Die Suzuki LS 650 Savage geht stramm auf die 40 zu, wurde bis vor Kurzem noch gebaut und ist mittlerweile nicht nur was für den kleinen Mann.

Nachdem Ende der Siebziger der Film Easy Rider einen Chopper-Boom auslöste, wollten auch die Japaner auf diesen Zug aufspringen. Ihre Kreationen waren aber nur modifizierte Straßenmaschinen. Durch Stufensitzbank und hohen Lenker glaubte man die Käuferschaft beglücken zu können. Der Soft-Chopper war geboren. Anfang  der Achtziger startete Suzuki eine Meinungsumfrage im Land der Ur-Chopper, den USA. Also haben auch Harley-Fahrer ihren Anteil daran, was dann kommen sollte. 1986 war es endlich so weit und Suzuki präsentierte der Weltöffentlichkeit seine neuesten Kreationen. Eine davon war die LS 650 Savage.

Suzuki LS 650 Savage – Eine halbe Harley?

Sie hatte eigentlich alles, was ein Chopper so braucht: Tropfentank mit eingelassenem Tacho, lange Gabel, ein »dickes« Hinter- und ein großes, schmales Vorderrad, einen wartungsarmen Zahnriemen, viel Chrom, eine tiefe Sitzposition. Aber eines war gravierend anders, der Motor. Das war kein V-Motor, sondern ein 652 ccm großer Eintopf, der sich senkrecht aufbäumt. Genau wegen dieser Merkmale erhielt sie schnell den Spitznamen »Baby-Harley«. Suzuki wollte damit keinen eingefleischten Harley-Fahrer abwerben, die anvisierte Käuferschicht war eine ganz andere.

Cafe Else: Von der amerikanischen Firma RYCA gibt es seit ein paar Jahren fünf unterschiedliche Umbausätze für die Savage

Besonders für Wiedereinsteiger oder die nicht ganz so großen unter uns sollte dieses Bike sein. Neben der vielfach kaufentscheidenden Optik hatten die Konstrukteure ein sehr handliches Bike geschaffen. Das liegt zum einen am geringen Gewicht, das sich vollgetankt bei gerade mal 171 kg einpendelt. Die 55º Lenkkopfreckung sind zwar choppertypisch, stehen aber eher für Geradeauslauf als für Wendigkeit. Die wird durch den kurzen Radstand von nur 1485 mm erreicht. 

Handwerkliche Können und der eigene Ideenreichtum sind gefragt

In den Neunzigern fuhr der Mann die 1400er-Trude und die Frau die Savage. Mittlerweile fahren aber auch gestandene Mannsbilder die kleine Wilde (= englisch Savage). Gut, dass es dafür vorverlegte Fußrasten gibt. Verschiedene Auspufftöpfe, eine Schwinge, Federbeine, andere Gabeln, eine Pulley-Abdeckung, mehrere Sitzbänke, Sissybars und Kofferhalter sind außerdem erhältlich. Um wirklich gravierend zu customizen, sind das handwerkliche Können und der eigene Ideenreichtum gefragt.

Bad-Bikes dem norddeutschen Rethwisch gilt als Spezialist für gelungene LS650-Umbauten

Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Vertrieb der eLSe (wie sie in Moppedkreisen genannt wird) 2000 eingestellt wurde, konnte man sie in Amerika bis vor Kurzem noch neu erwerben. Das liegt daran, dass dort ein einmal zugelassenes Modell so lange verkauft werden darf, bis nichts wirklich Technisches verändert wird. Die größte Änderung war hier 2005 der Name. Suzuki nannte alle Cruiser ab da Boulevard und belegte sie mit der Angabe des Hubraumes, also S40 (39,8 cui = 652 ccm).

Suzuki LS 650 Savage – Schlaffer Kettenspanner

2010 erschien in den USA dann die Firma RYCA auf der Bildfläche, die sich endlich dem ultimativen Customizing der LS annahm. Insgesamt werden fünf komplette Umbausätze angeboten, natürlich nicht für unseren Markt geprüft. So wird zum Beispiel ein anschraubbares Starrrahmenheck oder ein Schwingen- bzw. Tankumbau angeboten. Im Internet gibt es Foren zum Austausch von allem, was mit der kleinen Suzi zu tun hat. Neben den bekannten Chopperforen wird man unter trudenforum.com, LS650.de oder LS650.eu fündig. Auf letzterer Seite gibt es auch die Kontaktadresse, um sich den sogenannten TBKS zu bestellen. Das ist ein scherenähnliches Teil, das in den Motor eingebaut wird, um der Steuerkette ein längeres Leben zu bescheren. Denn bei der serienmäßigen Konstruktion hat sich Suzuki nicht mit Ruhm bekleckert.

In den USA war die 650er Else noch vor Kurzem nagelneu zu haben

Der Kettenspanner, der die Steuerkette schön auf Spannung hält, erledigt seine Arbeit im Verborgenen. Um ihn zu kontrollieren, muss der rechte Motordeckel abgenommen werden. Wird dieses versäumt, kann der Kettenspanner auseinanderfallen und es droht der Supergau. Deshalb sollte spätestens nach 20000 Kilometern nach dem Rechten gesehen werden. Schon Wahnsinn, dass die LS650 im Jahr 2026 bereits 40 Jahre alt wird und optisch fast unverändert noch immer gebaut wird. Also werden wir sie bestimmt noch lange auf Deutschlands Straßen sehen können, what eLSe?

 

Lothar Steinmetz
Freier Mitarbeiter bei

Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.