All denen, die während der Corona-Krise wie bekloppt arbeiten müssen, sei an dieser Stelle höchstes Lob und aufrichtiger Dank gepriesen. All die anderen Daheimgebliebenen, und dazu gehöre auch ich, kommen endlich mal dazu, Unerledigtes zu erledigen

Meine Prioritäten waren und sind: Garage aufräumen, Garten in Ordnung bringen, arbeiten. Jetzt gerade arbeite ich. Durch das Aufräumen der Garage und die Vorbereitungen für einige Schönheitsreparaturen am Motorrad bin ich auf zwei Dinge gestoßen, die ich euch nicht vorenthalten will. Zunächst jedoch eine Sache, auf die ich durch Zufall kam: ein Reisebesteck. Klar, sowas gibts wie Sand am Meer. Meistens ist es das bekannte Bundeswehrbesteck als billige Fernost-Kopie. Funktioniert super, aber …

Essbesteck-Survival-Kit

Als ich neulich bei eBay-Kleinanzeigen nach irgendwas suchte, was überhaupt nichts mit Essbesteck zu tun hatte, tauchte in der Reihe der Angebote an Kamerateilen (die ich in der Tat suchte) etwas Sonderbares auf: WMF Nomad Reisebesteck. Na, dachte ich mir, was machst du denn hier? Und dann hab ich das angeklickt und mir mal genauer angeguckt, im Internet geforscht und war sehr beeindruckt. Und verärgert.

Beeindruckt deswegen, weil ich dieses reizende Besteckset ganz praktisch fand und unbedingt haben wollte. Verärgert deswegen, weil WMF offenbar die Produktion eingestellt hat. Was für eine Idiotie! Dieses Set, entworfen von einer Designagentur namens Köhler Wilms aus Herford, ist qualitativ sehr hochwertig, unglaublich handlich und sieht auch noch lustig aus.

Das WMF-Besteckset glänzt durch hübsches Design und besteht unseren Praxistest auf Anhieb – ein Flaschenöffner ist inklusive

Ich hab dann auf ebay weiter geforscht und eines für 29 Euro erstanden. Messer, Gabel und Löffel liegen brav übereinander und werden in unbenutztem Zustand von einer Kunststoff-Kupplungshülse, die sich fest an der Gabel befindet, zusammengehalten. In diesem Zustand kann man das Besteck in eine Kunststoffhülle schieben.

Am Ende der Gabel befindet sich eine kleine Öse, die dann aus der Hülle herausschaut und an der man das Set irgendwo anhängen kann. Zum Beispiel an dem mitgelieferten Schlüsselband. Das macht natürlich kein normaler Mensch. Ich hab das Ding einfach in der Packtasche liegen. Das Messer verfügt übrigens sogar über einen Bieröffner.

Alle drei Werkzeuge sind super verarbeitet, das Messer schneidet fantastisch. Damit kann man sogar ein blutiges Steak zerlegen. Das Material ist Edelstahl/Rostfrei 18/10 mattiert. Das Set wiegt ohne Leine 150 Gramm und ist etwa 11,5 Zentimeter lang. In meinen Augen das ideale Motorradfahrer-Besteck. Falls ihr bei eBay oder sonstwo drüber stolpert: KAUFEN!

Schrumpfschlauch-Glück

Als ich, wie jedes Frühjahr, meine Elektrik sommertauglich machen wollte, musste ich feststellen, das mein Vorrat an Schrumpfschlauch aufgebraucht war. Unser Conrad-Markt, bei dem ich sonst immer eingekauft habe, ist längst geschlossen. Man kauft heutzutage im Internet.

Weil Conrad aber die beschissenste Internetseite weltweit hat, hab ich mich bei Reichelt Electronic umgesehen. Und siehe da: Nach wenigen Klicks bin ich auf Sortimentsboxen mit praktischen 10-cm-Schrumpfschlauch-Abschnitten gestoßen.

Aber nicht bei dieser wunderbaren und prall gefüllten Schrumpfschlauchbox

So ein Set kostet lächerliche 3,99 Euro – dafür bekommt ihr im Baumarkt gerade mal ’ne leere Sortimentbox. Hier jedoch sind 100 Schlauchabschnitte von 1,5 mm bis 13 Millimeter untergebracht. Damit kann man wunderbar Steckverbinderenden und sonstige Kabelanschlüsse und Lötstellen isolieren.

Das Kistchen hat bei Reichelt die Artikelnummer DELOCK 86271. Ich hab gleich drei bestellt. Sowas braucht man immer.

Ah, ein Feilkloben

Und schlussendlich stieß ich beim Aufräumen auf etwas, was ich mein Leben lang ignoriert habe. Ein Erbstück sozusagen. Es hat mich tatsächlich einen halben Tag gekostet, rauszufinden, wie das Teil eigentlich heißt. Nun weiß ich es: Feilkloben.

Und nun weiß ich auch: eigentlich ist ein Leben ohne Feilkloben unmöglich. Schon der alte Carl Hertweck hat in seinem Buch »Besser Machen« den Feilkloben als unverzichtbaren Bestandteil einer Motorrad-Werkzeugtasche bezeichnet.

Außerdem hatte Carl fast immer recht. In der Tat ist dieses Werkzeug unglaublich nützlich. Als ich nämlich kürzlich an kleinen Metalllaschen rumfeilte, flutschten die mir dauernd aus der Hand. Klar, ich hätte die im Schraubstock einspannen können – das ließ aber weder die Bauform zu, noch hätte ich dann das Werkstück frei drehen und wenden können.

Aufklärung und Information sind oberste Gebote für Magazinmacher

Mit einem Feilkloben hingegen ist sowas kein Problem. Auch die Endbearbeitung von gekürzten Gewindestiften oder Schrauben geht hiermit sehr viel besser (und sicherer) von der Hand. Und ganz nebenbei kann man so einen Kloben auch als »dritte Hand« beim Bowdenzuglöten oder sonstwo einsetzen.

Die neueren Feilkloben haben leider nicht mehr diesen fiesen, scharfen Feilhieb auf den Backen, wie es vor sechzig Jahren noch der Fall war. Die alten Dinger waren – zumindest im Neuzustand – mit einem recht scharfen Hieb an den Klemmbacken versehen. Damit konnte man sogar Muttern erbarmungslos festklemmen und dann mit einer durch den Klobenwinkel gesteckten Stange lösen.

Klingt arg nach Steinzeit, ich weiß, aber am Straßenrand gelten andere Gesetze als zu Hause in der gekachelten Werkstatt mit Fußbodenheizung und mp3-Beschallung.

Deshalb heute im Programm: Der Feilkloben und wozu dieser kleine Kamerad nützlich ist

Ich habe einen kleinen, neuen Kloben bei Schoppe gekauft, weil ich ihn für euch knipsen wollte. Der ist zehn Zentimeter lang und kostet schlappe 25 Euro – im Netz manchmal weniger. Ich würde sowas – ganz ehrlich – eher gebraucht bei eBay kaufen. Und zwar die blaue oder grüne Variante der Bundeswehr.

Sowas wird zuhauf angeboten und ist von einer Qualität, die ein Leben lang hält. Wer bisher dachte, er bräuchte keinen Feilkloben, hat vielleicht recht. Wer aber einen hat und noch mal drüber nachdenkt, wird ihn in Ehren halten. Ich habe jetzt zwei, und mag keinen von beiden missen. Ein Werkzeug für echte Männer und für Frauen mit Arsch. War das political korrekt? Bestimmt …

Ich räum jetzt weiter auf, gearbeitet hab ich für heute genug.

Bleibt sauber und gesund
Euer Martin

 

Frau Reuter
Frau Reuter bei CUSTOMBIKE

Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.