Eine Yamaha SR 500 machte Jay LaRossa zum anerkannten Customizer. Wir haben ihn in Kalifornien besucht
Sauberer geht es kaum. Während die meisten Schrauberbuden hier unten in Kalifornien zu teilweise skurrilen Sammelsurien aus Motorrädern, Maschinen, Werkzeugen und Dekokram geworden sind, erwartet uns bei Lossa Engineering das konsequente Gegenteil. Man könnte vom gewienerten Betonboden essen, so clean ist es hier. Werkzeuge und Maschinen sind sauber aufgereiht, lediglich die Motorradsammlung von Besitzer Jay LaRossa drängt sich etwas unübersichtlich in einer Ecke zusammen.
Wir haben den Schrauber nicht umsonst aufgesucht, er entwickelt sich stetig zu einem bekannter werdenden Customizer in der US-amerikanischen Szene und macht derzeit durch wunderbare Cafe Racer im Fernsehen von sich reden. Und genau dort, im Fernsehen, beginnt die Karriere des Jay LaRossa auch.
Yamaha SR 500 – Monster Garage und Cafe Racer
»White Trash« heißt die erste Folge des Fernseh-Formats »Monster Garage«, das ab 2002 über die amerikanischen Bildschirme flimmert. Es geht in der Sendung um Autos, die von Mechanikerteams zu Monster-Cars umgebaut werden. Simple Story, großer Erfolg. Was vielleicht auch am Moderator der Show, Jesse James, liegt. Und eben jener Jesse James lernt in eben jener ersten Folge seiner Sendung den Mechaniker Jay LaRossa kennen, der bis dato immer nur an Autos geschraubt hatte, professionell in seinem eigenen Laden seit 1998. Dabei hätte Jay eigentlich schon früher auf die Bikes kommen können. Immerhin besitzen beide Teile seiner Familie Motorrad-Niederlassungen. Die eine ein Harley-Laden, die andere ein Shop spezialisiert auf Yamaha, Matchless, Ossa und Kawasaki.
Wie dem auch sei, der Junior setzt auf die vierrädrigen Karren, macht sich selbstständig. 2002 schließt er seinen Laden, fertigt nur noch Einzelparts für Trucks an. Und – so schließt sich der Kreis – arbeitet für Jesse James als Mechaniker. Verantwortlich für dessen persönliche Auto-Sammlung. Doch ein ganz kleines bisschen Motorrad-Duft muss aus der West Coast Choppers-Werkstatt zu Jay rübergeweht sein. Er beginnt sich, nach zehjähriger Abstinenz, wieder für Motorräder zu interessieren.
Und zwar nur für Cafe Racer, was wohl einem Erlebnis geschuldet ist, das er als kleiner Junge hatte. Als er am Laguna Seca Raceway stand und Kenny Roberts letztes Rennen sah, auf einer Yamaha XS 1100, die Jays Vater gebaut hatte. Und so beginnt Jay Motorräder zu bauen, schmeißt den Job bei Jesse James und macht sich 2007 erneut selbstständig: Lossa Engineering wird ab sofort zur angesagten Adresse für Vintage-Racer in Kalifornien.
Strippen und schneller machen
Nur logisch, dass das Fernsehen 2010 erneut anklopft. Ein Protagonist für die brandneue »Cafe Racer«-Serie wird gesucht, Jay ist sofort bereit, ein Motorrad für Folge 7 der ersten Staffel zu bauen. Wie bei allen seinen Umbauten, folgt er auch beim Bau der »Solus« einem Prinzip: »Ich halte mich an die Vorgaben der alten Racer. Das bedeutet, dass du das Motorrad komplett strippen musst – und vor allem, es schnell machen.«
Und so eröffnet Jay zwei Baustellen an der Yamaha SR 500. Dem Motor spendiert er zunächst ein Big Bore-Kit mit größerem Kolben. Den Ansaug- und Abgastrakt des Zylinderkopfes überarbeitet er, hinzu kommen Heavy Duty-Ventilfedern und ein Mikuni-Flachschieber-Vergaser. Und auch der Zubehör-Auspuff wird seziert und mit einem hausgebackenen Muffler versehen. Eine überarbeitete Brembo-Anlage bringt die Fuhre zum Stillstand. Erster Teil der Philosophie erledigt, es folgt der Strip.
Den Yamaha-Originalrahmen stutzt Jay gewaltig, sägt ihn ab und baut eine schlichte, neue Schwinge, wie alle Alu-Teile am Bike natürlich von Hand poliert und gebürstet. Das Frontend wird stabiler, schließlich entnimmt der Schrauber es einem waschechten Supersportler. Suzuki Gixxer heißt der Gabel-Spender, die Räder kommen aus einer RD 400.
Das alles ist das täglich Brot eines Umbauers, also noch nix Weltbewegendes. Die Faszination der Solus liegt im Detail. Jay schafft es, ein unglaublich cleanes Bike zu bauen. Schaut euch zum Beispiel die handgefertigte Heckpartie mit eingelassenem Rücklicht an, oder die wunderbare Versenkung des Tachos im Lampengehäuse. Oder den Benelli-Tank, den Jay mit eingelassenem Emblem und eigenem Tankdeckel veredelt. Nur konsequent, dass die SR 500 nach ihrer Fertigstellung in schlichtem Weiß lackiert wird.
»Vielleicht das beste Motorrad, das ich je gebaut habe«, sagt uns Jay mit Blick auf seine Kreation, als wir uns verabschieden. »Vielleicht der sauberste Cafe Racer, den wir je gesehen haben«, erwidern wir.
Infos | Lossa Engineering
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.