Der Tank ist neben Scheinwerfer und Motor eines der wichtigsten Stilelemente am Motorrad. Er gibt dem Zweirad entweder eine gelungene oder eine versaute Linie. Wir haben einem Meister seines Fachs bei der Individualisierung eines Benzinbehälters zugesehen.

Es ist ein Kreuz. Da stopft man Unsummen in sein Traumbike und am Ende entpuppt sich ausgerechnet der Tank als Schwachstelle. Als prägendes Element am Bike sticht er dem Betrachter eben sofort ins Auge. Nun gibt es im Zubehör jede Menge Angebote, vom Peanut- bis hin zum voluminösen Fat-Bob-Tank, doch sie alle haben etwas gemeinsam: Nur selten passen sie ohne Modifikationen einfach so ans Motorrad. In der Regel sind Anpassungen notwendig, die genauso ins Geld gehen können wie eine Neuanfertigung. 

Der Ausgangszustand: Beim Tank handelt es sich um ein Produkt aus dem Aftermarket, einteilig wohlgemerkt

In unserem Fall bestand die Aufgabe von Karosseriebaumeister Jochen darin, einen Zubehörtank zu modifizieren und an das Custombike eines Kunden anzupassen. Dazu musste natürlich auch das Motorrad für einige Zeit in der Werkstatt des Karlsruhers bleiben, damit die Form direkt abgenommen und immer wieder überprüft werden konnte.

1. Ausgangslage

Der Patient ist ein waschechtes Custombike mit einem Zero-Down-Tube-Rahmen von HWC Cycles. Die Besonderheit am Rahmen ist, neben den fehlenden Unterzügen, der massive Rahmenoberzug, auch Backbone genannt. In Absprache mit dem Kunden wird festgelegt, den Zubehörtank in zwei Hälften zu teilen, anzupassen, um durch die Freilegung des Oberrohrs eine neue Optik zu schaffen.

Jochen entscheidet sich für eine hälftige Lösung, um den massiven Backbone freizulegen und dem Bike damit eine völlig neue Optik zu geben

Das vergrößert zwar den Aufwand erheblich, da alle Arbeitsschritte doppelt ausgeführt werden müssen. Doch das Ergebnis wird darüber hinwegtrösten und den schwarzen Klumpen, der das Bike vorher zierte, vergessen machen.

2. Messen, schneiden, schweißen, dengeln

Da der Zubehörtank Massenware ist, kann niemand erwarten, dass das Ding eins zu eins einfach so ans Bike passt. Nachdem die Breite der beiden Tankhälften ausgemessen und neu definiert worden ist, müssen nun die Radien an das Rahmenoberrohr angepasst werden, damit die Linien harmonisch verlaufen.

Stimmt die Krümmung mit dem Radius des Rahmenoberrohrs überein?

Dazu werden an der Tankunterseite kleine Einschnitte gesetzt, das Metall gebogen und anschließend am Bike der Verlauf der Radien geprüft. Passt alles, werden die Schnitte verschweißt und geschliffen, die Tankhälfte erneut am Bike geprüft und abgeglichen. Es gleicht einer Sisyphusarbeit, denn es geht nur in langsamen Schritten voran. Und immer wieder kommt der Karosseriehammer zum Einsatz, wird das Metall gedengelt und getrieben, schreit die Flex, fliegen die Funken. 

3. Die Tankrückwand 

Erst wenn Jochen mit der Grundform zufrieden ist, kommt die Rückwand der Tankhälfte an die Reihe. Eine eher simple Angelegenheit, könnte man meinen. Dazu wird die Tankhälfte auf eine Blechtafel gelegt, die Form einfach abgezeichnet und mit einem Nippler ausgeschnitten. Es folgt erneutes Messen, zudem muss Jochen auf eine kleine Besonderheit achten: Unter dem Backbone liegen wesentliche Teile der Elektrik versteckt, die beim vorherigen Tank im Tunnel verborgen waren.

Bevor die Rückwand mit der Tankhälfte verschweißt wird, muss gemessen, verglichen und geschnitten werden

Durch die freiliegenden Tankhälften wären dementsprechend auch die Verkabelung, Stecker und Module zu sehen. Abhilfe schafft eine Ausbuchtung, in der die unschönen Elektrikteile verschwinden. Dazu bearbeitet Jochen das Metall mit Hammer, Sandsack und endlich auch mal mit dem English Wheel.

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Durch das Treiben mit dem Hammer verkürzt sich das Metall und die Ränder würden nicht mehr passen. Mit einem Strecker wird das Blech an den Rändern gezogen, damit die Rückwand wieder zum Tank passt. Immer wieder wird zwischendurch am Bike überprüft und verglichen.

Unverzichtbares Werkzeug: der Karosseriehammer. Damit treibt Jochen das Blech in Form

Im nächsten Schritt zeichnet Jochen die Halterungen an. Die Universalteile gibt es ebenfalls im Zubehör, müssen aber wie alles andere auch angepasst und eingeschweißt werden. Damit alles auch perfekt passt, ist das Maßband neben Flex und Schweißgerät inzwischen das meist genutzte Werkzeug. 

4. Fertigstellen der ersten Tankhälfte, Wiederholen aller Arbeitsschritte

Nachdem Tankrückwand, Tankhälfte und Halter angepasst worden sind, glüht das Schweißgerät. Die Teile werden erst angeheftet, anschließend sauber durchgeschweißt und erneut verschliffen. Fehlen noch die Anschlüsse für den Benzinhahn, Tankentlüftung und der Tankdeckel.

Mit dem Strecker zieht Jochen das Blech. Durch die Ausbuchtung für die Elektrik hat es sich verkürzt

Mehr oder weniger Routinearbeiten, die mit anzeichnen, ausschneiden, einschweißen kurz und knapp beschrieben sind. Die erste Hälfte passt perfekt und sitzt wie angegossen. Für die andere Tankhälfte müssen sämtliche Arbeitsschritte wiederholt werden. 

5. Der fertige Custom-Tank

Nach etlichen Stunden zeigt sich das HWC-Custombike in einem völlig veränderten Look. Die Linie wirkt nun wesentlich gefälliger, flacher und auch filigraner.

Nachdem die Tankrückwand verschweißt ist, werden die Halterungen angeheftet und weitere Bleche zugeschnitten

Der freiliegende Backbone fügt sich bestens ins Erscheinungsbild und ist nun der Blickfang, den sich Custombike-Treiber wünschen. Bleibt nur noch die Lackierung, obwohl das blanke Metall auch seinen Reiz hätte.

6. Machen oder nicht machen

Keine Frage, der Aufwand ist hoch und kostet Geld. Aber so ist das nun mal mit individuellen Lösungen, bei denen echte Handwerkskunst gefragt ist. Doch es lohnt sich, denn sonst könnte man sich gleich eine genormte Maschine mit Bolt-on-Teilen hinstellen. Vorkonfektioniert, aber auch Massenware unterm Strich.

Es viele Wege mit seinem Bike glücklich zu werden. Aber ein geil gemachter Tank ist garantiert einer davon

Wie viel es einem wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Schließlich gibt es viele Wege mit seinem Bike glücklich zu werden. Aber ein geil gemachter Tank ist garantiert einer davon.

Infos |  blechfee.de

 

Christian Heim