine Yamaha XV 750 Virago vor und verwandelte sie in einen Hightech-Cafe-Racer.

Wir treffen Boaz in seinem Elternhaus in Zuilichem, einer Kleinstadt in den Niederlanden. Man ahnt nicht, was in der alten Mühle mit der großen Scheune vor sich geht, wenn man durch die verschlafen wirkenden Straßen fährt. Denn hier wird schwer geschliffen und geschweißt, wenn Vater Beekhof zusammen mit seinem Sohn wilde Custombikes entstehen lässt.

Yamaha XV 750 – Die Virago brüllt

Es ist perfektes Wetter, als Boaz den Virago-Cafe-Racer anwirft, um eine Runde durch die typischen holländischen Touristenstädtchen zu drehen. Die Virago brüllt laut und der sonst so stille Ort wird jäh wachgerüttelt. Am Abend vor unserem Fotoshooting hat Boaz noch schnell die Vergaser eingestellt und das Bike seither nicht mehr bewegt, doch er ist zuversichtlich, dass alles rund laufen wird. 

Der relativ breite Suzuki-GSX-Tank gibt die Linie vor, die Elektrik liegt unterm Spritgefäß

»Nachdem ich einen Yamaha-XS650-Bobber gebaut hatte, wollte ich etwas komplett anderes machen. Ich mag Cafe Racer, also fing ich an, im Internet nach einer geeigneten Basis zu suchen. Warum eigentlich nicht eine Yamaha Virago, dachte ich mir. Doch unglücklicherweise fing gerade zu dieser Zeit der Hype um dieses Modell an.

Yamaha XV 750 – Der Rahmen als begrenzender Faktor

Jeder baute eine Virago um. Man wurde förmlich mit Umbauten totgeworfen. Viele von denen waren Cafe Racer und sie sahen sich auch noch alle ähnlich, mit ihrem Heck und dem Benelli-Mojave-Tank. Inzwischen gibt es sogar Do-it-yourself-Kits zum Dranschrauben. Allerdings ist der Rahmen der begrenzende Faktor und mit ein Grund für die Ähnlichkeiten.

Mal was anderes: Die konisch geformte Maske für den Doppelscheinwerfer entstand im Eigenbau, ebenso wie das Scheinwerferglas selbst

Doch Boaz wäre nicht Boaz, wenn er die Sache nicht völlig anders angehen würde. »Ich will niemals das Gleiche wie jeder andere, das ist ein Grund, warum es für mich manchmal so schwierig wird. Und dann ist da noch der finanzielle Aspekt, der meinen Projekten Grenzen setzt.« Wenigsten lässt sich Boaz nicht in seiner Kreativität einschränken.

Viele Parts stammen aus dem 3D-Drucker

»Ich bin Ingenieur in einem Unternehmen, das unbemannte Helikopter baut, und führe während des gesamten Prozesses Aufgaben aus, vom Design bis hin zur Konstruktion und dem Testen. Da ich viel mit CAD arbeiten muss, habe ich entsprechende Parts an der Virago verbaut, die im 3D-Druck entstanden sind«, klärt Boaz uns auf.

Immerhin, der Stummellenker zeigt: das ist ein echter Cafe Racer, wenn auch bulliger als so mancher Artgenosse

Nachdem das Bike zerlegt ist, sucht er nach einer Lösung für den Tank und wird bei Suzuki fündig. Er modifiziert das Spritbehältnis einer GSX 1100 von 1979. »Durch den breiten Rahmen musste ich einen neuen Tunnel anfertigen, was es mir ermöglichte, die komplette Elektrik unter den Tank zu packen. Dadurch konnte ich den Rest des Rahmens sehr clean halten. Lediglich der Batteriekasten blieb sichtbar und befindet sich jetzt dort, wo einst der Hauptständer angebracht war.«

Yamaha XV 750 – Mit R1-Gabel deutlich sportlicher

Bei der Gabel schwebt ihm etwas Moderneres vor und er entscheidet sich für die Gabelholme einer Yamaha R1, die er in modifizierte Seriengabelbrücken steckt. »Es wäre natürlich einfach gewesen, auch das Rad der R1 zu verwenden, doch ich wollte vorn und hinten die originalen Räder verwenden. Leider ist das vordere für meinen Geschmack zu schmal.

Gut versteckt: Das Zentralfederbein einer Kawasaki ist nicht wie bei filigranen Racern auf den ersten Blick sichtbar, sondern versteckt sich hinter einer schwarzen Verkleidung und hebt außerdem das Bike leicht an

Also habe ich ein weiteres Hinterrad gekauft, musste ich mir allerdings Gedanken darüber machen, wie das Teil in die R1-Gabel bekomme«, so Boaz zu den technischen Schwierigkeiten beim Umbau. Er fräst die Radnabe auf und dreht sich zur Aufnahme der mächtigen Bremsscheiben eine Adapterplatte sowie eine neue Steckachse. »Eigentlich viel zu viel Aufwand, wenn man bedenkt, dass die Bremsscheiben die ganze Arbeit verdecken«, meint er lachend. 

Das Zentralfederbein stammt aus einer Kawa ZX-6R

Das Cafe-Racer-Heck designt er aus einem Schaumstoffblock und baut es anschließend aus Polyester nach. Auch den Heckrahmen konstruiert er selbst und integriert LED-Streifen als Rücklicht. »Dank des verbauten Kawasaki-Zentralfederbeins ist das Bike angehoben und gibt ihm in Verbindung mit dem spitzen Heck und dem schmalen Scheinwerfer einen aggressiven Look.«

Das Heck wurde aus einem Schaumstoffblock designt und anschließend aus Polyester nachgeformt. Der SC-Project-Endtopf steht wüsten Schräglagen sichtlich im Wege

Zum Thema Scheinwerfer: Das Teil ist ein kompletter Eigenbau. Hundert Prozent homemade, wie Boaz versichert. »Ich habe den Scheinwerfer im CAD gezeichnet und auf meinem 3D-Drucker entstehen lassen, genau wie das Rücklicht und einige Teile des Luftfilters. Das Scheinwerferglas habe ich in einer Form hergestellt, natürlich alles im 3D-Druck. Anschließend wanderte es zusammen mit einer Gegenform in den Backofen meiner Eltern. Einfach erhitzen und pressen – und schon hat man ein Scheinwerferglas«, grinst Boaz verschmitzt.

Ohne Dämpfung war der Endtopf viel zu laut

Beim Auspuff lässt er sich aber ein wenig durch Vorlagen aus dem Internet inspirieren. »Es ist eine schöne Auspuffanlage geworden, mit sichtbaren Nähten. Zuerst hatte ich einen Slash-cut-Endtopf montiert, ohne Dämpfung. Doch das war viel zu laut. Jetzt ist ein kurzer, aggressiv wirkender Topf mit einem dB-Killer dran. Jetzt ist es nicht mehr ganz so laut. 

Laut, aber nicht mehr ganz so laut: Der kurze Endtopf bildet das Finish der groben Krümmerrohre

Die Lackierung übernimmt Royal Jack. »Ich wollte einen Racing-Stil an den Seiten und endlose Linien auf dem Tank und oben auf dem Bike. Also bin ich zu Jack und bei ein paar Bier haben wir das Design festgelegt. Wir machen das eigentlich immer so. Zuerst hat er dann die Räder lackiert, und nachdem ich das Bike fertiggestellt hatte, den Rest.

Schaut nach Ninja Turtle aus, sagt die Lady. Cowabunga!

Das Blattgold gibt der Lackierung, meiner Meinung nach, das gewisse Extra. Zum Abschluss habe ich dann noch die Sitzbank zu Marcel Miller zum Beziehen gegeben. Meine Freundin meinte, dass das Motorrad ein bisschen wie ein Ninja Turtle aussehe. Das brachte uns auf die Idee ein Schlangenlederimitat zu verwenden. Jetzt sieht das Bike tatsächlich ein wenig nach Ninja Turtle aus. Cowabunga!«

Cafe Racern noch neue Aspekte abzugewinnen, ist in der inflationären Masse an Racern in den letzten Jahren schwer geworden. Die grobe Aggressivität der Virago schafft es allerdings und passt eben auch gut zum V2-Zweizylinder

Ob sich seine umgebaute Virago besser fährt als das Original, vermag Boaz noch nicht zu beurteilen: »Ehrlich gesagt bin ich mit dem Original nur eine kleine Testrunde gefahren, bevor ich es zerlegt habe. Ich konnte einfach nicht mit dem Umbauen warten.« Ob Boaz mehr Performance in die Virago gepackt hat? Wir werden es bestimmt erfahren – irgendwann.

 

Floris Velthuis