In einer Zeit, in der sich die Gesellschaft zunehmend in digitalen Räumen bewegt, präsentierte sich der Gewerbehof, in dem sich die Garage von Walla befand, in einem fast melancholisch anmutenden Zustand des Analogen. Oder einfach gesagt: Hier hatte Gewicht, was von Kopf, Herz und vor allem von Hand gefertigt wurde. Und auch wenn Walla mittlerweile ausgezogen ist, wollen wir euch diese Perle unserer Serie nicht vorenthalten. Also, show me your Garage …

Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt, ist es …!«, legendär, die Textzeile aus Herbert Grönemeyers Song »Bochum«, mit dem er in den 90er Jahren den Wesenszügen seiner Heimat ein Denkmal setzt. Kohle und Stahl, das sind die Motoren, die das Leben im Ruhrgebiet über viele Jahrzehnte in Bewegung halten und die Menschen prägen. Ein besonderer Lebensraum, den seine Bewohner nicht ohne Stolz als den Pott bezeichnen und der jenseits seiner Grenzen auch heute noch gern auf die schmutzig, graue Lebenskulisse einfacher Malocher reduziert wird.

Eine Gemeinschaftsstruktur, wie man sie nur im Pott antrifft

Nun gehören Kohle und Stahl in weiten Bereichen längst der Vergangenheit an. Geblieben ist eine Gemeinschaftsstruktur, wie man sie in dieser Form wohl nur im Pott antrifft. Über Jahrzehnte gewachsen, erzeugt sie eines der ursprünglichen Lebensgefühle, das einen ganz besonderen Schlag Mensch hervorbringt. Den Zusammenhalt der Malocher und die Bereitschaft, sich mit seiner Arbeitskraft auf unkomplizierte Weise an den Stellen einzubringen, an denen sie gerade benötigt wird.

Gilt auch auf Wallas Hinterhof: Es herrschte eine Gemeinschaftsstruktur, wie man sie in dieser Form wohl nur im Pott antrifft

Es heißt, dass die Menschen des Ruhrgebiets dabei eine ganz besondere Form der direkten Ansage entwickelt haben. Man sagt, was man denkt, und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund – und dass das Handeln in einem direkten Zusammenhang zum Gesagten steht, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Das wirkt mitunter schroff und ungehobelt, gehört im Pott jedoch zum normalen Umgangston.

Show me your Garage – Walla ist ein echtes Kind des Potts

Wenn es nun um Dennis »Walla« Walter geht, der seine Wurzeln in Bochum hat und seiner Stadt im Gegensatz zu Grönemeyer die Treue hält, dann wird schnell deutlich, dass es sich bei ihm um ein echtes Kind des Potts handelt. Walla geht offen auf die Menschen zu, und wenn er etwas zu seinem Ding erklärt, dann macht er das ohne große Umwege, klar und direkt.

Mit dem gleichen Eifer und Herzblut macht Walla, der gelernte Zimmermann, mittlerweile Wohn- und Gartenträume aus Holz wahr

Ursprünglich aus dem Karosseriebau kommend, über einen Abstecher ins Zimmermannshandwerk, hat das Interesse an coolen Bikes im Stil der alten Schule einen festen Platz in seinem Leben eingenommen. Walla gehört zu den Menschen, die es in den Bereichen, mit denen sie sich beschäftigen, tatsächlich wissen wollen. Und wenn es um den Aufbau eines handwerklich gut gemachten Bikes geht, dann will er einiges wissen. Es genügt ihm nicht, die Funktionsweise alter Technik im Internet zu googeln.

Erfahrungen sammeln und Rückschläge verarbeiten

Wenn er wissen will, wie ein Motor funktioniert, dann macht er ihn auf, schaut nach und nutzt dabei jede sich ihm bietende Möglichkeit, sich auf seinem Weg weiterzuentwickeln. Wenn es in der Vergangenheit darum ging, Erfahrungen zu sammeln und auch Rückschläge zu verarbeiten, dann ließ sich auf dem Gewerbehof, auf dem er sich vor gut zehn Jahren einen Platz zur Umsetzung seiner Ideen suchte, einiges finden.

Harley und Triumph sind die Motorradmarken, die Walla bevorzugt. Good choice! Aber natürlich gehen auch alte Japaner – Hauptsache Vergaser und keine elektronischer Overkill …

Dicht an dicht stehen hier kleine Hallen, Werkstätten und Freiräume, in denen an allen möglichen Projekten geschraubt, gedengelt, gesägt, geschweißt, geflext und lackiert wird. Genialität und Idiotie liegen auf solchen Höfen oft dicht beieinander und bilden ein kreative Melange, die einen jungen Mann mit offenen Armen empfängt, wenn er das nötige Interesse am Handwerk und die Bereitschaft des Zupackens mitbringt.

Show me your Garage – Sinn und Unsinn als gern gesehener Gast

Beschreibt Walla die auf dem Gelände herrschende Gemeinschaft, beginnen seine Augen zu leuchten. Hier scheint die Herausforderung an Sinn und Unsinn ein gern gesehener Gast und es gibt kaum etwas, an dem man sich nicht versuchen könnte, um an seinen Erfolgen zu wachsen und aus seinen Irrtümern zu lernen. Dass er sich dabei im Laufe der Jahre zunehmend den alten Handwerkstechniken und der Arbeit an altem Gerät verschrieben hat, wird mit dem ersten Schritt in seine Garage unmissverständlich deutlich.

Cool sollten die Bikes immer aussehen, aber später legte Walla ebensoviel Wert auf durchdachte, sauber funktionierende Technik

Auf vier Arbeitsplätzen stehen vier Projekte in unterschiedlichen Aufbaustufen. Drei Harleys, eine Honda – dazu seine Triumph, deren Motorbearbeitung Walla als eine persönliche Herausforderung betrachtet. Die Motorräder machen deutlich, dass er sich allen Marken und Stilrichtungen öffnet, wenn es sich um alte Fahrzeuge handelt. Mit computergesteuerter Technik und einem damit einhergehenden Übergewicht an Elektronik weiß Walla dagegen wenig bis überhaupt nichts anzufangen.

Perfektes Zusammenspiel fein abgestimmter Mechanik

Er bevorzugt das perfekte Zusammenspiel fein abgestimmter Mechanik. Eine Leidenschaft, die sich über das Jahrzehnt hinweg entwickelte, das er nun schon in seiner Garage werkelt. Mit Blick auf die Entwicklung, die er in diesem Zeitraum durchschritten hat, erzählt er, dass er in seiner Arbeit zu Beginn ein großen Teil seiner Aufmerksamkeit auf die coolen, äußeren Aspekte eines Bikes richtete und die Fahrbarkeit und Zuverlässigkeit gern schon mal in den Hintergrund stellte. Das änderte sich jedoch, als der Antrieb seiner ersten Triumph den Geist aufgab und eine komplette Motorrevision anstand.

Walla und sein bester Freund René, die zusammen viele Jahre die Schraubenschlüßel kreuzten

Er begab sich auf die Suche nach einem Motorspezialisten und fand in Rainer Traupel nicht nur den richtigen Mann für seinen Motor, sondern auch gleichzeitig einen Mentor für sein Bedürfnis, sein Wissen im Bereich des Motorbaus zu erweitern. Hinter der unspektakulären Firmenbezeichnung »Motortechnik Traupel« verbirg sich der Fachbetrieb eines Begeisterten, der sich die Entwicklung, Konstruktion und Anfertigung von mechanischen Bauteilen und Baugruppen, die Herstellung von nicht mehr erhältlichen Motor und Getriebeteilen auf die Fahne geschrieben hat und sich darüber hinaus auch mit der Verfeinerung von Fahrwerkstechnik beschäftigt. Ein Angebot, das einiges an Wissenspotenzial verspricht und in Walla einen wissbegierigen, dankbaren Abnehmer findet.   

Show me your Garage – Pendeln zwischen Hamburg und Bochum

Aus der gemeinsamen Arbeit am Triumph-Motor entwickelte sich auf Wallas Seite schnell der Wunsch, sich intensiver mit den einzelnen Aspekten des Motorbaus zu beschäftigen, und die Bereitschaft auf Rainers Seite, Walla mit all den Facetten des Themas vertraut zu machen. Nun hat Rainers Firma ihren Sitz im Hamburger Raum und im Falle eines einzelnen Motors ist das mit dem Pendeln kein Problem. Dass sich eine lang anhaltende Zusammenarbeit auf diesem Weg jedoch kaum realisieren ließe war beiden klar. Am Ende suchte sich Walla im Norden eine kleine Blockhütte und pendelte in einem Modus von vierzehn Tagen zwischen Hamburg und Bochum hin und her.

Oldschool mit Eigensinn – Walla und René haben sich voll und ganz den alten Kisten verschrieben

Dass sich mit der nun sehr spezialisierten Arbeit an den Motoren auch einiges an der Einstellung gegenüber der Fahrbarkeit und der Zuverlässigkeit eines Bikes zu verändern beginnt, zeigt sich an dem Anspruch, den er heute an seine Arbeit stellt. Cool sollen seine Bikes nach wie vor aussehen. Doch das zunehmende Wissen um die Bedeutung eines perfekt abgestimmten Zusammenspiels einzelner Motorkomponenten, das sich ja bekanntlich auch bei alten Motoren bei der entsprechenden Passung in Mikrometerbereichen bewegt, sorgte auch für einen deutlichen Wandel an der Werkzeugwand und im Maschinenpark.

Optik und Funktion müssen perfekt sein

Nun stehen Walla für die Umsetzung seiner Vorstellungen neben der schon obligatorischen Industriestandbohrmaschine und dem Schweißgerät eine professionelle Drehbank sowie eine Fräse zur Verfügung, mit deren Hilfe er, von der reinen Teilefertigung abgesehen, nicht nur Motorteile entsprechend seiner Vorstellungen bearbeiten kann, sondern die ihm auch im Bereich der Fertigung spezieller Werkzeuge individuelle Lösungsansätze bieten.

Aus der gemeinsamen Arbeit am Triumph-Motor entwickelte sich auf Wallas Seite schnell der Wunsch, sich intensiver mit den einzelnen Aspekten des Motorbaus zu beschäftigen

Wenn in Wallas Garage ein Teil ans Bike geschraubt wird, dann sollte es nicht nur in der Optik, sondern auch in der Funktion perfekt sein. Unter diesem Anspruch landet das ein oder andere Teil dann auch schon mal in der Tonne. Mit Blick auf seine sich beständig entwickelnden Fähigkeiten, ist es für ihn inzwischen eine Selbstverständlichkeit, ein Teil auch ein zweites oder drittes Mal zu bauen, wenn es seinen Ansprüchen nicht genügt und er das Gefühl hat, dass es auch noch besser gehen könnte. Tja, und gerade als Walla im Begriff war, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, sattelte er um und wechselte von Motorrad und Metall auf Holz und Garten. Mit dem gleichen Eifer und Herzblut macht der gelernte Zimmermann mittlerweile Wohn- und Gartenträume wahr (könnt ihr euch gerne mal auf seiner Homepage anschauen). Das Leben kennt nicht nur einen Weg …

 

Gasolin Alley Garage