Echte Männer brauchen große Motorräder? Custombikes funktionieren nur auf Basis von V2s? In Neuseeland gibt es nur Schafe und Kiwis? Alles falsch – unterwegs mit der coolsten Gang der Insel, den Quake City Rumblers.

2010 traf ein großes Erdbeben die Südinsel Neuseelands. Chris Morresey entschied, ein kleines nachzuschieben. Der Motorradverrückte hatte gerade eine 50-Kubik-Honda gekauft und, inspiriert von zahlreichen Bildern im Netz, begonnen, die kleine Mühle komplett zu strippen und zu choppen. Das fanden seine Kumpel Andy, Luke und Brendan so cool, dass sie sich ebenfalls kleine japanische Karren zulegten und wild umbauten.

Die Quake City Rumblers kommen aus Christchurch

Und das wiederum zog so weite Kreise, dass Chris die »Quake City Rumblers« gründete. Quake City bezeichnet die Stadt, aus der die Jungs kommen und in der das Erdbeben Spuren hinterlassen hatte: Christchurch auf der südlichen der zwei neuseeländischen Inseln. Nach dem großen Beben war es schwierig für die Jungs, mit ihren umgebauten Autos durch die von Kratern und Überflutungen zerstörten Straßen zu cruisen. Da kamen die kleinen Mopeds gerade recht, sie konnten jeden Haken um die Schlaglöcher schlagen.

»Nach dem großen Beben war die Stadt wie ausgestorben. Es gab keine Ampeln, jede Menge Platz und menschenleere Straßen. Dort fuhren wir wie die Verrückten an jedem Donnerstag – monatelang, bis die Stadt langsam wieder bevölkert wurde«

Je mehr die Jungs auf ihren extrem durchgeknallten Winzlingen durch die Straßen der Stadt heizten, desto mehr Verrückte wollten sich ihnen anschließen. »Es war tatsächlich irgendwie ein zweites Erdbeben«, erzählt Chris. Heute fahren sage und schreibe 22 Leute unter der Flagge der QCR – darunter auch ein Mädel. Für Chris’ Frau Erin wurde gerade eine Honda C90 angeschafft. Die Gang trägt Jeanskutten, Erin näht den Jungs immer die Patches drauf.

Ein kleines umgebautes Bike ist Pflicht

Berufstechnisch ist in der wilden Truppe alles vertreten: Mechaniker, Ingenieure, Klempner, Dachdecker, Büroangestellte, Unternehmer – Hauptsache gut drauf und bereit, immer ein bisschen am äußeren Rand der Legalität zu kratzen. Wie man zum Mitglied der Crew wird, ist schnell erzählt. Ein kleines Bike ist Pflicht, umgebaut muss es auch sein. »In der Regel fahren entsprechende Anwärter ein paar Touren mit uns, dann entscheiden wir, ob es passt. »Aber ihr könnt davon ausgehen, dass es meistens Clubmitglieder sind, die ihre Freunde mitschleppen und die haben wieder Freunde und so kommt einer nach dem anderen dazu.«

»In unserem Club fährt offiziell nur ein Mädel, Ein paar unsererer Frauen und Freundinnen fahren zwar auch wilde Mopeds, aber unsere Ausfahrten können schon mal ziemlich außer Kontrolle geraten, so dass Girls darauf gar keinen Bock haben«

Die Fahrten des Clubs sind vielfältig, vom After-Work-Run bis zur Südinsel-Scooter-Safari, die jedes Jahr stattfindet, ist alles dabei. Donnerstagabend fahren sie gern alle zum Smash Palace, die Stammkneipe des Clubs, »da haben wir donnerstags immer unsere Bike Night«. In den warmen Monaten von Oktober bis März machen sie auch gern Touren ins Hochland. Als wir uns mit den Jungs treffen, ist einer dieser Tage.

50er Zweitakter sind bei den Quake City Rumblers Pflicht

»Wir haben keine festen Regeln, alles kann, nichts muss«, an diesem Tag besteht die Fahrtruppe aus sechs Jungs. Das erste Werkstattbier ist schnell geöffnet, wir quatschen über die Mopeds. Zweitakter, maximal 50 Kubik, allesamt japanischer Herkunft, damit wären die wichtigsten Facts schon genannt. Wie umgebaut wird, ist egal. Da passiert es schon mal, dass eine Sissybar länger ist als das ganze Moped.

»Die größte Tour, die wir jedes Jahr machen, ist die Südinsel-Roller-Safari. Sie findet immer im Winter statt, bei grauenhaftem Wetter. Sie dauert etwa sieben Stunden und 300 Roller fahren mit. Die meisten sind moderne Kisten. Aber wir nehmen unsere alten, weil sie toll aussehen, weil wir sie lieben«

Anders als in Deutschland müssen die kleinen Kisten in Neuseeland nicht auf Fahrradwege ausweichen, so fahren wir durch die Stadt – an jeder Ampel großes Getöse und Wheelies – hinaus auf die Landstraßen und hoch in die Berge. Wir wollen ein paar Fotos dort oben schießen, übernachtet wird aber diesmal nicht, denn dafür gibt es doch eine Regel im regellosen Club. »Keine Zelte«, grinst Chris, »wenn übernachtet wird, dann immer unter freiem Himmel neben den Karren.«

Ultimatives Gemetzel und purer Spaß

Da es in den Bergen doch nachts etwas frisch werden kann, schenken wir uns diese Erfahrung. Geschenkt auch, dass eine der Kisten es nicht mehr selbständig nach Hause schafft. Andy hat zwar die längste Sissybar, aber nicht den geilsten Motor. Alles Schrauben und Basteln hilft nix, wir müssen Hilfe holen. Praktisch, wenn man viele Mitglieder hat, eine Stunde später ist die Karre auf den Pick-up eines Kumpels verladen und ab geht die Fahrt zurück in die Stadt.

Es wird gewheelt und geburnt, was das Zeug hält

Wir würden gern wiederkommen, zumal uns die Jungs heiß auf ihre eigene Veranstaltung gemacht haben. Seit knapp 10 Jahren ziehen sie ihre »Dirtmasters« durch. Motocross-Bikes dürfen auf dem grob abgesteckten Sandkurs nicht starten, nur alte 50er sind erlaubt. »Ansonsten wie immer keine Regeln«, erklärt Chris, »ein ultimatives Gemetzel und purer Spaß.« Für die Gewinner gibt es aus Motorteilen zusammmengesteckte phallusähnliche Pokale. Passt, Full Throttle!

Info | facebook.com/QuakeCityRumblers

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.