Was treibt einen Mann, in seinem Leben an die hundert Motorräder umzubauen? Ein Blick in die Garage des Johann Hemke offenbart eine Welt, die von Leidenschaft geprägt ist.
»Die Helden von damals«, so heißt das Buch, das Svenja Hemke 2012 veröffentlicht. Es entstand aus der gleichnamigen Abschlussarbeit der Designerin, die viel Aufsehen erregte und mit Höchstnote ausgezeichnet wurde. Die Helden von damals, das waren Svenjas Vater Johann und seine Gang, die »Adler Emlichheim«.
Die Adler Emlichheim – Berühmt und berüchtigt
Sieben Männer, die mit ihrem Motorradclub Ende der 60er-Jahre nicht nur Freunde hatten. »Sie waren berühmt und berüchtigt, haben im Wald gefeiert und schon mal sonntägliche Kirchgänger in Angst versetzt«, erzählt Svenja. Lange Zeit wusste sie nichts von der Vergangenheit ihres Vaters, hat sie aber in ihrem Projekt umso liebevoller nachgezeichnet.
Sie hat in ihrem Werk die Fotos aus der damaligen Zeit mit aktuellen Bildern der Männer verknüpft, die Geschichte des Clubs und seiner Member dokumentiert. War dafür zu allen ehemaligen Mitgliedern des Motorradclubs gefahren und hat letztlich ein tolles Zeitdokument geschaffen. Und sie war es auch, die sich bei uns meldete, um uns ins Haus ihres Vaters einzuladen. »Ihr müsst seine Garage einfach sehen.« Also, fahren wir hoch nach Niedersachsen in die Grafschaft Bentheim, wo Johann Hemke lebt und Motorräder am Fließband baut.
70 Brit-Bikes hat Johann Hemke umgebaut
Bevor Johann das Haus vor sieben Jahren anmietet, wird es als Ferienhaus genutzt. Dann kommt der leidenschaftliche Motorradschrauber. Der Besuch bei ihm, hier auf dem flachen Land bei Nordhorn, ist ein Ausflug in ein Leben, dass sich nur um eines dreht: Motorräder. Bis vor ein paar Jahren baut Johann vorwiegend alte Engländer auf.
BSAs, Triumphs und Nortons entstehen, insgesamt unglaubliche 70 Stück. Danach schwenkt er um, auf Yamaha XS im Starrrahmen. 23 Maschinen zählt seine XS-Reihe mittlerweile, es ist nahezu unfassbar. Johann weiß genau, wann er wie lange welches Motorrad bearbeitet hat. Er protokolliert die Bikes und den jeweiligen Zeitaufwand beim Umbauen penibel. Eine seiner Triumphs schafft es seinerzeit sogar in unser Magazin, auch auf unserer Messe hat er schon ausgestellt. Wir laufen durch die alte Diele seines Hauses, wo die Bikes stehen, die Teile lagern und die wenigen Maschinen. Wer genau hinschaut, sieht, dass hier oldschool gearbeitet wird. Keine modernsten Maschinen, keine fette Hebebühne, keinen Megafundus an allerfeinsten Teilen.
Die Adler fahren sogar wieder zusammen
Ehrliche Arbeit mit überschaubaren Mitteln. Wir laufen durch den Durchgang zur Küche und ins Wohnzimmer, wo eine Bar steht und – natürlich – ein Motorrad. Die alte Kutte der »Adler Emlichheim« hängt über dem Stuhl, ein bisschen scheint die Zeit hier stehengeblieben. »Seit Svenja dieses Projekt gemacht hat, fahren wir sogar wieder zusammen.«
Die alte Clique existiert noch, nur ein Mitglied ist leider verstorben. Doch was treibt Johann an, ein Bike nach dem anderen zu bauen? Nicht, um sie selbst zu fahren, sondern nur um des Schraubens willens. Die allermeisten Motorräder hat er verkauft, sie sind wohl über ganz Deutschland verteilt. »Es ist Leidenschaft«, sagt seine Tochter, »einfach Leidenschaft.«
Minimum zwei Motorräder baut Johann jedes Jahr um
Neben seiner Schrauberei hat Johann immer voll gearbeitet, lange Jahre in der Textilindustrie. Als die den Bach runterging, hat er umgeschult – zum Zweiradmechaniker, immerhin. Und doch nebenbei Bikes gebaut, minimum zwei Motorräder im Jahr, das können wir uns leicht ausrechnen. Mittlerweile ist Johann in Rente – und hat endlich richtig Zeit zum Schrauben.
Info | dieheldenvondamals
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.
🤗 soo ein Zuhause hätt ich auch gern 👍👍🖖