Jens vom Brauck treibt der Triumph Bonneville die Retro-Attitude aus und beweist sich einmal als Meister schnittiger Heckteile
Schmales 19-Zoll-Vorderrad vorn, dicker 16-Zöller hinten, dazu ein Chassis, das dank geschickt verstecktem Federbein mit bester Starrrahmen-Optik aufwartet und eine Sitzbank, die einen Federsattel imitiert. Mehr Retro als Triumph mit seiner Bonneville Bobber bot in den letzten Jahren kaum einer. Nicht verwunderlich, dass das Modell 2017 einschlug wie eine Bombe und zum Bestseller wurde.
Eine passende Spielwiese
Das alles hat Jens von Brauck wohl registriert, aber es ist nicht der Grund, warum er das Modell mag. »Vielmehr hat es kaum ein Hersteller geschafft, so sauber bei so viel Retro-Anspruch zu arbeiten.« Und es stimmt, die Bobber wirkt unglaublich aufgeräumt. Keine Kabel, Leitungen oder Stecker stören das Bild. Das ABS-Steuergerät sucht man vergebens, Ausgleichsbehälter oder hinterer Bremsflüssigkeitsbehälter verbergen sich hinter einer Alu-Abdeckung zwischen Schwingenlager und Motor. Erst dadurch wirkt die Illusion eines alten Motorrades, und auch dadurch bietet das Bike einem Designer wie Jens eine passende Spielwiese.

Zum Opfer fällt dieser Tatsache am Ende vor allem der einzige Störfaktor, den wir an der Serien-Triumph ausmachen. Die Sitzbank wirkt im Serienzustand fast ein bisschen wie ein Fremdkörper, schwebt ein bisschen zu weit überm Rahmendreieck, versprüht nicht die Eleganz, die einem alten Bobber meist zu eigen ist. Da geht noch was – und überhaupt, muss das alles immer retro sein? Oder dürfte nicht auch ein bisschen Neo-Futurismus dem modernen Klassiker gut stehen – zeitlos, minimalistisch, mit einem Hauch Bad-Ass-Vibe? Im Hirn des Designers ist die Antwort schnell gefunden. Los geht’s.
Am Motor wird nicht gebastelt
Um Motoren kümmert sich Jens vom Brauck nicht, es wäre auch Perlen vor die Säue, denn er weiß ja um die Vorzüge der modernen Triumph. »Mit 225 Kilo ist sie für einen 1200er Cruiser ein ziemliches Leichtgewicht. Dazu kommen ein wirklich druckvoller Motor und ein ordentliches Fahrwerk«, zählt er auf und macht sich an die Neugestaltung dessen, was ihn nicht ganz zu überzeugen vermag.

Vor allem das Heck ist ihm ein Dorn im Auge und so schneidert er eines seiner typischen schlanken Heckbürzel auf Maß. Es sitzt auf einem integrierten Hilfsrahmen, der direkt an den OEM-Befestigungspunkten verschraubt wird, ein LED-Rücklicht wird ins Heck ebenso integriert wie die seitlichen, eingefassten Blinker. Zugegeben, wir sind einfach Fans der vom Brauck’schen Heckteile, weil sie scheinbar nahezu jedem Modell zu schlichter Eleganz verhelfen.
Inspiration aus den Eighties
Was hinten beginnt, wird vorn natürlich fortgesetzt. Weil ein Rundscheinwerfer optisch kaum noch gepasst hätte, entwirft Jens ein kastiges Scheinwerfergehäuse, inspiriert von den 80er-Jahren. Aus dem gleichen Jahrzehnt scheinen auch die Seitendeckel zu stammen, die übrigens wie alle Anbauteile im selben Verfahren entstehen. Jedes Teil wurde von Hand mit Ton, Aluminium, Fiberglas und einer Füllmasse nachgebildet. Daraus wurden Formen gefertigt, damit die endgültigen Teile unter Verwendung eines hochwertigen Fiberglases auf Epoxidbasis hergestellt werden konnten.

Auch das Fahrwerk verstärkt Jens nochmal punktuell, hier allerdings mittels Kaufteilen von anerkannten Experten. Die Gabel wird mit Wilbers-Dämpfern aufgerüstet, auch das versteckte Mono-Federbein kommt von den Fahrwerks-Spezialisten aus Nordhorn. Der minimalistische Frontfenarbeitet im Nebenjob als Gabelstabilisator und stammt von Jens selbst, ebenso die hinteren Radkappen aus Kohlefaser, der Kettenschutz aus Aluminium und die verstellbare Nummernschildhalterung.
Triumph Bonneville ohne Retro-Attitude
Die Retro-Attribute hat der Kölner Designer der Bobber damit ausgetrieben, »obwohl, eigentlich nicht ganz«, merkt er an. »Die Farbe ist doch echt schön Vintage, ein zeitloses British-Leyland-Graublau aus den 60er-Jahren.« Mit einem Bike aus den seligen Bobberjahren des letzten Jahrtausends dürfte die JvB-Triumph trotzdem niemand verwechseln.
Info | jvb-moto.com
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.
Schade, warum keine Preisangaben???
Ist das ein Staatsgeheimnis oder ist das Nato Hauptquartier gegen Preisangaben! Ist eine Super Maschine, mit der bestimmt jeder gerne fährt! Weiterhin alles Gute und beste Wünsche!
Gruss
Hallo! Danke für Deinen Kommentar. Als Zeitschrift und Online-Magazin veröffentlichen wir Preisangaben zu den Bikeporträts oder verbauten Teilen in der Regel nicht oder nur, wenn es ausdrücklich gewünscht wird. Ein Umbau ist immer sehr individuell im Preis und hängt ja von vielen Faktoren ab. Anhand von Teilelisten und Umbauaufwand kann man sich schnell ausrechnen, was ein entsprechender Umbau ungefähr kostet, natürlich ohne Arbeitszeit und Basismotorrad. Oder man fragt einfach beim Erbauer des Bikes nach und lässt sich ein entsprechendes Angebot machen, der Kontakt ist ja unterm Artikel verlinkt. Gruß zurück!