Ein Motorrad-Auspuff aus dem Zubehör verändert in der Regel schnell das Aussehen eines Bikes. Wer aber etwas Extravagantes und Individuelles haben möchte, sollte sich das Abgasrohr schon von einem Fachmann anfertigen lassen.
Das mit dem Auspuff ist ein leidiges Thema, dem sich kaum ein Bikebesitzer entziehen kann. Da hat man sein Wunschmotorrad unterm Hintern, freut sich wie ein Kind an Weihnachten und dann fällt der Blick auf ein Geschwür, das sich Auspuff nennt. Oftmals völlig unproportioniert versaut es die sonst so gelungene Optik komplett und erstickt jedes ästhetische Gefühl für Formen und Linien im Keim.
Der Motorrad-Auspuff als optischer Supergau
Nicht selten stehen wir dann fassungslos vor dem Objekt unserer Begierde und fragen uns verzweifelt, welches Gras die Designer bei den Motorradherstellern wohl geraucht haben mögen, um den Käufern so etwas anzubieten. Die genauen Gründe für manch optischen Supergau werden wir wohl nie erfahren, doch zur Entlastung der Hersteller sei gesagt, dass sie im Zuge des Reglementierungswahns Faktoren berücksichtigen müssen, die sich einem auf den ersten Blick nicht erschließen.
Neben der Einhaltung der sich ständig verschärfenden Geräusch- und Abgasvorschriften müssen die Hersteller natürlich auch das Strömungsverhalten innerhalb einer Auspuffanlage berücksichtigen, um eine möglichst optimale Leistungsabgabe zu gewährleisten. Kurz gesagt: Sie haben es auch nicht leicht.
Wunschrohr nach eigenem Geschmack
Doch dafür bietet sich jedem Bikebesitzer die Möglichkeit, entweder eine Abgasanlage von einem Drittanbieter zu kaufen, die in Sachen Sound und Optik das Serienteil übertrifft, oder aber gleich zum Metallkünstler seines Vertrauens zu gehen und sich sein Wunschrohr nach eigenem Geschmack gestalten zu lassen.
Für die »Blechfee« Jochen Lehmann ist das fast schon so etwas wie tägliches Brot. Auch der Besitzer der Low Rider S wollte sich mit dem Serienteil von Harley-Davidson nicht zufriedengeben, zumal die Dyna sowieso schon nach seinen Vorstellungen umgebaut und auf sportlich getrimmt wurde und als I-Tüpfelchen jetzt eine Underseat-2-in-1-Auspuffanlage für den finalen Look sorgen sollte.
Ein Puzzle aus Rohren, Bogen und Verbindungsstücken
Für Jochen kein Hexenwerk, sondern mehr ein Puzzle aus Rohren, Bogen und Verbindungsstücken, die nun am Bike angepasst und zu einer neuen Auspuffanlage zusammengesetzt werden müssen. Die Richtung wird dabei von zwei Punkten vorgegeben, dem Motor, dessen Positionierung fix ist, und dem Endtopf, der dort sitzt, wo es sich der Kunde eben wünscht.
Der Rest ist quasi Routine unter Berücksichtigung der Gegebenheit des Bikes. Einfluss auf die Rohrführung nehmen dabei Haltepunkte, Rahmen und so essentielle Bauteile wie die Fußrastenanlage, die mitunter die ganze Sache kompliziert werden lassen kann. In diesem Fall allerdings steht das Teil nicht im Weg und Jochen beginnt den Zusammenbau um vorderen Zylinder, um sich dann Stück für Stück seinen Weg nach hinten zum Auspufftopf zu bahnen.
Der Weg zum maßgeschneiderten Motorrad-Auspuff
Also startet alles mit einem Flansch und einem Winkel, die am Zylinder montiert und miteinander verbunden werden. Dann wird Maß für das erste Stück Rohr genommen. Aus einem Rohling schneidet Jochen das entprechende Stück ab. Um eine gerade Schnittkante zu bekommen, bedient er sich einer Rohrschelle und eines kleinen, geraden Stücks Blech, das er ums Rohr legt, bevor er anzeichnet.
Wichtiger Helfer, wie immer, wenn es um Metall geht, ist der Trennschleifer. Ein kurzer Funkenregen und das Rohr ergibt sich der Gewalt der Schleifscheibe. Anschließend wird das Teil entgratet und ans Motorrad gehalten. Passt die Länge, heftet Jochen mit dem Schweißgerät beide Teile zusammen.
Stück für Stück wachsen Rohre und Verbindungsstücke zusammen
Auf der Werkbank zieht er abschließend eine lückenlos saubere Naht. Ein wichtiger Arbeitsschritt, um beim späteren Abschleifen eine glatte Oberfläche zu erhalten, denn der Auspuff soll gepulvert werden. Und so arbeitet sich Jochen langsam vor, geduldig und routiniert. Hektik ist hier fehl am Platz und würde nur zu einem unsauberen Ergebnis führen. Stück für Stück wachsen im Laufe der nächsten Stunden Rohre und Verbindungsstücke zusammen.
Nachdem die Rohrführung am hinteren Zylinder abgeschlossen ist, holt Jochen eine Besonderheit hervor: ein Flexrohr. Normalerweise werden solche Teile bei den vierrädrigen Kollegen verbaut. Sie geben eine gewisse Flexibilität, wenn der Motor unter Zug kippt. Bei der Low Rider S ist das ähnlich. Der Motor ist, bedingt durch die fehlenden Ausgleichswellen, schwingend im Rahmen befestigt, um die Vibrationen zu dämpfen.
Über dem Flexrohr wird die Rohrführung knifflig
Da der Auspuff aber starr mit dem Motor verbunden ist und konstruktionsbedingt gummigelagerte Halterungen nun fehlen, käme es zu Spannungen im Material, was letztlich zu Rissen im Auspuff führen würde. Oberhalb vom Flexrohr wird es noch einmal ein bisschen knifflig. Die Lage des Auspufftopfs erfordert eine geschwungene Rohrführung, doch ein paar Bogen später ist auch das geschafft.
Der Underseat-Auspuff an der Low Rider S ist Wirklichkeit geworden, ganz so, wie es sich der Kunde gewünscht hat. Und legal ist die Anlage auch, da der Endtopf über eine Prüfnummer verfügt und auch die Lambdasonden abschließend wieder verbaut werden. Von der Stange kaufen kann man so ein Teil nicht – und das hat seinen Preis. Neben dem Material laufen etliche Arbeitsstunden auf. Ob ein individueller Motorrad-Auspuff einem das Wert ist, kann glücklicherweise jeder selbst entscheiden …
Info | blechfee.de
Gut das es diese Menschen mit goldenen Händen noch gibt.
Ich würde an meiner Zontes GK 125 auch gern etwas in dieser Richtung ändern…Es gibt zwar von der Stange einen Doppelendtopf, sieht aber einfach Kacke aus. Ich hätte gern auf jeder Seite ein Rohr und suche deshalb einen Fachmann, welcher mir das Teil baut. Zwei sauber Endtöpfe habe ich bereits…fehlt nur noch das Rohr….
Du kannst dich dazu an einen Fachbetrieb wie den oben verlinkten wenden. Bitte aber beachten: Auspuffanlagen müssen in die Papiere eingetragen werden müssen. Das bitte auch beim Besuch der Fachwerkstatt immer berücksichtigen und abklären.