Betrug mit Motorradzubehör ist nichts Neues. Dabei haben Kopien und Plagiate von Parts und Designs nur einen Vorteil: Sie sind billiger – aber eben meist auch schlechter.

Die Customszene ist aus wirtschaftlicher Sicht durchaus ein lukrativer Markt. Jedes Jahr werden weltweit Milliarden umgesetzt, werden Teile entwickelt und produziert, finden neue Ideen ihren Weg an umgebaute Motorräder. Umso ärgerlicher, wenn Hersteller neben Hirnschmalz auch viel Geld in die Entwicklung neuer Parts investieren, nur um anschließend kopiert und im Preis unterboten zu werden.

Betrug mit Motorradzubehör – Vorsicht vor billigen Bauteilen

Es ist ein Jammer, dass Qualität oft genug zugunsten von »billiger« hinten anstehen muss. Für den Verbraucher kann das, unabhängig davon, ob er bewusst solche Parts erwirbt oder ganz einfach einem Betrüger aufsitzt, mitunter unangenehme Folgen haben. Ungeachtet des wirtschaftlichen Schadens, können Kopien auch schlicht gesundheitsgefährdend sein, vor allem wenn es um sicherheitsrelevante Bauteile geht.

Bauteile des italienischen Bremsspezialisten Brembo gibt es nicht billig. Der feine Guss der rechten Pumpe weist das Original aus

Detlef Achterberg von ABM Fahrzeugtechnik kann ein Lied davon singen, denn der Schwarzwälder Hersteller von hochwertigen Zubehörteilen leidet, wie die gesamte Branche, immer wieder unter der Schwemme an billigen Plagiaten von Handhebeln, Ausgleichsbehältern und Handpumpen. Also alles sicherheitsrelevante Parts, die zudem prüfungspflichtig sind. »Wenn ich mir einschlägige Shops bei eBay, Alibaba und Co. anschaue, werden da schon mal täglich vierzig Paar gefälschte Hebel in Deutschland verkauft werden«, weiß Achterberg. Die Parts kosten weit weniger als in Deutschland produzierte und geprüfte Teilen – logisch, dass das viele Kunden lockt.

Parts von fragwürdiger Qualität

Was der Verbraucher in seiner Jagd nach »billiger« aber gerne übersieht: Die Güte, der meist aus Fernost, insbesondere aus China, stammenden Teile, ist mehr als fragwürdig, denn die Produzenten unterliegen weder den strengen europäischen Anforderungen, noch scheren sie sich um entsprechende Prüfungen. Bei einem Bremshebel beispielsweise kann die minderwertige Qualität bei einer Vollbremsung schnell über Leben oder Tod entscheiden. Dabei spielt die Qualität des Materials noch nicht einmal die Hauptrolle, stellt Detlef Achterberg fest: »Das Bruchverhalten ist nicht das größte Manko, die exotischen Toleranzen bei der Fertigung sind viel problematischer.

Selbst die edlen Verpackungen von Herstellern wie Rizoma (rechts) werden kopiert, um den gefälschten Teilen einen Hauch von Echtheit zu verleihen

Die Teile passen nicht wirklich zusammen.« Tatsächlich lassen sich defekte oder gebrochene Bremshebel im Nachhinein selten als Unfallursache feststellen, besitzen sie doch in der Regel Sollbruchstellen. Auch kann der Fahrer nach einem schweren Unfall oft wenig zur Aufklärung beitragen, da sich die Vorgänge in Sekundenbruchteilen abspielen und Erinnerungen als Unfallfolge meist getrübt sind.

Plagiate sind oft schlecht konstruiert

»Ein guter Hinweis auf die Qualität eines verstellbaren Bremshebels ist immer die Griffweitenverstellung. Die muss absolut spielfrei rasten und darf nicht über den Einstellbereich hinaus drehbar sein«, erklärt Achterberg. »Bei einer Bremsung kann es sonst passieren, dass sich der Einstellungsbereich schlagartig aufs Minimum reduziert.« Die Folgen kann sich jeder selbst ausmalen.

Auf den ersten Blick kaum vom Original zu unterscheiden. Doch kaum einer möchte die Erfahrung machen, wie schlimm die Qualität von gefälschten Teilen tatsächlich sein kann

Doch falsch oder schlecht konstruierte Plagiate beeinflussen auch die Bremswirkung im Allgemeinen, denn durch die ungenaue Fertigung und die laschen Toleranzen kann der gefälschte Hebel schon unbelastet einen minimalen Druck auf die Pumpe ausüben. So kann die Ausgleichsbohrung im Kolben nicht mehr arbeiten und die Bremse ist immer leicht geschlossen. Die Folge ist Überhitzung und im schlimmsten Fall eine unkontrollierbare Blockade der Bremse.

Betrug mit Motorradzubehör – selbst der TÜV fällt darauf rein

Alles in allem genügend sachliche Argumente nur Zubehör aus geprüfter und zertifizierter Herstellung zu kaufen? Leider nicht, denn die Angebote und Verkaufszahlen im Onlinehandel sprechen dagegen. Doch es kommt noch schlimmer, denn mittlerweile werden sogar Teile mit gefälschter Kraftfahrtbundesamtnummer oder ABE angeboten. Die Kopierer lernen schließlich dazu und holen sich auf diese Art zusätzliche Verkaufsargumente für ihre Billigteile. Mittlerweile werden auch Ausgleichsbehälter hemmungslos gefälscht, teilweise sogar so gut, dass selbst bei Kontrollen kaum noch Auffälligkeiten festgestellt werden können, noch nicht einmal bei einem zweiten prüfenden Blick. Eine Problematik, die auch den TÜV trifft, der nicht selten solche Teile ohne Beanstandung durchwinkt.

Auch Paint-Motive werden gerne nachgemacht. Links das Original von Chiko, rechts eine Kopie

Doch kann man Plagiate schon vor dem Kauf erkennen oder identifizieren? Selten mit absoluter Sicherheit. Hier ist ein wenig Erfahrung und gesundes Misstrauen geboten. Vor allem marktübliche Preise, gerade von Markenherstellern, sind ein guter Indikator. Hohe preisliche Abweichungen nach unten haben ein Grund.

All about the Money

It’s all about the money – wo wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, ist Herstellern von Plagiaten und Kopierern jedes Mittel recht. Die Entwicklung neuer Teile kostet Zeit und nicht selten viel Geld, genauso wie Qualitätskontrollen, Prüf- und Genehmigungsverfahren. Es geht dabei noch nicht einmal um einen moralischen Anspruch fremdes geistiges Eigentum zu respektieren, denn unrechtmäßiges Kopieren ist zwar billiger, aber vor allem eins: kriminell. Plagiate verursachen jedes Jahr erhebliche wirtschaftliche Schäden und betreffen eine ganze Szene.

 

Heim/Kratschmar