Zum Verständnis vorangestellt: Mit der Entziehung oder dem Verzicht auf die Fahrerlaubnis erlischt auch der Führerschein. Teilweise mit weitreichenden Konsequenzen …
Die im Führerschein eingetragenen Berechtigungen zum Führen bestimmter Fahrzeugklassen sind ausschließlich an die Bedingungen geknüpft, zu denen die Fahrerlaubnis erteilt wurde. Kommt es zum Verlust der Fahrerlaubnis, gelten die gesetzlichen Regelungen zum Zeitpunkt der Neuerteilung. Denn eine Fahrerlaubnis bekommt man nicht einfach wieder wie eine in Gewahrsam gegebene Sache. Sie wird neu erteilt und mit ihrer Neuerteilung ein neuer Führerschein erstellt oder wie früher, im alten das Neuerteilungsdatum vermerkt.
Wie alle Gesetze unterliegen die Fahrerlaubnisverordnung und die damit verbundenen Regelungen einem steten Wandel. Über die Dauer des Entzuges bzw. des Verzichts können Änderungen zum Tragen kommen, die vor allem strafrechtlich relevant werden können.
Ein Beispiel: Entziehung der Fahrerlaubnis
Nach Ersterteilung der Fahrerlaubnis Klasse 3 im Jahr 1976, mit den darin, nach heutiger Bezeichnung, enthaltenen Klassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, L, kam es zu einer Entziehung im Jahr 1988, in dem die Fahrerlaubnis auch neu erteilt wurde. Auf dem nun neu ausgehändigten Dokument, der Fahrerlaubnis (ggf. auch direkt dem alten) sind immer noch die Klassen A, A1, AM, B, BE, C1, C1E, L aufgeführt. Bezogen auf die Fragen der Motorradfahrer sind die Klassen A und A1 jedoch auf nur dreirädrige Fahrzeuge der Klasse A1 und nur Fahrzeugkombinationen aus dreirädrigen Fahrzeugen und Anhängern mit einer zulässigen Gesamtmasse bis maximal 750 kg beschränkt wurden. Somit durfte das einspurige Krad mit 125 ccm nicht mehr gefahren werden.
Änderungen und Bedingungen zur Erteilung einer Fahrerlaubnis
Der Fall zeigt, wie unerlässlich es ist, sich mit den Veränderungen und Bedingungen der Erteilung einer Fahrerlaubnis zu beschäftigen. Die im Beispiel genannten Einschränkungen wurden mit dem 01.04.1980 vom Gesetzgeber fixiert. Die Entziehung der Fahrerlaubnis 1988 führte zu deren Erlöschen. Die Neuerteilung im selben Jahr erfolgte somit nach den Bedingungen, die seit dem 01.04.1980 galten. Hat man also die Fahrerlaubnis neu beantragt, erfolgte die Erteilung der Klassen A und A1 nur noch mit den dann geltenden Einschränkungen.
Die Bedingungen der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis sind in § 20 FeV geregelt. Ob diese ohne neue Prüfung erfolgen kann, liegt im Ermessen der Behörde. Liegen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Bewerber die Kenntnisse oder Fähigkeiten zum Fahren eines KFZ zum Zeitpunkt der Neuerteilung nicht mehr besitzt bzw. sich diese neu aneignen muss, wird sie eine Prüfung, gegebenenfalls auch lediglich eine Fahrprobe anordnen. Eine starre Zwei-Jahres-Frist existiert nicht mehr.
Mit Änderung zum 31.12.2019 ergeben sich besonders im Bereich der Leichtkraftradfahrer bis 125 ccm neue Regelungen, die sich wiederum auf die Bedingungen der Neuerteilung, nach Entziehung oder Verzicht, auswirken können.
Bedingung: Mindestens fünf Jahre den Führerscheind der Klasse B besitzen
Bei Führerscheinen der Klasse B, ab dem 31.12.2019, wird die Klasse A1, wie bereits bis zum 31.03.1980 möglich, wieder freigegeben. Jedoch jetzt mit der Beschränkung auf max. 125 ccm, 11 kW Leistung und einer Nennleistung von maximal 0,1 kW/kg Fahrzeuggewicht. Die Antragstellung hat zur Bedingung, dass man mindestens fünf Jahre den Führerschein der Klasse B besitzt, mindestens 25 Jahre alt ist und 13,5 Stunden Theorie- und Praxisunterricht in der Fahrschule von einem Fahrlehrer zertifiziert bekommen hat. Mit der Eintragung der Schlüsselnummer 196 innerhalb eines Jahres auf dem Führerschein, ist somit ein Fahren der Klasse-A1- Krads ohne Prüfung möglich.
Wichtig ist zu erwähnen, dass es sich dabei nicht um eine Fahrerlaubnis der Klasse A1 handelt, die eine Erweiterung auf die Klassen A2 und A möglich machen würde. Auch ist die Erweiterung der Fahrerlaubnis Klasse B nur eine nationale Lösung. Das Fahren solcher Bikes im Ausland würde dem Fahren ohne Fahrerlaubnis gleichgestellt.
Auf Grund der komplexen Abläufe und Änderungen des Gesetzgebers ist eine rechtliche Beratung und Unterstützung im Zweifel dringend empfohlen.
Romy Kreisel
Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.