Garagen sind manchmal wie Museen. Sie sind stille Zeitzeugen, Hort für Erinnerungen und Zeugs aller Art. Man kann sie zwar einrichten oder planen, doch letztlich wachsen sie über die Jahre mit ihren Besitzern.

Im Paradies eingebettet in sanfte Hügel, liegt Michelbach, eine Gemeinde am südlichen Rand des Neckar-Odenwald-Kreises. Hier hat André sein Schrauberreich, seinen Rückzugspunkt zum Ausgleich des beruflichen Alltags. Der Feinmechanikermeister, der gebürtig aus Heidelberg stammt, blickt, wie so viele von uns, auf die geradezu klassische Schrauberkarriere zurück, die mit vierzehn bei den Fahrrädern beginnt und bei Motorrädern und Autos endet, oder besser gesagt, noch immer besteht.

Mofa vom Sperrmüll, Teile gerne umsonst

Das erste Mofa findet er auf dem Sperrmüll, doch weil Geld Mangelware ist, ist er immer auf der Suche nach gebrauchten Teilen, die möglichst wenig kosten oder am besten umsonst zu haben sind. So vergehen die ersten Schrauberjahre, kommen und gehen Mofas und Mopeds, bis endlich mit achtzehn der Einser-Führerschein gemacht wird.

Wohin das Auge auch wandert, es gibt immer Neues zu entdecken, vom Tank bis hin zur zweckentfremdeten Bienenwohnung

Gleichzeitig ist es aber auch ein Knackpunkt, denn Autos sind für viele seiner Kumpel attraktiver und so trennen sich mitunter auch die Wege. »Ja, viele sind dann plötzlich nicht mehr gefahren oder haben andere Hobbys gefunden. Doch ich wollte mich nicht von meiner Leidenschaft lösen und bin seitdem immer dabeigeblieben. Allerdings blieb es nicht nur auf Motorräder beschränkt. Irgendwann kamen auch die Autos dazu.«

Show me your Garage, oder besser: your Scheune

Mit dem Hauskauf Jahrzehnte später bietet sich die Möglichkeit, direkt nebenan zu schrauben, denn zum Anwesen gehört auch eine Scheune, die er nach und nach ausbaut. »Am Anfang war hier noch Lehmboden drin, den ich durch einen Betonboden ersetzt habe. Außerdem wurde der Heuboden zugemacht und die Wände gestrichen.

Und wenn Zeit bleibt, werden nebenbei auch mal kleine Spaßgefährte gebaut

Und wann immer ich Lust habe, gehe ich einfach in die Werkstatt, setze meine Ideen um oder helfe anderen mit ihren Bikes oder Autos.« Seine Frau gibt ihm die Freiheiten: »Sie ist ein absoluter Tiermensch und kümmert sich um unsere Vierbeiner.« Gemeint sind Hunde, Katzen, aber vor allem Pferde.

Ein Blick durch das Scheunentor …

Geschraubt wird meist nach Feierabend, an den Wochenenden oder wann immer es die Zeit eben zulässt. Wirft man das erste Mal einen Blick durch das Scheunentor in Andrés Werkstatt, so zuckt man kurz zusammen, denn das Auge wird förmlich bombardiert mit Teilen, Maschinen, Werkzeugen, Schildern, Motoren, Tanks und vielen anderen Dingen, die sich nicht sofort identifizieren lassen.

Alles hat seinen Platz und findet Verwendung, auch wenn es auf den ersten Blick unübersichtlich wirkt. Die Werkbank hat André selbst gebaut

Es wirkt beinahe wie ein Museum, denn Hightech, in welcher Form auch immer, sucht man hier vergeblich. Doch alles hat seinen Platz, seine Bestimmung und je länger man hier verweilt, umso mehr möchte man bleiben und alles entdecken, was André über die Jahre in die alte Scheune getragen und gesammelt hat. 

 Jede Menge Witziges oder Skurriles – wie der Tequila-Jesus

So hat er einen alten Sammlungsschrank aus der Geologie, den er seit über dreißig Jahren besitzt, für seine Zwecke umfunktioniert. Direkt daneben findet sich ein weiterer Schrank, der sich bei genauerem Hinsehen als Bienenwohnung entpuppt. Es findet sich auch jede Menge Witziges oder Skurriles, wie der Tequila-Jesus, aber auch alte Waagen, Pumpen und Maschinen, deren Wert sich heute nicht mehr beziffern lässt und die sich kaum wiederbeschaffen lassen, sollten sie einmal verloren gehen. 

Neben den Motorrädern bilden Autos eine weitere Leidenschaft, ganz besonders die Ente. In Anlehnung an das französische Kultmobil, Disneys Komikfigur Donald und seinen Nachnamen, wird André manchmal auch »Rambow Duck« genannt

In diesem kleinen Paradies entstehen Andrés Projekte oder wird einfach nur an Bikes geschraubt. Die Ideen für seine Motorräder kommen ihm übrigens beim Fahren, eine große Planung dafür braucht er nicht. In der Regel kauft er einfach ein Bike, das ihm gefällt, fährt es eine Weile und sitzt dann nicht selten in seiner Scheune, hält Teile dran und lässt den Dingen ganz einfach ihren Lauf.

In dieser Werkstatt herrscht eine wunderbar entspannte Atmosphäre

Vielleicht liegt es an diesem Ort, vielleicht auch an André oder an beiden zusammen, aber in dieser Werkstatt herrscht eine wunderbar entspannte Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. Und wenn André mal keine Motorräder mehr sehen kann, geht er einfach in seine andere Scheune, denn dort steht sein 75er Ford LTD, einer, wie er im Film Blues Brothers 2000 zum Einsatz kam.

Hund und Katze gehören genauso zur Garage wie die vielen Bikes, die André sein Eigen nennt

Für die Zukunft hat André nur wenige Wünsche, was seine Werkstatt betrifft. »Vor allem mal eine Heizung, denn im Winter wird es durchaus zu kalt zum Schrauben.« Und endlich einen PC für seine unzähligen Handbücher in digitalisierter Form und vielleicht auch eine funktionierende Drehbank. Doch das Wichtigste: »Auf jeden Fall Weiterschrauben, ohne geht‘s einfach nicht.«

 

 

Christian Heim