Achtung: Wenn auf eurem Bike Reifen in anderen Dimensionen aufgezogen sind, als in den Fahrzeugpapieren eingetragen, seid ihr ab sofort ohne gültige Betriebserlaubnis unterwegs – selbst wenn ihr eine vom Reifenhersteller gültige Freigabe für euer Motorrad mit euch führt!
Die bisherige rechtliche Situation bei der Reifenumrüstung an Motorrädern war wie folgt: Viele Reifenkombinationen, die nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen sind, konnten ohne Eintragung oder Abnahme durch technische Dienste gefahren werden, wenn eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Reifenherstellers mitgeführt wurde.
Künftig gilt: Eine herstellerseitige Bereifungsempfehlung oder Unbedenklichkeitsbescheinigung kann nicht länger als alleiniger Nachweis über eine gefährdungsfreie Montage mit abweichender Dimension oder Bauart herangezogen werden. Vielmehr ist nun bei Reifen, die seit Beginn des Jahres hergestellt wurden und ab 2025 bei allen Reifen, eine kostenpflichtige Begutachtung erforderlich. Wenn an ein Motorrad eine Rad-/Reifenkombination montiert wird, die nicht in den Papieren eingetragen ist, erlischt die Betriebserlaubnis. Zur Wiedererlangung ist dann eine Vorführung und Abnahme bei technischen Diensten sowie eine anschließende Eintragung in die Fahrzeugpapiere erforderlich.
Die eingetragenen Rad-/Reifenkombinationen dürfen an Krafträdern mit EU-Zulassung unabhängig vom Reifenhersteller oder -typ ohne jede Bescheinigung gefahren werden, wenn eine Typengenehmigung nach UN-ECE R 75 vorliegt.
Reifenhersteller unterteilen ihre Bescheinigungen
Wie Stephan Rau, Technischer Geschäftsführer beim Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie (wdk) erläutert, werden die Reifenhersteller ihre Bescheinigungen zukünftig in »Serviceinformationen« und »Herstellerbescheinigungen« unterteilen: »Die Serviceinformation dient als Nachweis, dass eine Bereifungskombination zur Ausrüstung eines Kraftrades geeignet ist, wenn die eingesetzten Rad-/Reifenkombinationen in den Fahrzeugpapieren eingetragen sind. Die Herstellerbescheinigung dokumentiert die Eignung auch im Falle einer abweichenden Rad-/Reifenkombination und kann als Grundlage bei der Vorführung und Abnahme bei der technischen Überwachungsorganisation dienen. Allerdings stellt die Herstellerbescheinigung keine Garantie dafür da, dass die darin genannte Bereifung durch die technischen Dienste abgenommen und in die Fahrzeugpapiere eingetragen wird.« Der wdk empfehle dringend, weiterhin nur solche Reifenkombinationen an Motorrädern zu verbauen, für die auch eine entsprechende Eignungsbestätigung besteht.
Frank Facher, Leiter Trade und Consumer Marketing bei Metzeler, ergänzt: »Die von uns als Reifenhersteller herausgegebenen Dokumente sind nach wie vor eine wichtige Grundlage, um beurteilen zu können, ob ein Reifen auf einem bestimmten Motorradtyp die gewünschte Performance und beste Sicherheit bietet. Bei Umrüstungen, die mit einer anderen Reifendimension einhergehen, fungieren unsere Bescheinigungen nun als Prüfgrundlage für TÜV, Dekra und Co. Wie schon bei den bisher verwendeten Freigabedokumenten werden wir auch die zukünftigen Serviceinformationen und Herstellerbescheinigungen so schnell wie möglich bereitstellen, damit unsere Kunden immer mit den für sie am besten passenden Reifen unterwegs sein können.«
Die Abnahme kann verweigert werden
Zusammengefasst: Wenn die Dimensionen der Pneus auf eurem Moped mit denen in den Fahrzeugpapieren übereinstimmen, genügt das Mitführen der »Serviceinformation« des Reifenherstellers. Wenn aber auf eurem Bike Reifen in anderen Dimensionen aufgezogen sind, als in den Fahrzeugpapieren eingetragen, müsst ihr mit einer entsprechenden »Herstellerbescheinigung« zum TÜV und hoffen, dass die Bereifung abgenommen und anschließend in die Papiere eingetragen wird. Hat die Prüforganisation Zweifel an der Eignung, kann sie eine Abnahme verweigern und ihr seid ohne Betriebserlaubnis unterwegs.
Das riecht natürlich verdächtig nach Abzocke, weil die Einschätzung eines einzelnen TÜV-Gutachters wohl kaum schwerer wiegt als die Freigabe des Reifenherstellers. Es dürfte in der Praxis also vor allem auf das Abdrücken von Gebühren für Prüforganisationen und Zulassungsbehörden rauslaufen, ohne dass sich irgendwelche sicherheitstechnischen Vorteile für Motorradfahrer ergeben. Gegen die neue Regelung läuft bereits eine Online-Petition. Bis Ende März hoffen die Initiatoren auf mindestens 50000 Unterzeichner, um gegen diesen Schmu vorgehen zu können.
Also, macht mit und tragt euch hier ein!
Quelle: wdk, Metzeler
Carsten Heil, hat die typische Zweiradkarriere der 80er-Jahre-Jugend durchgemacht: Kreidler Flory (5,3 PS), 80er-Yamaha DT und mit achtzehn dann die erste 250er Honda. Nach unzähligen Japanern über Moto Guzzi ist er dann schließlich bei Rohrrahmen-Buell gelandet. Seit 1992 mit Fotoapparat und Schreibgerät in Sachen Kradkultur unterwegs.