Eine BMW R45 zeigt, was übrig bleibt, wenn man kompromisslos alles weglässt, was wir und der TÜV nicht unbedingt brauchen. Weniger geht wirklich nicht.

Ein Prüfer mit großem Sachverstand war das, da hatte ich ganz schön Glück«, Oli Geier weiß, dass die Frage nach der Legalität eines Umbaus immer eine ersten ist, die aufkommt. Wie so oft momentan ist es eine BMW, die in Olis und am Ende auch in unseren Fokus geraten ist. Oli hat die typische Schrauberkarriere vorzuweisen, früh angefangen, sein Heil zunächst auf schnellen Kisten gesucht. Eine 1300er XJR steht in diesem Fall ganz vorn, mit der hatte der heute 31-Jährige die Umbaukarriere begonnen.

Ich wollte konsequent mein Ding durchziehen

Praktisch und vor allem fahrbar, das war schon damals mit zarten 17 der Anspruch. »Und das Ganze immer im legalen Bereich«, ergänzt der Schwimmbadtechniker aus Elfershausen in Bayern. Irgendwann landet er bei BMW, »die Japaner hatten bei den Originalbikes nachgelassen, da war nichts mehr für mich dabei«, erklärt Oli.

Die gewählte kurze Übersetzung mit 34/8 am Endantrieb begünstigt eine starke Beschleunigung und macht die BMW locker zum spritzigen Spaßgerät

Zwei Boxer baut er schon vorm aktuellen Bike um, allerdings eher ein bisschen improvisiert, nicht ganz so straight. Scrambler waren das, auf den Stil hat Oli sich festgelegt. Und trotzdem, da ging noch mehr, »ich wollte beim dritten Umbau wirklich konsequent mein Ding durchziehen, keine halben Sachen und volle Legalität.«

BMW R45 – Altes Eisen, aktuelle Basis

Fast identisch sind die Modelle R65 und die R45 aus der blau-weißen Boxerschmiede, lediglich der Hubraum setzt Unterschiede. Mitte der 70er Jahre hatte ein Freund unserer Redaktion, der Designer Hans A. Muth, die R45 konzipiert, und er wird sich ins Fäustchen lachen, wie aktuell sein Motorrad gerade wieder ist – als Umbaubasis für eine neue Customgeneration. Oli kombiniert in seinem Scrambler eben jene R45, die den Rahmen fürs Projekt liefert, mit der großen Schwester R65, die das Aggregat beisteuert. Der Motor ist ein Neuaufbau mit R65-Teilen, Bing-Vergaser und offenem Luftfilter. Der Endantrieb ist kurz übersetzt für mehr Laune und bessere Beschleunigung.

»Ich wollte konsequent mein Ding durchziehen, keine halben Sachen und volle Legalität«

Der Name für Olis Bike steht schnell, denn er achtet auf penible Sauberkeit, in unserer Szenesprache bezeichnen wir das als clean und Olis Bike rennt folglich als »Cleaner« durch Bayern. Er befreit den Rahmen der R45 von allen überflüssigen Haltern, baut einen aufwendigen kurzen Heckrahmen – Soziusplatz keine Option – und verschweißt den fest mit dem Rahmen. Anschließend wird das Fahrwerk gestrahlt und schwarz glänzend gepulvert.

Der Cleaner ist unterwegs

Auch das Frontend mit Gabel, Rad und Bremse stammt von der R45. Wie hinten auch wird das Rad schwarz matt gepulvert und Continental-Gummis werden aufgezogen. Der Auspuff mit seinen 99 eingetragenen dB stammt von einer kleinen Honda CR 250, die Eigenbau-Krümmer umwickelt Oli mit Hitzeschutzband. Das Gerüst steht, ab an die Feinheiten.

Ein Scrambler zum Verlieben – leicht, schnell und wendig: Da möchte man einfach nur aufsteigen und die Kuh fliegen lassen

Auch bei der Auswahl seiner Parts setzt unser bayrischer Privatschrauber auf Minimalismus, kleinstes LED-Rücklicht, CNC-gefräste Armaturen mit Minitastern am Rahmen, im Lenker verlegte Kabel, eingepasste Enduro-Fußrasten, alles wird möglichst sauber ausgewählt und eingebaut. »Ich wollte wirklich ohne Kompromisse alles weg lassen, was im legalen Bereich erlaubt ist. Im Ergebnis habe ich ein leichtes, kurzes und wendiges Bike«, erklärt Oli, der deshalb auf Details wie Kupplungsschalter, Standlicht oder Killschalter verzichtet. Alle Gummis, Leitungen und Filter erneuert er außerdem. Eine Lackierung in originaler BMW-Farbe setzt das Finish.

Alles weglassen bis der TÜV kommt

Lediglich ein Teil – der gelbe Scheinwerfer – ist nicht eingetragen, »ansonsten ist alles lückenlos geprüft, vom Auspuff bis zur Bremspumpe«, freut sich Oli. Womit wir wieder am Anfang wären. Ein TÜV-Prüfer mit Sachverstand sieht in dieser BMW R45 nämlich nicht vordergründig ein optisch schönes Custombike, sondern ein Motorrad, das technisch absolut auf bestem Stand ist.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.