Community-Garagen sind in den USA schwer angesagt. Doch was hat es damit auf sich? Wir checken es für euch aus – in der Lucky Wheels Garage am Rande von Downtown Los Angeles. 

Bock auf Motorräder haben in den USA viele, die Möglichkeiten an der eigenen Karre zu schrauben allerdings nicht jeder. Gerade in Los Angeles und anderen Großstädten sind hohe Mieten ein Problem, wenn man überhaupt eine passende Werkstatt findet – denn Platz ist hier Mangelware. Dazu braucht es außerdem Werkzeuge, Maschinen und vielleicht auch mal einen guten Tipp im richtigen Moment.

Lucky Wheels Garage – Jeder, der mag, kann sich hier einmieten

Hier setzen die Community-Garagen wie die Lucky Wheels Garage an. Jeder, der mag, kann sich hier einmieten, die vorhandenen Werkzeuge nutzen, sich helfen lassen oder anderen helfen. Egal, ob es um einen einfachen Ölwechsel oder den Bau eines kompletten Custombikes geht, Lucky Wheels ist ausgestattet wie ein professioneller Shop. Gute Kontakte und helfende Hände gibt es obendrauf – ein grandioses Konzept, wie wir finden.

In den Toolboxen im Innenhof lagern die Member ihre eigenen Werkzeuge. Jede der Kisten ist sauber mit dem jeweiligen Namen beschriftet. Ty und Jackson haben guten Zulauf, die Investitionen haben sich gelohnt

Ty Neff, der die Garage vor zweieinhalb Jahren zusammen mit seinem Partner Jackson McGovern gründete, weiß, wie es ist, solch einen Ort zu haben. Seine Harley baute er in einer Community-Garage in San Francisco zusammen, weil er selbst nicht den Platz dafür hatte. Ty und Jackson sind Texaner, kennen sich aus dem Filmbusiness, in dem sie beide arbeiteten.

Klare Sache: Los Angeles brauchte eine Community-Garage

Als die Luft für Filmschaffende dünner wurde und Ty seinen Job verlor, beschloss er, nach Los Angeles zu ziehen, Jackson folgte. Motorradjungs sind die beiden schon länger und als Ty aus San Francisco zurückkommt, ist für ihn klar, dass auch Los Angeles eine Community-Garage braucht. Jackson ist sofort mit an Bord.

Obwohl sich hier viele die Werkzeuge und Maschinen teilen, kommt es nicht zu Diebstählen oder Unordentlichkeit – seinen Platz in der Kommune will nämlich keiner riskieren

In Boyle Heights, am Rande des Art District von Downtown LA, finden die beiden das passende Gebäude. Ein große Halle auf zwei Etagen mitsamt Innenhof und diversen überdachten Flächen, die Raum für Schweiß- oder Lackarbeiten bieten. Einen großen Fundus an Werkzeugen besitzen die beiden bereits, investieren aber in Hebebühnen und Spezialmaschinen wie Dreh- und Fräsbank.

Lucky Wheels Garage – Goldrichtige Entscheidung

4.000 Dollar Miete kostet allein das Gebäude, viel Holz für zwei Typen wie sie. Bei der Eröffnungsfeier 2016 ist trotzdem schnell klar, dass sie mit ihrer Entscheidung goldrichtig liegen. Allein an diesem Tag schließen zwanzig Biker eine Mitgliedschaft bei Lucky Wheels ab. Es scheint, als hätte die Motorradkommune nur auf so etwas gewartet.

Es gibt in den USA extrem viel schlechten Kaffee, da können wir ein Lied von singen. Umso glücklicher waren wir über den roten Container neben der eigentlichen Garage, wo von Hand gebrüht wird

Die Regeln in der Community-Garage sind einfach erklärt. Eine Mitgliedschaft kostet 100 Dollar im Monat, inklusive ist die Nutzung von Maschinen, Hebebühnen und allem vorhandenen Werkzeug, das natürlich in metrisch und zöllig vorhanden ist. Mitglieder, die andere aktiv unterstützen und ihr Wissen und Können weitergeben, erhalten auf ihren Monatsbeitrag einen Rabatt.

Ein insgesamt mehr als fairer Deal

Wer nur kleine Arbeiten machen möchte, kann sich auch für einen Tagessatz von 35 Dollar einmieten, ein insgesamt mehr als fairer Deal. Es gibt klassische Öffnungszeiten, in denen gearbeitet wird, natürlich auch am Wochenende. Montag und Dienstag ist die Garage dafür geschlossen. »Die meisten Jungs kommen so gegen 16, 17 Uhr, nach der Arbeit.

Neben dem reinen Anlaufpunkt für Selbstschrauber ist Lucky Wheels auch als Gemeinschaft zu verstehen, in der gemeinsame Ausfahrten stattfinden oder man die Grundlagen des Customizing erlernen kann

Dann schrauben sie für zwei, drei Stunden an ihren Karren, bevor es nach Hause geht«, erzählt Ty. Ob er keine Angst hat, dass die vielen wechselnden Leute in der Garage sich daneben benehmen oder Werkzeug mitgehen lassen, fragen wir. Jackson grinst, »doch, ständig, aber unsere Mitglieder passen da eigentlich schon gegenseitig drauf auf.

Lucky Wheels Garage – »Das Do-it-yourself-Motto liegt uns sehr am Herzen«

Und keiner hier will den Platz in der Community riskieren. Von daher passt das schon.« Noch wichtiger als Raum und Werkzeug ist Ty und Jackson aber etwas anderes. »Das Do-it-yourself-Motto liegt uns sehr am Herzen. Jeder, der zu uns kommt, kann jederzeit um Rat fragen oder sich Anleitungen holen und Tricks zeigen lassen. Aber machen muss er dann schon selbst. Wer erwartet, dass andere hier für ihn ein Bike umbauen, der hat die Idee hinter der Garage nicht verstanden.«

Ty und Jackson

Neben dem reinen Anlaufpunkt für Selbstschrauber entwickelt sich die Lucky-Wheels-Community stetig weiter. Ein kleiner Outdoor-Coffeeshop ist dem Laden seit letztem Jahr angeschlossen, dazu werden gemeinsame Ausfahrten organisiert oder Kurse über Schweißtechniken, Metallbearbeitung oder andere motorradspezifische Arbeiten abgehalten.

Möglichkeiten für Schrauber, die sie vorher nicht hatten

Ein wunderbares Ding, das Menschen mit Bock aufs Schrauben zusammenbringt und Möglichkeiten für sie bietet, die sie vorher nicht hatten. Mittlerweile gibt es fünfundzwanzig solcher Community-Garagen über die gesamte USA verteilt, Tendenz steigend. Und vielleicht auch für europäische Großstädte eine schöne Idee, wer weiß?

Info |  luckywheelsgarage.com

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.