Wie eine Triumph T 120 R den langen Weg aus der großen USA in die kleine Schweiz zurücklegte und dorct zum Alltagskrad mutierte

Man könnte sich ein Motorrad in seiner Nachbarschaft kaufen. Die Wege wären kurz, das Traumbike schnell in der eigenen Garage, alles ganz einfach. Man kann es aber auch wie Jan machen, in dessen Hirn sich über die Jahre der Traum einer Triumph festsetzt, einer alten Triumph wohlgemerkt. Die alten Bikes sind schon lange das bevorzugte Jagdrevier des gelernten Schreiners.

Engländerin, ja bitte – zu viel Mechanik, nein danke!

Eine Honda CB 250 aus den 70er Jahren baut er schon früh und ohne großes Fachwissen zum Low-Budget-Cafe Racer um. Irgendwann dann eben der Wunsch nach der Triumph mit sehr genauen Vorstellungen. Ein Pre-Unit-Motor scheidet für Jan schonmal aus, einfach weil ihm die Fachkenntnis in Sachen Motoren fehlt. Es muss also eine Engländerin werden, die wenig mechanische Arbeit erfordert.

Aus einem Guss: Fender, Sissybar, Eigenbau-Kennzeichen und Rücklicht bilden eine fest miteinander verschweißte Einheit. Der winzige Z-Lenker entstand aus einer selbst gezeichneten Vorlage

In der Schweiz findet er nichts Passendes und weitet seine Suche auf internationale Internet-Plattformen aus. Im April letzten Jahres dann der Treffer, eine T 120, Standort: Irgendwo in Idaho. Todd Asin führt dort die kleine Werkstatt Small City Cycles und ist doch erstaunt, als er ausgerechnet den Schweizer Jan als potentiellen Käufer seiner Triumph am Telefon hat.

In der Holzkiste in die Schweiz

Nach einem langen Gespräch ist klar, Jan möchte das Bike kaufen. Todd verspricht seinerseits, beim Transport zu helfen. Beiden ist nicht klar, wie lange sich diese Prozedur ziehen wird. Todd verpackt die Maschine in einer selbst gebauten Holzkiste, um die Transportkosten so gering wie möglich zu halten.

Kühlt und sieht cool aus: Hinter dem verrippten Wartungsdeckel arbeitet die Zündung des Paralleltwins

Da das Motorrad aber bei Transportfirmen als Gefahrengut eingestuft wird, dauert es zahllose Mails, Briefe und Telefonate, bis es endlich losgeht. Im Dezember trifft die Triumph per Luftfracht endlich in Europa ein. Die Entschädigung für die lange Warterei ist der erste Blick aufs Bike. Das Mopped steht in einem noch besseren Zustand als von Todd beschrieben da, der Umbau kann ohne Verzögerung beginnen.

Rahmen, Gabel und Motor bleiben original

Rahmen, Gabel, Motor und Räder brauchen keinerlei Veränderung und werden im Urzustand belassen. Jan kann deshalb ohne Verzögerung mit der Anpassung des ausgewählten Tanks beginnen. Der stammt aus Kalifornien und wird so bei den Jungs von Lowbrow gefertigt. Peanut-Tanks, die bekanntermaßen fast überall passen, sind die Vorlage der neu-alten Adaption. Neben dem Tank kümmert sich der Schweizer um ein passendes hinteres Schutzblech, das mit der tatkräftigen Hilfe von Kumpel Stöffel entsteht.

Was lange währt wird gut. Sieben Monate dauerte Bonnies Reise über den Teich – inklusive massig Mails, Briefen und Telefonaten

Stöffel ist nicht nur ein Meister in Sachen Metallbearbeitung, sondern auch ein fester Bestandteil der Schweizer Szene. Sein Laden Custom Parts & Wear in Mellingen ist immerhin ein absoluter HotSpot für HotRod-Freaks und Oldschool-Fans. Und hier wird eben auch gerne und viel geschraubt. So kümmert sich Stöffel um alle Blech- und Schweißarbeiten an Jans Triumph.

Vieles an der Triumph T 120 ist selbstgebaut

Auch den Auspuff der Triumph T 120 dengeln die beiden selbst, nur der Endtopf darf sich noch englisch schimpfen. Den Winzlenker zeichnet Jan vor und biegt und schweißt ihn dann selbst aus Stahlrohr, Metalfakegriffe aus Japan geben das Finish. Das Nummernschild wird aus einem 4- mm-Stahlblech nur per Flex und Feile hergestellt und an der Sissybar verschweißt und anschließend verchromt.

Die T120 war schon in den 60ern ein Supersportler allererster Klasse. Was seinerzeit als Donerbolzen zum Verkaufsschlager, vor allem in den USA, mutierte, kann heute nicht schlecht sein. Einfache Mechanik, verhältnismäßig wenige technische Probleme, super Umbaubasis – was will man mehr?

Bei den mechanischen Arbeiten wie der Verlegung neuer Bremskabel hilft Freund Pümi aus. Und schließlich kommt am Ende noch ein großes Talent von Jan zum Tragen. Die Lackierung von Tank und Fender entsteht im heimischen Garten.

Ein paar Bier auf’s Wunschmotorrad

Dort werden die Teile geflockt, bemalt, vergoldet und lackiert: „Das mach ich so als Hobby“, grinst der Schweizer angesichts der Hammer-Qualität seiner Bastelstunde. Pünktlich zu einem Oldschool-Treffen ist der Ofen fertig und feiert dort Premiere. Ein gelungener Ort, den langen Weg zum Wunschmotorrad mit ein paar Bieren unter Freunden zu begießen.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.