So eine Seuche hat ja neben allen Nachteilen auch was für sich: Der Garten sieht mittlerweile picobello aus. Aber nun wird es langsam langweilig und ich will schrauben und basteln. Alle kleinen Baustellen, die sich hier in den Garagenecken verstecken, könnten mal abgearbeitet werden. Da wäre zunächst mal der alte Sicherungskasten von der Yamaha. Sieht noch super aus, ist aber gebrochen. Und neu ist sowas kaum noch zu kriegen. Der einzige Kunststoffkleber, der für so was in Frage kommt, ist eigentlich Uhu Plast. Damit hab ich vor 45 Jahren meine Modellflugzeuge zusammengeklebt.

Das kleine Kunststoffkleber-ABC

Uhu Plast ist astrein, weil es, wenn man beide zu verklebenden Teile mit dem Kleber bestreicht, den Kunstoff langsam anlöst. Nach dem Ablüften und Zusammenfügen der Einzelteile wird der Kunststoff praktisch verschweißt. Mit Uhu Plast lässt sich jeder Hartplastik hervorragend kleben – es musste aber dieser »brechbare« Hartkunststoff sein. Weichplastik lässt sich damit nicht kleben.

Leider hat keiner meiner drei Baumärkte um die Ecke genau diesen Uhu-Kleber. Also hab ich mal alternativ den Hartplastik + Kunststoffkleber von bocoll gekauft. Fazit: Das Zeug riecht nicht nur genauso, es funktioniert auch genau wie das Uhu-Pendant.

Notnagel, der oft jahrelang hält: Sekundenkleber ist wohl eine der wichtigsten Werkstatt-Errungenschaften, hier Frau Reuters Kleber-Favoriten

Überhaupt scheint mir im Nachhinein betrachtet Uhu Plast dafür verantwortlich zu sein, dass ich heute ein so dankbarer Schluckspecht bin. Der Kleber hat nämlich, in der Tüte geschnüffelt, das Zeug zum mexikanischen Nahrungsergänzungsmittel schlechthin! Wahrscheinlich hab ich die blöden Flugzeuge damals nur zusammengeschustert, weil ich süchtig nach dem Klebergeruch war. Vielleicht kann ich da noch ’ne Millionenklage raus holen.

Dennoch: Bei den vielen Plastikteilen, die es im Leben so zu kleben gibt, ist auch der Kleber von bocoll ganz vorn im Bus und kann deshalb nur empfohlen werden. Und wenn ihr mal traurig seid: Einfach eine Portion davon in den Gefrierbeutel spritzen und ordentlich einatmen, bis die Birne wegfliegt. Macht aber dauerhaft blöde und schlimm krank!

Kostet keine vier Euro und ist ebenso empfehlenswert wie mein Leib- und Magen-Sekundenkleber, der Pattex Ultra Gelmatic. Der ist (im wahrsten Sinne des Wortes) die Wucht in Tüten. Im Gegensatz zu sehr flüssigem Sekundenkleber kann man die Gel-Variante schön mit dem Zahnstocher verteilen und die Klebeteile noch kurze Zeit aneinander ausrichten. Dieses Zeugs klebt alles Kleine am Moped, was nicht geschweißt und geschraubt und gelötet wird. Vom Sitzbankbezug bis zum Abdichtring am Tacho.

Sicher: Hier handelt es sich stets um Notreparaturen, die dann oftmals erstaunlich lange halten. Grundsätzlich ist langfristig vielleicht ein neuer Sitzbankbezug oder Tachoring notwendig. Aber für zwischendurch ist Pattex Ultra Gelmatic ein treuer Freund. Aus der Plastiktüte genossen übrigens sehr scharf im Abgang, eher was für russische Bärentöter.

Neben Kunststoffkleber testete ich auch Entroster aus dem Supermarkt

Und dann hab ich noch was ganz Drolliges gefunden. Im Supermarkt. Ich musste sofort an euch alle denken und hab mir gedacht: Die Scheiße probierst du aus. Für fette zwanzig Euro hab ich also ein Kilo »Role Rost Delete Metallentroster« gekauft. Alleine der Aufdruck »Kompostierbar« ist schon die zwanzig Euro wert. Wenn ich so was auf den Kompost packe, haut meine Olle mir dermaßen den Klappspaten um die Ohren, dass es nur so pfeift.

»Natürliche Basis ohne giftige Säuren und Dämpfe« steht da auch – hui! Und das kann Metall entrosten? »Einfache Handhabung, tausende Möglichkeiten« ist da auch zu lesen. Ist klar, ich stand also mit einem Mordsständer vor dem Regal und konnte mein Glück kaum fassen. Kaufen, ausprobieren, freuen. So war mein Plan. Obwohl im hintersten Teil meines perforierten Gehirnes ein kleines Alarmglöckchen bimmelte, das sagte: Für zwanzig Euro bekommst du auch eine Kiste Bier und acht Mettbrötchen. Egal, wir wollen Spaß. Auf der Schachtel ist zu lesen: Einstreichen, warten, abspülen, trocknen. Klasse, das ist meine Welt.

Sieht aus wie Kinderkotze, taugt aber mehr, als zunächst vermutet: »Rost delete« gibt’s für zwanzig Euro im Supermarkt

Auf der Dose selbst, die ich erst zu Hause ausgepackt habe, steht es etwas aufwendiger: Der zu entrostende Kram muss lack- und fettfrei sein. Dann muss man den Entroster, der übrigens aussieht wie Kleinkinderkotze, REICHLICH auf die zu entrostenden Teile streichen. Dann soll ich 6 bis 24 Stunden warten. Und dann soll ich den Mist mit dem Hochdruckreiniger, den ich natürlich an jeder Ecke stehen habe, komplett reinigen und anschließend sofort beschichten. Womit auch immer.

In der Garage finde ich einen alten rostigen Luftfilter

Ich suche also erst mal zwei Rost-Aspiranten raus: Einen alten Luftfilterdeckel und einen kleinen Anschlagwinkel, der zu lange draußen gestanden hat. Ich trage das Wundermitel mit einem normalen Pinsel auf. Der Entroster darf übrigens während des Einwirkens nicht trocken werden, steht in der Anleitung. Gegebenenfalls muss ich die Teile in Frischhaltefolie einwickeln. Ich mach das alles. Und stell den Kram in die Ecke und warte.

Luftfilterdeckel und Anschlagwinkel verrostet vor dem Auftragen von »Role Rost Delete«

Wenn ich jetzt die Kiste Bier hätte! Ich warte also. Zwei Stunden. Noch nix zu sehen. Vier Stunden. Sieht immer noch aus wie Kotze auf dreckigem Chrom. Ich will nicht maulen, aber mit meinem alten Chrom-Polish wären die beiden Teile jetzt schon so sauber wie der Arsch von Britney Spears. Ich warte weiter. Wenn jetzt Britney hier wäre. Mit einem Bierkasten. Was könnten wir Spaß haben. Sechs Stunden. Hm.

Nach acht Stunden hab ich die Schnauze voll

In dieser Zeit habe ich theoretisch einen neuen Luftfilterdeckel gedengelt und verchromt und einen Anschlagwinkel zurechtgefeilt. Ich lasse also meine beiden Teile frei, spüle sie unter dem Wasserhahn ab und schruppe sie mit einer Handbürste sauber. Das ist nötig, denn das Rost-delete-Zeugs klebt teilweise recht fest am Stahl.

Das Ergebnis der Zitronensäurebehandlung seht ihr auf dem Bild: Der Luftfilterdeckel ist passabel entrostet, der Winkel ist böse scheckig. Das liegt ganz sicher an meiner unregelmäßigen Auftragsweise des Mittels. Man muss also wirklich SATT auftragen, was natürlich ordentlich auf den Verbrauch schlägt.

Allerdings seht ihr auch, dass nach zweiminütiger Nachbehandlung mit meinem Blütenschleifer auf der einen Winkelseite ein recht passables Endergebnis vorliegt. Rost ist eine Macht – da nützt das beste Entfernungsmittel nichts, denn er frisst sich in das Material. Diese Wunden bleiben nach der Rostentfernung natürlich sichtbar.

Der Entroster hat alles gegeben. Allerdings muß das Zeug fett aufgetragen werden

Am Ende bin ich vom Ergebnis überzeugter, als ich eingangs zu glauben wagte. Wenn man Rost delete reichlich aufträgt, ist es für so manches Teil die einzige Rettung. Angerosteten Chrom und Flugrost würde ich jedoch IMMER eher mit Chrom-Polish behandeln. Zwanzig Euro fürs Kilo sind eine harte Ansage, aber die Verarbeitung ist angenehm einfach und die Fähigkeiten des Mittels habe ich anfangs unterschätzt.

Nun stellt sich nur die Frage, ob man diesen einfachen Weg geht oder sich ein Kilo reine Zitronensäure im Chemiehandel kauft …oder bei eBay, wo ein Kilo Pulver 7,49 Euro kostet. Seht euch einfach die Youtube-Videos zum Produkt an und schaut mal bei eBay nach Zitronensäure Monohydrat E330. Ich werde das Pulver jedenfalls auch mal testen.

Getränketipp

Ganz zum Schluss noch ein kleiner Whisky-Tipp: Der Glenlivet 12 ist gerade MIT Glas im Angebot in vielen Supermärkten – knapp dreißig Euro. Der Schnappes ist ganz fantastisch, ein echter schottischer Single Malt. Eignet sich nicht zum Entrosten, aber hervorragend zum Entspannen.

Und genau das werde ich jetzt tun – und ihr hoffentlich auch. Entspannt durch die harten Zeiten: Gelingt mit einem guten Whisky hervorragend.

Es grüsst, mit der freudigen Gewissheit, kein einziges Mal das Wort »Corona« benutzt zu haben

Euer Martin

 

Frau Reuter
Frau Reuter bei CUSTOMBIKE

Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.