Während ein Motorradkonzept Premiere feiert, ist Säm auf der Suche nach einer Basis für seinen ersten Umbau – ihr könnt euch denken, was dann passiert

Säm ist ein junger Schrauber, wie wir ihn uns wünschen. Lässiger Typ, der sein Freizeitheil im Downhill-Mountainbike, Motocross oder beim BMX sucht – und der noch dazu von Motorrädern begeistert und beim Schrauben absolut fähig ist. Und so stellt uns der gelernte Schlosser vor kurzem ein Bike vor die Füße, das trotz kleinem Motor schwer begeistert. Und das erahnen lässt, dass wir von dem Schweizer noch einiges erwarten können.

Klar, ein Kompass weist die Richtung

Säms Umbau beginnt auf einem Antiquitätenmarkt. »Ich habe dort einen alten Messingkompass erstanden und hatte sofort die Idee, um dieses Stück ein Custombike zu bauen«, erzählt er. Eine alte Harley oder Triumph soll die Basis sein, ein Starrrahmen sowieso. Säm beginnt zu suchen – lange, sehr lange. Etwas Passendes findet er nicht.

Ausgangsbasis für das messingfarbene One-Of-Bike ist eine in den USA entwickelte »Tha Heist« mit 250 Kubik

Ein Zufall will es, dass just, als Säm auf der Suche nach seiner Basis ist, in den USA ein neues Motorrad gelauncht wird. Cleveland CycleWerks heißt die Firma, die Anfang 2011 mit einem neuen Konzept einen stagnierenden Markt betritt. Einfachst gebaute Starrrahmen-Einzylinder-Bikes für relativ wenig Geld, aber absolut alltagstauglich.

Tha Heist – Der Antrieb kommt aus China

Ab etwa 3800 Euro sind die Modelle damals erhältlich, mit kleinen China-Motoren als Antrieb. Und mit dem Modell »Tha Heist«, einem kleinen komplett reduziertem Bobber, findet Säm schließlich das passende Gefährt für sein Vorhaben, ein Motorrad unter der Verwendung von eigens gefertigten Messingteilen zu bauen. Als einer der ersten Europäer krallt sich Säm seinerzeit einen der starren 250er-Winzlinge aus den USA

So ein 250er Single reicht bei den paar Kilo Motorrad auch im Euro3-Bereich für Geschwindigkeiten jenseits der 100 km/h. Das macht die Cleveland-Starrrahmen vor allem im Alltagsverkehr oder als Zweitmotorrad richtig spannend. Und weil es die lässigen Hobel auch in einer 125er-Version gibt, könnten gar 16-Jährige vor der Schule den Dicken machen

Den Motor belässt der Schweizer original, auch Rahmen und Räder erfahren nur leichte Modifikationen. Da der alte Messingkompass aber das Herzstück des Umbaus werden soll, ist ein außergewöhnliches Bodywork für den Chinakracher Pflicht. »Tank, Lampe, Fender, Fußrasten und diverse Zierteile gestaltete ich neu«, erklärt Säm, der für alle seine Teile Messing verwendet und sie per Handarbeit herstellt.

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Das bedeutet vor allem jede Menge Arbeit mit dem Hammer, da er alle verwendeten Bleche per Muskelkraft hämmert und zisiliert, die Fußrastenanlage selbst dreht oder den Rahmen anpasst und säubert. So vergehen sechs Monate, in denen Säms Goldstück langsam, aber beharrlich zur Vollendung getrieben wird, »mit jeder Menge Schweiß«, wie der Schweizer zugibt. Und Herzblut, wie wir finden.

Eine vordere Bremse hielt der Jung-Bike-Builder für verzichtbar. Sieht aber auch wirklich besser aus …

Denn wer so viel Geduld und Arbeit in ein für die meisten Umbauer nicht nennenswert motorisiertes Bike steckt, der hat die Leidenschaft fürs Schrauben definitiv. Und sowas belohnen wir gerne. Auf unserer CUSTOMBIKE-Show bekommen der stolze Säm und sein Brass-Bike den Titel »Rookie of the Year« verliehen. Und der Schweizer macht danach munter weiter. Wer sich seinen Instagram-Acoount anschaut, wird viel Entwicklung erkennen. Hatten wir doch den richtigen Riecher.

Info | sam_customs

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.