Wenn sich italienisches Herzblut und amerikanisches Freiheitsgefühl paaren, münden sie kaum im Bau von Guzzi und Co., sondern rücken HotRods, Digger und 80er-Jahre-Chopper mit japanischen Motoren in den Vordergrund. Interesting, also Show me your Garage, Alex!

Alex Cardone steht stellvertretend für viele, die in Kalifornien ihr Fahrzeugglück suchen. Er ist Teil einer wilden Mischung an Menschen und Nationalitäten, die im Sonnenstaat der USA ihre Vorstellung von Customkultur leben. Wenn Alex auch mit der Szene und ihren Auswüchsen schon länger hadert. Selbstständig war der Mann mit den italienischen Wurzeln im Umbaugeschäft mit alten Autos schon mal, einige Jahre ist das her. Wie viele musste er knallhart spüren, dass es schwer ist, in diesem Geschäft genug Geld zu verdienen, um eine Familie zu ernähren.

Früher schraubte Alex gern mal an Harleys, seit er seinen Freund Duane kennenlernte, sind die weniger geworden

Heute geht er einem normalen Hauptjob nach, geschraubt wird nur nebenbei. Wenn auch mit viel Platz, Alex’ Frau akzeptiert, dass seine Garagen die komplette Gartenfläche ihres Hauses einnehmen. Da wären eine amerikanische Normgarage sowie ein paar Nebenräume, »Autos brauchen halt immer so verdammt viel Platz«, weiß der Schrauber. Und vielleicht wäre er zufrieden gewesen mit den paar Harleys, die er schon gebaut hat, und seinem Langzeitprojekt, ein alter HotRod. Wenn nicht Duane Ballard in Alex’ Leben getreten wäre, sein Seelenverwandter, Customizer, Lederpunzierer – ein Zufallstreffen, das zu einer besten Freundschaft wurde.

Gemeinsame Leidenschaft für Motorräder und Autos

Auf einem der zahlreichen SwapMeets Kaliforniens lernen sich die beiden kennen, unterhalten sich, stellen fest, dass sie nur ein paar Häuser entfernt voneinander wohnen und dass sie eine gemeinsame Leidenschaft für Motorräder und Autos hegen. Duane baut zu dieser Zeit an einer Kawasaki, typisch für ihn im Eighties-Chopperstyle. Er hat große Probleme mit dem Motor, Alex bietet Hilfe an. Und tatsächlich, er kann richtig was, bringt den alten Vierzylinder wieder zum Laufen, »ohne ihn hätte ich das Projekt nicht fertig bauen können«, ist Duane noch heute dankbar. Und findet es bemerkenswert, dass da ein hochtalentierter Mann ist, von dem aber noch keiner in der eng verwobenen kalifornischen Szene Notiz genommen hat. 

Heute dominieren Digger und Achtziger-Jahre-Bikes, gern auf Basis von Honda CB 750 oder Kawasaki KZ 1000 den Motorradteil in Alex’ Werkstatt

»Weil diese Szene ein Irrsinn ist«, erklärt Alex und nimmt richtig Fahrt auf. »Guck dir doch diese ganzen Jugendlichen an, die heute einen auf Oldschool machen. Denen geht es doch nicht ums Motorradfahren, sondern wie sie im Internet richtig präsentieren. Es geht um Klicks und Likes und alles, aber nicht um die Sache.« Zweimal war Alex auf der angesagten Born Free Show, »zweimal zu viel«, wie er sagt. »Ich brauch den ganzen Hype und Quatsch nicht, um schöne, traditionelle Sachen zu bauen.« In Duane, der zwar mit seinen Lederarbeiten vom Customgeschäft lebt, aber bei seinen Bikes weder Trends noch Mode folgt, trifft er auf einen, der ihm zuhört und in vielen Dingen zustimmt.

Show me your Garage – Wenige Maschinen, viel traditionelles Werkzeug

Fortan schrauben sie gemeinsam an Projekten, unterstützen sich. Und einigen sich auf einen gemeinsamen Stil, den sie bei Motorrädern mögen. Digger und Achtziger-Chopper, gern mit japanischen Motoren, sind ihr Beuteschema. Nur wenige solche Bikes werden in Kalifornien Harleyland geschraubt. In Alex’ Werkstatt finden sie alles, was sie zu ihrem großen, kleinen Glück brauchen. Wenige Maschinen, viel traditionelles Werkzeug wie English Wheel oder Rollenstreckmaschine, Sandsack und Hammer. Und sie finden immer ein kühles Bier und ein gutes Gespräch. Aus einem Zufallstreff ist eine Männerfreundschaft geworden, die mittlerweile einige Bikes hervorgebracht hat. 

Wie viele Schrauber aus Kalifornien kommt Alex aus dem Rennsport, ist aktiv Flat- und Dirttrack gefahren

Genug zukünftige Projekte liegen außerdem noch in den Räumlichkeiten. »Stimmt«, sagen die beiden Freunde, »Motoren und Teile reichen noch für einige schöne Werkstattabende. Und die Geschichten, die wir uns dazu erzählen können, sind uns auch noch lang nicht ausgegangen.« Trotzdem, erst mal will Alex sein Langzeit-Hot-Rod-Projekt beenden. »Mein Sohn spekuliert darauf, dass ich das Ding noch fertig bekomme, bevor ich irgendwann ins Gras beiße und dass er es dann erben wird«, grinst er, »mal sehen, vielleicht tue ich ihm den Gefallen.«

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.