Motorräder der Marke Vincent sind ziemlich selten. Um so erstaunlicher ist die Geschichte zweier Besitzer aus Schweden.

Mats und Sivert Bomberg besitzen beide Modelle der untergegangenen britischen Marke. Sivert, der inzwischen fast achtzig Jahre alt ist, hat in den letzten fünfundvierzig Jahren mehrere dieser seltenen Bikes besessen. Sein Sohn Mats begann erst spät mit dem Aufbau seines Choppers auf Basis einer »Rapide«.

Vincent Black Lightning – Die Bekannteste

Das bekannteste Modell von Vincent ist sicher die Black Lightning. Diese gab es auch in einer Rennversion. Ein solch extrem rares Modell besaß Vater Sivert Bomberg einmal. Doch er bekam dafür einen Preis geboten, bei dem er schwach wurde und die Black Lightning wechselte den Besitzer.

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Über den Betrag schweigt sich der alte Herr geflissentlich aus. Nur soviel konnten wir ihm entlocken: »Von dem Geld gab ich jedem meiner Kinder 50.000 Euro. Den Rest habe ich in den Kauf und Aufbau der Egli-Vincent gesteckt.« Zwar wissen wir nicht, wie viele Kinder Sivert hat, doch verrät die Aussage, zu welch astronomischen Summen Vincent-Originale gehandelt werden. Allein ein Motor schlägt heutzutage mit minimum 40.000 Euro zu Buche.

Die erste Vincent 1973

Zu seiner ersten Vincent kam der Schwede im Jahr 1973. Damals fuhr er noch BSA und hörte Gerüchte über eine der Pretiosen, die bei einem alten Kauz hoch im Norden vor sich hinrottete. Mit detektivischer Feinarbeit fand Sivert den Besitzer. Der wollte 4.000 Schwedische Kronen für das Bike (heute rund 400 Euro).

Recht selten: Lightning-Motor in Egli-Fahrwerk

Wegen der toten Batterie handelte ihn der findige Geschäftsmann auf 3.900 Kronen herunter. Dafür erhielt er eine 1947er HRD Vincent Serie B Rapide. Später fand er heraus, dass es sich dabei um die erste, jemals in Schweden verkaufte Maschine dieses Typs handelte. Es war die Produktionsnummer 130 von insgesamt nur 400 gebauten Exemplaren.

Wie der Vater, so der Sohn

Auf den Geschmack gekommen, suchte Sivert danach nach einer Black Shadow und stieß bei dieser Suche auf die oben bereits erwähnte Black Lightning. Für deren Finanzierung verkaufte er die Rapide. Dergestalt durch seinen Vater geprägt, war es eigentlich nicht verwunderlich, dass auch Siverts Sohn Mats einen ähnlichen Weg einschlug. Auch er begann mit einer BSA und tauschte diese irgendwann gegen eine Vincent.

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Doch war das keine einfache Sache. Zuerst fand er einen zerlegten Motor. An den flanschte er ein Harley-Getriebe. Das war eine schon in den 60ern praktizierte Maßnahme, um das große Originalgetriebe durch ein kleineres, leichteres Räderwerk zu ersetzen. Dann überlegte sich Mats, wie denn die Chopper-Version einer Vincent aussehen könnte.

Spezialrahmen mit Harley-Gabel

Mit dem originalen Rahmen und dem riesigen Seriengetriebe jedenfalls ging gar nichts. Ein Profi musste helfen. Micke Eglund fertigte einen speziellen Rahmen nach den Angaben des Juniors. Eine um 20 Zoll verlängerte Harley-Gabel wurde dem verchromten Rahmen angepasst. Viele Teile fertigte Mats selbst an, andere fand er auf Flohmärkten. Seither nutzt der Junior das Bike als Alltagsfahrzeug und fährt jährlich rund 7.000 Kilometer – bisher ohne Probleme.

Der Exoten-Motor aus einer Vincent Rapide passte in keinen existierenden Chopper-Rahmen. Also musste das Fahrgestell speziell angefertigt werden

Auch der Vater konnte nicht von seiner Passion lassen. Vor einigen Jahren fand er in einer Scheune eine verrostete Egli-Vincent. Wieder war er Gerüchten nachgegangen. Diesmal musste er aber deutlich mehr als bei der Rapide zahlen. Doch der Verkauf des Black Lightning machte es ihm möglich. Sie ging nach England. »Es freut mich, dass sie auf ihre alten Tage wieder den Weg nach Hause fand«, tröstet sich Sivert.

Egli baute rund 250 Vincents

Der Schweizer Fritz W. Egli baute zwischen 1967 und 1972 rund 250 Bikes mit Vincent-Motoren. Die Bikes waren durch die Eglitypischen Zentralrohrrahmen den Serienmotorrädern weit überlegen. Jedes wurde speziell nach Kundenwunsch aufgebaut. So sind alle Egli-Vincent Einzelstücke. Siverts Modell wurde 1970 nach Schweden exportiert.

Schwede Mats baute einen typischen Schweden

Trotz seines hohen Alters ist Sivert noch oft auf seinen Bikes unterwegs. Mit der HRD Vincent Rapide hat er rund 40.000 und auf der Black Lightning um die 50.000 Kilometer abgeritten. Für den Alltag nutzt er inzwischen aber eine 2001er Ducati ST2.

Neverending Story

Sowohl Vater als auch Sohn haben jeder genau das Bike, das sie sich wünschen. Somit müsste die Geschichte hier enden. Doch kurz vor unserem Besuch gab es eine neue Entwicklung. Mit einem breiten Lächeln im Gesicht verriet der Schwede: »Gestern habe ich einen Haufen Vincent-Teile gekauft.« Wir sind gespannt, was daraus wird.

 

 

Charley Charles