Im Internet stolpern wir über die wilden ungestümen Motorradkonzepte von Barbara Custom Motorcycles. Wir wollen mehr wissen und fanden den Mann hinter den phantastischen Design-Studien. CUSTOMBIKE bittet zum Interview.

CB: Erzähl uns ein bisschen was über dich, was müssen wir wissen?
Benoit: Mein Name ist Benoit. Ich bin ein französischer Designer, lebe in Paris und bin der Gründer von »Barbara Custom Motorcycles«.

Meine Werkzeuge sind ein Computer, ein Grafiktablet und Photoshop

Was ist »Barbara« und vor allem, was bedeutet der Name deiner Firma?
Barbara ist ein Konzeptstudio, das Anfang 2016 gegründet wurde. Das Studio sitzt in Paris und befasst sich mit dem Designen von Motorrädern. Als ich mir Gedanken über einen passenden Namen machte, wurde mir schnell klar, dass dieser keinen Bezug zu einer echten Werkstatt haben konnte. Ich kann nicht mit einem Schweiß- oder Lötgerät umgehen, oder irgendwelchen Schraubenschlüsseln. Meine Werkzeuge sind ein Computer, ein Grafiktablet und Photoshop. Außerdem wollte ich keinen Hightech-Namen. Es gibt da eine französische Sängerin, deren Musik ich damals gehört habe. Ihr Name ist Barbara. Und wisst ihr was? Ich mochte den Namen.

Arbeitest du allein oder zusammen mit anderen?
Ich arbeite allein. Doch es stehen neue Projekte an und das Studio wird möglicherweise wachsen.

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Wann hast du angefangen, dir Motorräder mit einem neuen Design vorzustellen?
Die Idee dazu hatte ich schon vor einigen Jahren, doch die Umsetzung kam erst, als ich mit dem Umbau meines eigenen Motorrads anfing. Ich hatte viele Gespräche mit der Werkstatt, die sich um den Umbau kümmerte und mir wurde schnell klar, dass es sich leichter über Ideen reden ließ, wenn man ein Bild zur Hand hatte. Es ist nun mal Tatsache, dass man eine Farbe besser zeigt, als nur darüber zu reden. Es ist ungefähr das Gleiche wie bei einem Haus. Das kauft man auch nicht nur anhand des Bauplans. Doch mit Bildern kann man sich das fertige Haus viel einfacher vorstellen. Ich denke einfach, das ist den meisten Menschen vertrauter. Doch in erster Linie habe ich es damals nur für mich gemacht. Es funktionierte für mich, also warum sollte es nicht auch für andere funktionieren?

»Ich bin keinen technischen Einschränkungen unterworfen«

Wie zeichnest du deine Entwürfe? Mit dem Stift oder dem Computer?
Alles entsteht im Computer. Ich arbeite mit Grafiktablet und Stift direkt in Photoshop. Wenn ich für mich ein Motorrad entwerfe, bin ich in meiner Kreativität völlig frei und keinen technischen Einschränkungen unterworfen. Meistens nehme ich mir dann ein Motorradmodell vor, das ich mag. Es kann aber auch genau umgekehrt sein und ich verwandle das Motorrad in eins, das ich auch fahren würde. Meine Fotobibliothek ist inzwischen richtig groß, fast wie eine echte Garage. Es gibt Ordner nur für Benzintanks, Auspuffanlagen, Sitze usw. Am Anfang war ich beim Designen recht ungeschickt und habe zu oft Teile von anderen Motorrädern verwendet. Heute entwerfe ich alles selbst, das ist viel befriedigender und macht die Motorräder von Barbara persönlicher.

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Welches war das erste Motorrad, das du mit einem neuen Design versehen hast?
Das erste war mein eigenes, aber das Ergebnis war nicht besonders gut.

Woher nimmst du deine Ideen und Inspirationen?
Inspiration hole ich mir aus Filmen, TV-Serien und aus meiner Teenager-Zeit, als ich noch BMX und Skateboard gefahren bin. Außerdem war einer meiner Großväter Pilot und hat die Schallmauer durchbrochen – ich liebe diese Pionierzeit. Doch meistens versuche ich einfach, um einen bestehenden Motor quasi »herumzuarbeiten«. Nur manchmal entschließe ich mich, alles außer Acht zu lassen und entwerfe selbst einen Motor, wie beim Hair-of-the-dog-Bike oder bei »Daryl«. Hinterher werde ich oft nach dem Motor gefragt und ob es so einen tatsächlich auch gibt. Es scheint fast, als ob die Leute ein erfundenes Motorrad mehr schätzen als ein echtes.

Barbara Motorcycles – Realistische Konzeptbikes

Ist es denn möglich, deine Designs auch am realen Motorrad umzusetzen?
Manche sollten sich relativ einfach nachbauen lassen und ich würde sie mal gern in echt sehen. Bei anderen Designs ist das unmöglich.

Berücksichtigst du auch die rein technische Seite eines Motorrads in deinen Entwürfen?
Ich bin in erster Linie Designer, weiß aber auch, wie ein Motorrad funktioniert – und mein technisches Wissen wächst kontinuierlich. Doch ich arbeite viel mit Leuten zusammen, die mit der Technik eines Motorrads bestens vertraut sind. Wenn ich also ein Konzeptbike entwerfe, versuche ich es so realistisch wie möglich zu gestalten und spiele nur ein wenig mit den Regeln. Doch manchmal breche ich sie, ohne groß darüber nachzudenken.

Die meisten von Benoits Entwürfen sind eindeutig Racing-inspired

Viele deiner Entwürfe sind durch Rennsport-Themen inspiriert. Bevorzugst du diesen Stil oder wäre es für dich auch vorstellbar, einen klassischen Chopper oder Bobber zu kreieren?
Ich liebe die Speed- und Racing-Themen. Eine meiner Inspirationen kam durch die Legende Burt Monroe, auch wenn ich mich bisher noch nicht an einer Indian versucht habe. Aber Chopper sind faszinierende Bikes und Easy Rider ist auch so ein Film für mich. Ich werde mit Sicherheit ein oder zwei zeichnen.

Fährst du selbst Motorrad? Und falls ja, was für eins?
Ich bewege einen kleinen Suzuki Cafe Racer. Mein zukünftiges Bike habe ich noch nicht gefunden, das braucht etwas Zeit. Aber ganz sicher wird Barbara das Design entwerfen.

Was sind deine Pläne für die Zukunft? Arbeitest du an speziellen Projekten?
Es gibt zwei interessante Projekte, über die ich nicht sprechen darf. Also bleibt dran …

Info | barbara-motorcycles.tumblr.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.