Es soll ja Kids geben, denen ihre Eltern unheimlich peinlich sind. Benno hat Glück, seine Jungs finden ihren Ollen eigentlich ganz cool – auch wegen der Sache mit den Mopeds und der Garage.

Früher, da war Bennos Garage ein Treffpunkt für ihn und seine Kumpel, mit den Jahren hat sich das geändert. »Die haben Familien gegründet, Kinder bekommen, die Interessen haben sich verschoben, das ist halt so.« Auch Benno hat eine Familie, Frau, zwei Söhne, Hund, so weit, so spießig.

Zufluchtsort, wenn sich die Welt mal wieder zu schnell dreht

Aber im Gegensatz zu den früheren Freunden hat er es geschafft, sich seine Spleens zu bewahren und seine Jungs mittenrein in seinen Garagenkosmos zu ziehen. »In meinem Kopf bin ich zwanzig Jahre alt, aber trotzdem total oldschool«, sagt er. Handys und Internet findet er eher doof als gut, seine Garage wird zum Zufluchtsort, wenn sich die Welt draußen mal wieder zu schnell dreht.

Mit Minimalwerkzeug und kleinen Budgets wird gearbeitet, große Maschinen Fehlanzeige. Genug angesammelt hat sich über die Jahre trotzdem

Seine Jungs sind oft dabei, geben Tipps, schrauben mit, halten irgendwie auch jung. Der Vater als Kumpel, der denselben Knall hat, eine gute Vorstellung von Familienleben. Nils, der Ältere, ist kurz nach unserem Fotoshooting in die USA aufgebrochen, ein Jahr wird er drüben bleiben. Mika, der Jüngere, wird so lange die Stellung halten.

»Die Haare müssten noch etwas länger sein, dann passt es«

»Er ist mehr die Handygeneration, aber das bekommen wir auch noch in den Griff. Und seine Haare müssten noch etwas länger sein, dann passt es«, grinst der Vater, der regelmäßig Erpressungsversuche bezüglich Mikas Haarlänge startet, alte Schule eben.

Die jungen Wilden schrauben mit, geben gerne ihre eigenen Senf dazu

Immer hat er Mopeds geschraubt, Autos auch und ist aktiv Motocross gefahren. Als er erzählt, dass seine Jungs sich auf der Wiese neben der Halle einen kleinen Downhill-Kurs gebaut haben, auf dem sie rumräubern, ist ein bisschen Stolz nicht zu überhören. Überhaupt, Bennos Halle, unverhältnismäßig viel Platz für normale Verhältnisse.

Ein Sammelsurium an Mopeds, Teilen und Devotionalien

»Meine Eltern hatten eine Firma, da gehörten Grundstück und Hallen dazu. Ein Teil ist heute vermietet. In dem anderen haben wir uns eingerichtet.« Gut eingerichtet, wenn man sich umschaut. Das Sammelsurium an Mopeds, Teilen und Devotionalien wurde über Jahre zusammengetragen.

Alle Arten von Fahrzeugen lagern hier, neben Mopeds finden auch Fahrräder und Rasenmäher einen angemessenen Platz

Auf einen großen Maschinenpark verzichtet Benno dagegen. So besitzt er nicht wie andere eine Drehbank oder dergleichen, die Bikes werden hier mit Minimalwerkzeug traditionell umgebaut. Auf High-Performance-Motorräder verzichtet er, wie er sagt.

Meist landen japanische Bikes in der Garage

So landen aktuell meist japanische Bikes in der Werkstatt, die Benno in schrottigem Zustand kauft und völlig fahrbar wieder aufbaut – aktuell gern im Cafe-Racer-Look, der Hype der letzten Jahre ist auch an ihm nicht spurlos vorbeigegangen. Obwohl es auch die Harley-Zeit gab, der V2 wurde allerdings zugunsten eines dreimonatigen Kanada-Trips verkauft, den er sich unbedingt gönnen wollte.

Bevorzugt entstehen hier Scrambler und Cafe Racer, die der Vater zum Schrottpreis ein- und niemals verkauft

Heute baut er seine Bikes ausschließlich für sich selbst und für seine Kinder. Verkauft wird keines von ihnen, ein Vorteil, wenn genügend Platz vorhanden ist. Und wenn Leute ihn ansprechen, das Ganze doch professioneller aufzuziehen, winkt er sowieso ab. »Ich möchte das alles nicht tun, weil ich es tun muss, sondern weil ich es will.«

Aktuell schrauben »nur« seine Kids mit in der Garage

Und auch wenn aktuell »nur« seine Kids mit in der Garage schrauben und abhängen, so ist es doch nicht ruhiger geworden. Wo früher die eigenen Kumpel da waren, sind es heute die Freunde von Bennos Jungs, die stetige Gäste sind. »Die sind aus demselben Holz geschnitzt wie meine, haben Bock an der Sache, das ist schon gut.«

Alle Motorräder werden fahrbereit gebaut, nur für Benno und seine Kinder, zu professionell soll es gar nicht werden

So hat er auch nichts dagegen, wenn sich die jungen Wilden über den kommenden Winter eine Halfpipe bauen wollen, skaten gehört halt nun auch irgendwie dazu – und die BMX-Räder sind ja auch noch da. Langweilig wird es im Familienleben jedenfalls kaum werden, und der Grundstein für eine nächste Motorradgeneration wurde hier vorbildlich gelegt. Nachmachen befohlen, ihr Väter da draußen.

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.