Mit ein klein wenig Improvisationstalent und einem Kumpel mit Drehmaschine kürzen wir eine Tachowelle

Wir hatten uns ent­schieden. Der riesige Tacho an der Springer Softail Harley war längst vom serienmäßigen Platz auf dem Tank verschwunden und durch einen Minitacho ersetzt worden. Nun sollte dieser weiter unten – gerade noch in Sichtweite – an die Gabel geklemmt werden. Die zweiteilige Halteklemme zur Tachobefestigung fräste uns ein Kumpel nach Zeichnung aus einem Stück Flachaluminium.

Auf der Suche nach einer kurzen Tachowelle

Aber unsere Suche nach einer kurzen Tachowelle in diversen Zubehörkatalogen verlief vergeblich! Internetrecherche führte zu den Seiten des Ka-Ja-Tachodienstes und der Firma Taflexa. Diese Firmen fertigen biegsame Antriebswellen nach Muster oder Zeichnungsangaben. Dort hat man auch die nötigen Anschlussteile und Metallschläuche in diversen Durchmessern, verzinkt, vernickelt oder mit PVC-Überzug in den Farben Schwarz und Grau am Lager.

Die Enden der Tachowelle: Eine Seite wird in die Antriebsschnecke gedreht, die Seite mit Überwurfmutter und Gummischutz geht an den Tacho

Aaaaber … im Vergleich zu den Austauschwellen aus dem Zubehör wäre die Anfertigung solcher Spezialwellen nicht ganz billig. »Vor allem, wenn spezielle Anschlüsse … gedreht oder gefräst werden müssen«, so die Info auf der Ka-Ja-Website, die zudem preisgibt, dass zur Verschönerung Wellen bis Ø 8 mm auch mit einem Edelstahlgewebeschlauch überzogen werden können. Vielleicht hätte auch ein Louis-Tachowellen-Reparaturset weitergeholfen.

Zöllige Überwurfmuttern gibt’s im Katalog

Natürlich kann auch ein lokaler VDO-Kienzle-Dienst Tachowellen anfertigen oder abändern. Wenn dort nichtmetrische Befestigungs-Überwurfmuttern, wie für manche Harleys oder Oldtimer nötig, nicht am Lager sind, sind zöllige Tachowellen-Überwurfmuttern in diversen Größen von W&W erhältlich. W&W bietet auch einen, vom Hinterrad aus angetriebenen, Custom Tachoantrieb für Softail-Modelle an.

Der Trick: Außenhüllen von Tachowellen und Bowdenzügen lassen sich am besten mit der Blechschere schneiden. Auch hier ist exaktes Messen dringend erforderlich

Laut W&W würde damit die »optisch ungünstige« Tachowelle zum Vorderrad eliminiert werden. Okay, das wäre auch eine Lösung gewesen. Unser Tacho aber sollte ja vorne an einem Holm der Springergabel sitzen … und wir wollten diese »optisch ungünstige« lange Tachowelle durch eine kurze Version ersetzen.

Die Drehmaschine des Kumpels

Da Geld immer knapp ist und Selbermachen meist irgendwie geht, entstanden die nötigen Verbindungsteile eben wieder mal auf der Drehmaschine des Kumpels. Um die passende Tachowellen-Überwurfmutter brauchten wir uns auch nicht sorgen. Die hatten wir ja schon passend an unserer alten Welle. Die nötige Länge der »neuen« Welle war schnell festgelegt.

Eigenbau: Der Kumpel an der Drehmaschine fertigt Bundhülsen und Verbindungsbuchsen. Auch der Schlosser um die Ecke macht so was für kleines Geld

Die innere Seele lässt sich bei vielen Tachowellen ohne Hindernisse nach der oberen Seite herausziehen. Wo das nicht gleich geht, wird zum Zerlegen individuell Gehirnschmalz verlangt. Bei unserer Welle ging’s anstandslos. Beidseitig waren daran viereckige Enden sichtbar. Auf der oberen Seite unterhalb des Vierkants war ein Messingring aufgepresst, der ein Durchrutschen der Seele in der Außenhülle verhindert.

Tachowelle – zum Kürzen eignet sich die Trennscheibe vom Multitool

Zum Kürzen des herausgezogenen Innenteils eignet sich die Trennscheibe eines Dremel Multitools. Der äußeren, gewendelten und mit Plastik überzogenen Metallhülle, ging es mit einer Blechschere an den Leib. Da beide Teile um das gleiche Maß gestutzt sein wollen, muss man das zum Vierkant gepresste, wieder anzulötende Ende der inneren Seele mit einrechnen.

Solide Verbindung: Nach dem Entfetten und Einseifen mit Lötfett wird so lange Lötzinn von oben zugeführt, bis es an der unteren Seite der Hülse austritt. Das dürfte dann ein kleine Ewigkeit halten

Ein speziell gefertigtes Messingröhrchen zur Verbindung wurde auf der Drehmaschine gefertigt. Es hat die Außenmaße des alten Anschlagmessingrings und eine durchgehende Bohrung, in der sich die beiden, mit Bremsenreiniger entfetteten und mit Lötfett eingeschmierten, Hälften der Seele gerade so reinschieben lassen. Eingelötet wurde mit Weichlot, das einen Schmelzpunkt unter 330° C hat.

Richtig auffädeln erspart später Ärger

Auch das normalerweise aufgepresste Endstück der Außenhülle – auch hier ein Eigenbau-Drehteil aus Messing – wurde, nach dem Entfernen einiger Millimeter Plastikummantelung aufgelötet. Nicht ohne uns vorher zu vergewissern, dass alle Teile, wie Überwurfmuttern und Gummischutzschlauch, an der richtigen Stelle aufgefädelt sind. Sonst könnte das, bei Typen mit beidseitiger Überwurfmutter, blöd werden.

Fertig: Nachdem der Tacho angeschlossen ist, sieht man sehr deutlich, dass die Tachowelle kaum mehr ein Drittel ihrer ursprünglichen Länge aufweist

Wir reinigen die Innenseele nach dem Verlöten auf kompletter Länge, sprühen sie mit Teflon-Spray ein und stecken sie von oben in die Außenhülle. Zum Schluss noch das Ganze, wie gehabt, unten an der Tachoantriebsschnecke eingeschraubt und oben am Tacho mittels der Überwurfmutter befestigt. Jetzt darf unser Moped wieder auf die Straße.

Info | ka-ja-tacho.de | taflexa.de | wwag.com

 

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei CUSTOMBIKE Magazin

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.