Ein Ritt quer durch Gallien führte ein paar Kumpels aus der Bretagne mitten in die Seealpen. Ohne jegliche Planung wurde der Roadtrip durch Frankreich recht chaotisch …

Einen »Run« abzuhalten ist zum Modephänomen geworden. Klare Sache: Wer mit seinen Kumpels in die Wälder reitet oder einen Ausflug zum nächsten Treffen macht, der fährt auf einen Run. Auch ein paar Freunde aus der französischen Bretagne fahren viel zusammen zu Bikeshows und Rallys und organisieren einmal im Jahr selbst eine öffentliche Veranstaltung. Aber »Run« wollen sie keine dieser Aktionen nennen. 

Roadtrip Frankreich – Von Nordwest nach Südost

An einem dieser bierseligen Abende verabredeten sich ein paar der Jungs zu einem 2000-Kilometer-Trip an den Verdon. Vier Tage lang wollten sie in die Region Provence-Alpes-Côte d’Azur fahren, zur »Fete BTR« nach Embrun. Kurz mit den »Hautes Alpes« flirten und dann im Zombie-Modus zurückkehren in den französischen Nordwesten. Mit dabei waren Serge, Romain, Jacky der Wichser, Raoul-Man und noch ein paar mehr. Niemand hatte irgendetwas organisiert, es sollte einfach total lässig werden, die totale Freiheit. Nur eben kein »Run«. 

Um wenigstens zwei Stunden schlafen zu können, bastelten sich die Jungs ein provisorisches Zeltlager

Und es wurde lässig, manchmal vielleicht sogar zu lässig. Ein wenig ärgerten sich die Jungs dann schon, als Serge bereits am ersten Vormittag an seiner Panhead schrauben musste. Mühsam ertasteten sie sich den Weg über kleinste Landstraßen, quer durch das Département Sarthe, vorbei an der Loire. Ständig musste angehalten werden, zum Rauchen, Fotografieren, Pinkeln, Navigieren, Schrauben oder auch schon mal völlig ohne Grund.

Geschwindigkeit und Beschleunigung spielten keine Rolle

Schnell wurde klar, dass man das totale Chaos ertragen können musste, um diese Tour zu genießen. Hatte man das verinnerlicht, war der Trip eine einzige Freude. Die Landschaft schien nur für die Bretonen und ihre Bikes komponiert zu sein. Geschwindigkeit und harte Beschleunigung spielten beim Fahren keine Rolle. Am Ende war die härteste fahrerische Leistung des Tages, zig Mal im Schritttempo an der Kamera vorbeizurollen. 

Der Ritt über kleinste Nebenstraßen am Alpenrand ließ dennoch keine Müdigkeit aufkommen

Die erste Nacht verbrachten die Franzosen in einer Bar mit Namen »Le Pêcheurs« am Rande eines Weihers, keine Ahnung wo. An Schlaf war kaum zu denken, und erst beim Bad im See am nächsten Morgen kam wieder Farbe in die hageren Gesichter. Das Roadmovie konnte weitergehen. Die zerknautschten Biker durchquerten bezaubernde Landstriche, die Berge wurden zunehmend höher, die Kurven enger. So erreichten sie gegen Nachmittag das Département Hautes-Alpes nahe der Mont-Blanc-Gruppe.

Roadtrip Frankreich – Chaos-Ritt über 1000 Kilometer

Auf dem Treffengelände in Embrun unmittelbar an der italienischen Grenze parkten bereits einige Chopper, Bobber, Britbikes, Japbikes und Offroader, darunter viele alte Harleys. Der chaotische Ritt über rund 1000 Kilometer hatte sich spätestens jetzt gelohnt. Bereits nach wenigen Flaschen Bier waren die Strapazen und die Gedanken, morgen übermüdet und zermartert den Rückweg antreten zu müssen, vergessen. Nur eines sollte die Bretonen ein wenig betrüben: Irgendwie war doch im Ortsnamen Embrun das Wort »Run« versteckt. Oder was?

 

Eric Parrey