Ein Rücklicht muss jedes Motorrad haben – aber welchen Reglementarien unterliegen Rücklichter und Reflektoren?
Spätestens seit der Lichtpflicht für Motorräder ist klar, dass neben dem Scheinwerfer auch das Rücklicht dazu dient, besser gesehen zu werden und sich aus der Masse der Verkehrsteilnehmer abzuheben. Vorgeschrieben ist das Rücklicht seit Erfindung der Straßenverkehrszulassungsordnung.
Ein Rücklicht ist schon immer vorgeschrieben, das Bremslichtseit 1988
Umso verwunderlicher ist es, dass der Gesetzgeber erst bei Erstzulassungen ab 1988 auf die glorreiche Idee kam, auch ein Bremslicht für Motorräder mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 50 km/h zu verordnen. So unglücklich alle Minimalisten darüber waren, sinnvoll war es auch schon vorher. Denn wer will sich schon sein Moppet zu Klump fahren lassen, weil der Hintermann optisch nicht darauf hingewiesen wurde, dass bei dem Fahrzeug vor ihm spontan die Geschwindigkeit gegen Null geht.
Ihre Existenzberechtigung weisen die Rückleuchten ursprünglich durch die urdeutsche Wellenlinie oder aktuell durch das sogenannte E-Prüfzeichen nach, wobei es sich hierbei nicht unbedingt um eine EG-Genehmigung handelt. Das EG-Prüfzeichen befindet sich nämlich in einem viereckigen Kasten und nicht in einem Kreis, wie wir es von dem allseits bekannten E-Prüfzeichen kennen.
Rücklicht nach ECE-Richtlinie
Das E mit entsprechender Zahl verrät uns nur, in welchem Land das Leuchtmittel seine Prüfung bestanden hat. Ob es dann wirklich für die hintere Beleuchtung an Krafträdern zugelassen ist verrät die eigentliche Prüfnummer 50R-…. . Hierbei handelt es sich um die Anwendung einer ECE-Richtlinie, genau genommen der Richtlinie 50. Für Hersteller entsprechender Beleuchtungseinrichtungen ergibt sich hier ein gravierender Vorteil, denn die EG-Richtlinien gelten, wie der Name sagt, nur EG-weit und die ECE weltweit.
In dieser Richtlinie geht es u.a. um Begrenzungsleuchten, Schlussleuchten, Bremsleuchten, Fahrtrichtungsanzeiger und Beleuchtungseinrichtung für das hintere Kennzeichen. Welches Bauteil bzw. welche Gruppe genau gemeint ist, verrät diese Prüfnummer – außer bei Blinkern die 11 und 12 – nicht. Das kann man nur aus den eigentlichen Prüfunterlagen entnehmen, jedoch ist es fast unmöglich, an diese ranzukommen.
E1 steht für Deutschland
Spätestens bei einem anderen Ländercode als E1, also Deutschland, kann man alle Hoffnungen begraben. Somit müsst ihr wohl den Angaben des Händlers oder Kataloges vertrauen. Auf der anderen Seite hat aber auch ein Prüfer schlechte Karten, denn auch er kann kaum nachvollziehen, ob die von ihm kontrollierte Funktion wirklich die ist, die geprüft wurde.
Die ECE schreibt natürlich auch die Größe der Lichtausbeute vor, die der Abnahme zu Grunde liegt. Durch den Vorbau einer Verkleidung vor der Streuscheibe ist daher nicht mehr sicher gestellt, ob genügend Lux das Licht der Welt erblicken. Das gilt natürlich äquivalent für das nachträgliche Einschwärzen. Dazu besteht aber heutzutage auch keine Notwendigkeit mehr, da sich genügend Hersteller der Glaseinfärbung inklusive der notwendigen Prüfungen angenommen haben. Sogar ein genehmigtes Rücklicht mit Vorbau gibt es, nämlich das Stop-Licht von Dock66.
Gepennt oder gewollt?
Seit 1. März 2007 gesellt sich zu StVZO und EG eine neue Verordnung hinzu, die FZV (Fahrzeugzulassungsverordnung). Sie soll nach und nach erweitert werden und letztendlich die StVZO ersetzten. Also wurden schon einmal ein paar Paragraphen aus der StVZO gestrichen und mit entsprechenden Änderungen in die FZV überführt. Unter anderem betroffen ist der §60 StVZO, indem bis dato die Kriterien für die Nummernschildbeleuchtung geregelt waren.
Wer z.B. im Internet in dem alten Gesetzeswerk blättert, findet unter diesem Paragraphen nur noch den Vermerk »weggefallen«. Was uns besonders stutzig macht, die Nummernschildbeleuchtung an sich – zumindest bei Zweirädern – ist in der neuen Verordnung nicht mehr vorgeschrieben! Hört sich unglaubwürdig an, ist aber so. In der FZV §10 (6) steht geschrieben, das hintere Kennzeichen eine Beleuchtungseinrichtung haben müssen, die den technischen Vorschriften der EWG-Richtlinie 76/760 entspricht.
Nix Nummernschildbeleuchtung
Diese Richtlinie weist aber grundsätzlich darauf hin, dass sie erst für Fahrzeuge mit mindesten vier Rädern gilt, also nicht für Motorräder. Weiterhin wird bezüglich der Nummernschildbeleuchtung auch auf die ECE-Regelung Nr. 4 verwiesen, jedoch mit dem Zusatz »mit Ausnahme von Krafträdern«. Stellt sich die Frage, ob das wirklich so gewollt ist oder ob die Legislative da gepennt hat.
Da Verordnungen Gesetzeskraft haben, sollte man sich auf den Stand vom 01.03.2007 berufen können, falls der Gesetzgeber irgendwann auf die Idee kommt, etwas zu ändern, aber auch in der Version vom 3. Februar 2011 hat sich hier noch nichts geändert. Empfehlenswert ist schon jetzt, sich die jeweiligen Punkte der aktuellen FZV ausdrucken zu lassen, spätestens in der nächsten Polizeikontrolle ist man klar im Vorteil, wenn man die Rechtmäßigkeit schwarz auf weiß nachweisen kann.
Was war das mit mittig?
Bleibt die Frage, was in der StVZO vor Einführung der mittigen Positionierung des Rücklichtes stand. Es war nur festgelegt, dass die Rückleuchte am weitest hinten liegenden Teil befestigt sein muss. Endet also der seitliche Nummernschildträger weiter hinten als Fender, muss bei Erstzulassung vor dem 01.10.1994 das Rücklicht sogar seitlich angebracht werden, aber so hat sich das die Obrigkeit garantiert nicht vorgestellt. Worum allerdings keiner rumkommt, das ist der allseits so beliebte hintere Reflektor. Sind wir aber mal ganz ehrlich. Fällt nachts die hintere Funzel aus ist es ganz nützlich, doch noch gesehen zu werden.
Info | stvzo.de
Lothar Steinmetz
Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.