Vom Banker zum Bunker, oder auch das vielleicht alternativste Projekt, das wir in unserer Rubrik »Show me your Garage« je vorgestellt haben.

Was tust du, wenn du die Schnauze voll hast? Wenn du nicht mehr hinter dem stehen kannst, was du tagtäglich machst? Wenn du nicht ins vorgegebene System zu passen scheinst? Mirko hat darauf eine klare Antwort: »Du machst einen Strich unter alles!« Dreizehn Jahre hat Mirko als Banker gearbeitet, die Lehre zum Bankkaufmann war irgendwann die scheinbar richtige, vernünftige Wahl gewesen. Heute sagt er: »Banken sind Verbrecher. Und das Gewissen bleibt auf der Strecke.«

Immerhin, die Werkstatt war im Bunkerinneren als Erstes fertig

Ein guter Verkäufer war er zwar, kann aber üble Geschichten über Wirtschaft und Geld und das Anderssein erzählen. »Ich bin letztlich immer angeeckt, habe nie richtig reingepasst.« Auch dass man zum Leben eigentlich nicht viel braucht, merkt er irgendwann. Er verkauft sein Haus, hat so Kapital, um ein Leben nach seinen Vorstellungen zu beginnen. In einem Bunker am Niederrhein.

Show me your Garage, äh, your Bunker

Knapp vierhundert der Bunker gibt es auf dem Gelände, von US-Army und NATO wurden sie einst als Munitionslager genutzt. Wer hier was starten will, muss normalerweise warten, die Liste von Interessenten für die nackten Betonklötze ist lang. Mirko hat Glück, die Kleinanzeige zur Vermietung seines Bunkers erscheint kurz bevor er im Internet nach passenden Gewerbeobjekten Ausschau hält.

Er schlägt sofort zu und steht bald in leerem Raum. Dazu kommt Stille um ihn herum, die Lage ist abgeschieden, »du kannst hier Blätter fallen hören«. Was er da noch nicht weiß, der Ausbau wird sich hinziehen, aber die Werkstatt, die wird als Erstes fertig.

Mirko vor »seinem« Bunker. Solange dieser umgebaut wird, schläft Mirko in dem Wohnwagen

Seinen Führerschein hat der heute 36-jährige vor zehn Jahren gemacht, Supersportler fuhr er am Anfang, interessierte sich aber schnell für Chopper und Umbauten, »Unikate sind mein Ding«. Dementsprechend entstand Mirkos Bike, das wir euch im Anschluss zeigen, im Werkstattteil seines Bunkers. Hier hat er die nötigsten Utensilien versammelt, arbeitet im Low-, lieber noch im No-Budget-Bereich.

Show me your Garage, äh, your Sofaecke

Neben Fahrzeugen baut er an allem Möglichen, versteht sich als Künstler, Hauptsache anders ist zum Lebensmotto geworden. Damit die Werkstatt zumindest ein bisschen wohnlich ist, gibt es eine Sofaecke, hier ist jeder willkommen. Nur Leuten, die hier und da mal ein Werkzeug mitgehen lassen, ist ein Riegel vorgeschoben.

Für das Videogeräte steht eine kleine, feine Sammlung in Regal parat

Sein Eigentum schützt der Autodidakt mit einzelnen Schränken und Kämmerchen, die er gebaut hat und in denen alles sicher verstaut ist, »ein bisschen wie in einer alten Goldgräbersiedlung«. Über Leute, mit denen er zusammen schrauben oder basteln darf, freut er sich trotzdem immer.

Die Werkstatt ist fertig – jetzt geht es langsam an den Wohnraum

Neben dem Werkstattpart ist außerdem der Ausbau des Bunkers noch lange nicht beendet, in der zweiten Hälfte soll Wohnraum entstehen. Nachdem man Mirko seinen Pick-up angezündet hat und er auf den Kosten dafür sitzenblieb, ist die Kohle allerdings knapp. Momentan wohnt er im Wohnwagen draußen vor der Tür. Vielleicht aber kommt auch alles ganz anders.

Aus den Tiefen des Bunkers, und es wurde Licht. Wozu der Käfig da ist wird in unserem Magazin nicht verraten

»Momentan ist ein Lowbudget-Bagger mit Beiwagen auf Basis einer Yamaha XVS 1100 geplant«, erzählt Mirko, »zusätzlich möchte ich einen Kleintransporter umbauen und mit dem fertigen Moped auf ’nem Hänger hinten dran, mit Hund, Sack und Pack durch Europa reisen. Das komplettea Gespann bekommt meinen Endzeitstyle verpasst und wird genauso verrückt wie mein anderes Moped.«

Leben innerhalb der Gesellschaft, aber außerhalb der Norm

Als Außenseiter sieht sich Mirko trotz allem nicht, vielmehr als das Gegenteil. »Eigentlich möchte ich mittenrein in die Gesellschaft und Aufmerksamkeit bekommen. Ich möchte zeigen, dass man auch anders leben kann als allgemein vorgegeben. Selber was schaffen, das ist mein Ding.«

Instagram: oh_83  |  Mail: mohs.bunker@gmail.com

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.