Auch Nichtschrauber dürfen sich im Frühjahr mal die Hände schwarz machen: Ein Ölwechsel beim Motorrad ist und nun wirklich von jedem selbst zu bewerkstelligen und für die Langlebigkeit des Motors sehr wichtig. Ein paar Dinge rund um den Schmierstoffwechsel, die man wissen sollte …

Bei den meisten Gebrauchtkäufen stellt sich die Frage, ob das Moped auch regelmäßig gewartet wurde. Nicht selten kommt dann die Antwort, dass es scheckheftgepflegt sei. Guckt man in selbiges stellt man fest, dass das Scheckheft wohl das einzige war, was da gepflegt wurde. Obwohl laut Verkäufer doch alles drin steht: Übergabeinspektion 2006, 1. Inspektion im gleichen Jahr und dann … nichts mehr. Aber die Karre ist doch erst 5000 Kilometer gelaufen und die nächste Inspektion steht doch erst bei 6000 Kilometer an. Ein Trugschluss, denn einige Wartungsangaben sollten nach einer bestimmten Laufleistung oder nach einem bestimmten Zeitintervall durchgeführt werden – je nachdem, was zuerst erreicht wird. Dazu gehört auch der Ölwechsel.

Die beigemengten Additive sind auch nicht ewig haltbar

Auf den ersten Blick mag das für den Laien bei der heutigen Ölqualität nicht nachvollziehbar erscheinen. Entgegen dem ersten Eindruck ist der Motor aber nicht hermetisch dicht. Allein durch die Kurbelwellenentlüftung dringt Feuchtigkeit ein, die den Alterungsprozess des Öles beschleunigt. Durch öfteres Kaltstarten kann es außerdem zu einer Verdünnung durch Benzinreste kommen und die Verbrennungsrückstände verschmutzen den Schmierstoff. Die beigemengten Additive, die die Eigenschaften des Öls verbessern, sind auch nicht ewig haltbar und reagieren gerne mit Wasser. Die Hersteller empfehlen, ungeöffnete Gebinde spätestens nach fünf Jahren zu verarbeiten, geöffnete nach einem halben Jahr.

Nach dem Entfernen der Ölablassschraube – Vorsicht, heiß! – kommt das Öl in hohem Bogen raus, deshalb sollte man zur Sicherheit lieber eine Pappe unterlegen. Die Öleinfüllschraube sollte erst nach dem Entfernen der Ablassschraube entfernt werden, weil dann der Ölaustritt nicht so heftig ausfällt

Bei vielen Motorrädern sitzt das Getriebe mit im Motorblock, woraus sich ein gemeinsamer Ölkreislauf ergibt. Das sind zusätzliche Anforderungen an das Öl, da es zum Beispiel dem Druck an den Zahnflanken im Getriebe standhalten muss, oder auch der Kurbelwelle ihren harmonischen Rundlauf ermöglichen. Um die verschiedenen Aufgaben zu bewältigen, werden herstellerseitig dafür spezielle Additive zugefügt. Ein weiterer Knackpunkt ist eine Nasskupplung, die auch im selben Ölbad mitläuft. Wird die zu viel geschmiert, kann sie ihrer Bestimmung nicht mehr nachkommen und rutscht durch. Deshalb darf man nicht einfach mal ein Auto-Motoröl verwenden, diese Öle haben nämlich wesentlich mehr Schmieradditive drin. Erkennen kann man die Kupplungsverträglichkeit an der JASO-Klassifizierung.

Das künstliche ist eigentlich das beste Öl – aber nicht für jeden Motor!

Grundsätzlich wird zwischen mineralischen, teilsynthetischen und vollsynthetischen Ölen unterschieden. Von Natur aus sind natürlich nicht alle Moleküle gleich, das heißt, beim Mineralöl herrscht molekulare Vielfalt. Bei der Synthetik werden die Molekülketten von den Wissenschaftlern so zusammengesetzt, wie sie es spezifisch brauchen. Somit ist das künstliche eigentlich das beste Öl, aber eben nicht jedes für jeden Motor. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass zum Beispiel ein langhubiger Chopper andere Bedürfnisse hat als ein hochdrehender Supersportler. Auch nach hohen Laufleistungen ist der Wechsel nicht unbedingt ratsam. Auf jeden Fall sollte man die Herstellerangaben zum eigenen Bike beachten oder beim Schrauber seines Vertrauens nachfragen.

Auch aus dem Filter und seiner Anschlussstelle kommt noch eine gute Portion Öl raus. Tropft endlich nichts mehr geht es ans Reinigen der Auflagestelle und Umgebung

Auch die Viskosität spielt eine wichtige Rolle, sie gibt an, bei welchen Außentemperaturen das Öl dünnflüssig genug ist, um alle zu schmierenden Teile zu erreichen. Man unterscheidet Einbereichsöle und Mehrbereichsöle. Bei neueren Modellen kommen nur noch Mehrbereichsöle zum Einsatz, die über einen fest definierten Temperaturbereich möglichst gleichmäßig funktionieren müssen. Bis in die 70er Jahre wurden Einbereichsöle verwendet, die nur einen kleinen Viskositätsbereich haben.

Vorbereitung des Ölwechsels am Motorrad

Genug der Theorie, jetzt geht’s in die Praxis. Zunächst muss der Motor auf Betriebstemperatur gebracht werden. Also entweder eine Runde fahren oder die Karre im Stand etwa zehn Minuten laufen lassen. Das dient hauptsächlich dazu, die auf dem Boden abgelagerten Schwebeteilchen wieder in den Ölumlauf zu bringen. Ansonsten würde diese Verunreinigung nämlich im Motor verbleiben, ähnlich wie das Fruchtfleisch in einer Orangensaftflasche, wenn die vorher nicht geschüttelt wird.

Einige Mopeds sind so tief, das kein normaler Auffang­behälter darunter passt, auch das Lösen der Ablassschraube ist fast unmöglich. Hier hilft dieser Trick: einfach drei gleich hohe Teile auslegen und mit dem Motorrad drauf, dann das mittlere Stück rausziehen und es ist genügend Arbeitsraum vorhanden

Unter das Bike solltet ihr zunächst eine Pappe legen, denn irgendwas geht immer daneben. Dann platziert ihr einen Auffangbehälter unter dem Motor. Hier kann man eine einfach Wanne nehmen oder ein Ölwechsel-Kanister. Letzter hat den Vorteil, dass man das alte Öl leichter abtransportieren kann, deshalb benutzen wir so ein Teil. Vergesst nicht, die zweite Schraube zu öffnen, damit die Luft entweichen kann. Auch sollte das Teil nicht genau mittig unter der Ablassschraube stehen, da das Öl mit einem guten Strahl rauskommt. Und damit im Motor kein Unterdruck entsteht, muss auch die Einfüllschraube entfernt werden.

Nach dem Ölwechsel besser immer einen neuen Filter einsetzen

Um den ersten Schwall kleiner zu halten, empfiehlt es sich, die Einfüllschraube erst nach Entfernen der Ablassschraube rauszudrehen. Diese befindet sich logischerweise möglichst weit unten und ist recht groß, damit auch Durchfluss gegeben ist. Die Schraube mit dem entsprechenden Schlüssel lösen, danach könnt ihr sie von Hand rausdrehen. Das hat den Vorteil, dass ihr die Schraube am Ende wegziehen könnt und sie nicht in den Auffangbehälter fällt. Gerade bei dem hier verwendeten Kanister könnte sie sich vor die Abflussöffnung setzten. Wenn der Motor leer gelaufen ist, kommt der Ölfilter an die Reihe. Auch wenn dessen Wechsel nicht jedes Mal vorgeschrieben ist, sollte er trotzdem immer vorgenommen werden.

Der Filter wird erst mit der Hand aufgeschraubt bis er am Gehäuse anliegt. Jetzt noch zwei Umdrehungen, zum Mitzählen orientiert euch an den Auf­­drucken oder klebt eine Markierung auf

Für außen liegende Ölfilter gibt es extra Schlüssel, die man aufsetzt. Da auch hier noch einiges an Öl rausläuft, muss der Auffangbehälter neu positioniert werden. Nach dem Lösen mit Maulschlüssel oder Ratsche kann der Filter per Hand abgedreht werden. Danach solltet ihr ihn über der Wanne leerlaufen lassen. Wenn aus den Motoröffnungen kein Öl mehr austritt, müssen die Auflagestelle und deren Umgebung gereinigt werden. Die Ablassschraube bekommt eine neue Kupferdichtung, diese passt sich nämlich durch den Anschraubdruck an alle Unebenheiten genau an. Sie beim zweiten Mal genau wieder so zu positionieren ist eigentlich unmöglich, also erneuern wir sie sicherheitshalber.

Den Ölfilter nicht wie ein Ochse zuknallen!

Jetzt erstmal wieder rein mit der Ablassschraube. Vergisst man die, würde das neue Öl unten sofort rauslaufen, das wollen wir ja nicht. Die Schraube sollte mit dem vom Hersteller angegebenen Drehmoment angezogen werden, in unserem Fall 18 bis 23 Newtonmeter. Ist kein Drehmomentschlüssel vorhanden, müsst ihr das nach Gefühl machen. Schraubt sie nicht gleich megafest zu, sondern prüft bei einer Testfahrt die Dichtigkeit. Kommt noch was raus, etwas nachziehen – notfalls diesen Schritt wiederholen. Durch übermäßige Krafteinwirkung kann nämlich das Gewinde im Motor zerstört werden oder der Motorblock an dieser Stelle sogar reißen.

Bei vielen Bikes liegt der Ölfilter im Gehäuse. Diese etwas aufwendigere Konstruktion punktet mit einer cleanen Motoroptik

Die Dichtfläche des neuen Ölfilters muss mit etwas Öl eingerieben werden. Dazu einfach einen Tropfen auf den Finger und verteilen. Dann dreht ihr den Filter von Hand drauf, bis er auf der Dichtungsfläche aufsetzt. Abschließend mit dem Ölfilterschlüssel noch zwei volle Umdrehungen nachziehen. Dazu eine Stelle mit Klebeband markieren oder sich an den Aufdrucken orientieren. Nun kann auch endlich das neue Öl rein.

 

Je nach Lage der Einfüllöffnung kann man aus dem Ölkanister direkt einfüllen, das verlangt aber nach einer ruhigen Hand und Geduld, benutzt auch hier besser einen Trichter. Leider ist es schon vorgekommen, dass die Herstellerangaben zu den Füllmengen nicht korrekt waren. Deshalb füllt beim ersten Mal lieber etwas weniger ein, lasst den Motor kurz laufen und kontrolliert anschließend den Füllstand. Wenn die Herstellerangaben richtig waren, füllt ihr nun noch die entsprechende Menge nach. Nun noch mal den Motor laufen lassen und abschließend den Ölstand kontrollieren.

Check: Ablassschraube wieder drin? Ölfilter wieder eingeschraubt? Bei guter Erreichbarkeit der Einfüllstelle und ruhiger Hand kann direkt aus dem Kanister gegossen werden, viel einfacher und schneller geht es aber mit einem Trichter

Fertig? Fast, denn das alte Öl muss noch vorschriftsmäßig entsorgt werden. Entweder bringt ihr es zu einer regionalen Sammelstelle oder zu dem Händler, wo ihr das neue Öl gekauft habt. Aber jetzt kann man erstmal das Gefühl genießen, seinem Bike mit wenig Aufwand für kleines Geld etwas wirkich Gutes getan zu haben. Die Saison kann beginnen, start your Engine!

 

Lothar Steinmetz
Freier Mitarbeiter bei

Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.