Ein Traum von Werkstatt in der Hand einer wilden Bande. Ein bisschen neidisch sind wir schon auf die Jungs, denn was hätten wir gegeben, unsere Schrauberkarriere in einer Pretty Rude Garage zu starten.

Der jüngste ist 19 Jahre alt, der Älteste 30 – sie bauen freche, kleine Karren, tragen oldschoolige Jeanskutten und residieren in einer alten Chemiefabrik in Regensburg. Na, wenn das mal keine Story für uns ist. Also machen wir uns auf, die Bande zu besuchen und werden nicht enttäuscht. Max fährt schon länger Moped, nach einem Unfall macht er allerdings ein bisschen Zweirad-Pause. Bis es wieder kribbelt und er sich ein Mokick anschafft. Mit seinem Kumpel macht er die 50er wieder fit, Umbaumaßnahmen inklusive. Und weil zusammen immer besser als allein ist, wollen die zwei Jungs was Richtiges haben, eine Heimat zum schrauben und zum feiern.

Licht am Ende des Tunnels: Der Insolvenzverwalter

Das ist leicht gesagt, aber schwer umzusetzen. Die Mietpreise in Regensburg sind hoch, die Suche dauert lange. Selbst der aufgerufene Preis für eine simple Doppelgarage übersteigt das anvisierte Budget der Jungs. Das Licht am Ende des Tunnels zeigt sich in Form eines Insolvenzverwalters. Der wickelt den Konkurs einer lokalen Chemiefabrik ab, die Gebäude der ehemaligen Firma stehen zur Vermietung bereit. Über Kontakte kommen die Jungs an das Angebot und tackten den Deal ein.

Die ehemalige Chemiefabrik erweist sich als Glückstreffer. Die Miete ist finanziell machbar, das Gebäude bietet ordentlich Platz für Zweirad-Spinnereien

Mittlerweile zu viert mieten sie die Gemäuer zum fairen Kurs, ein Glückstreffer und größer als manche Profiwerkstatt. Auch ein fünfter Mann stößt noch dazu, »Pretty Rude« ist geboren. »Der Name hat sich so ergeben«, erzählt Max, »es war eine Art geflügeltes Wort zwischen uns.« Eigentlich bedeutet Pretty Rude in der Übersetzung nix anderes als »ziemlich unhöflich«, was die Jungs aber so gar nicht sind.

Pretty Rude Garage – Vornehmlich räudige Flitzer

Überwiegend werden bei der losen Schraubergemeinschaft Bikes mit kleinen Motoren – 50er, 125er und 250er – auf japanischer Basis gebaut. Die Gründe dafür sind schnell erzählt. »Zum einen haben nur zwei von uns den großen Führerschein«, erzählt Max, »Und außerdem haben wir mit den kleinen Karren viel mehr Möglichkeiten, auch was die Zulassung angeht. Da kannste halt auch mal auf Blinker verzichten und so.« Vornehmlich entstanden so bisher vor allem räudige Flitzer mit Scrambler- und Cafe-Racer-Anleihen, »aber wir arbeiten derzeit an einem Chopperprojekt«, erzählen die Jungs uns. Auch für Freunde schrauben sie gelegentlich, so entstand zum Beispiel eine Yamaha, die wir auch schon im Heft hatten.

Von rechts nach links: Christoph, Wastl, Leo, Max und Oli sind die Typen, die sich hinter »Pretty Rude« verbergen und gemeinsam ihr Ding machen

Die Zusammenarbeit zwischen den jungen Wilden funktioniert bei allen Projekten erstaunlich gut, nur ein paar Regeln sind nötig. Oft benötigte Basics der Werkstatt kauft mal der, mal der, keiner schließt sich dabei aus. Größere Anschaffungen werden im Vorfeld gemeinsam besprochen und dann zusammen gekauft. Neuer Stolz der Pretty Rudes ist so zum Bespiel die eigene Sandstrahlkabine. Und natürlich wird neben der gemeinsamen Schrauberei auch zusammen gefahren und gefeiert, »das gehört einfach dazu«, sagt Max. Als wir die Jungs zum Abschluss unseres Fotoshootings über die Hinterhöfe jagen, sieht man ihnen den Spaß an der Sache förmlich an. Und wir werden ein bisschen nostalgisch, denn so haben wir doch alle mal angefangen.

Einfach nur aus Spaß an Bikes und Freundschaft …

Über Besuch freuen sie sich in der alten Chemiefabrik übrigens immer, Gäste sind gern gesehen. Und vielleicht wird ja so aus fünf Nachwuchsschraubern irgendwann etwas noch ein bisschen Größeres. Ohne Druck, ohne Zwang, einfach nur aus Spaß an Bikes und Freundschaft. Schön, dass der frische Szenewind wieder beständiger zu wehen scheint.

Info | Pretty Rude Motorcycles auf facebook

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.