Michael Schönen ist als Lackierer und Pinstriper mit seiner Firma Lackmuss fest in der Customszene etabliert. Dass dabei nicht alles immer einfach ist, bekommt er öfter als ihm lieb ist zu spüren.

Ein Pärchen Berliner Alublinker für 200 Euro, italienische Edelspiegel für 170 Euro das Stück, die verstellbare Auspuffanlage für 2.000 Euro und sonstiges Luxuszeug sind immer schnell bestellt. Für das eigene Custombike ist oftmals kein Betrag zu hoch, so kommen hurtig ein paar tausend Talerchen zusammen. Wohl wissend, dass die Teile der Rizomas, motogadgets oder Thunderbikes dieser Welt in ungezählter Menge über den ganzen Globus verkauft werden und beim Szenetreffen dutzende Zubehörklone um Aufmerksamkeit buhlen.

Was eine Lackierung kostet, kann man pauschal eben nicht sagen

Den feinen Unterschied zwischen teurem Werkstattunfall oder exklusivem Edelumbau macht dann die Lackierung. Und hier fängt meine Leidensgeschichte als Macher individueller Lackierungen an: Die Preise für einen Blinker, Spiegel oder eben die Endtöpfe sind mit zwei Mausklicks zu erfahren und dadurch »nachvollziehbar«. Doch auf die Frage: »Was kostet denn eine Lackierung?«, kann ich nur eine unbefriedigende Antwort geben: Nämlich die Gegenfrage, was genau ihr denn lackiert haben möchtet.

Schnappatmung ob des vermeintlichen Wuchers

Unser weiteres Gespräch über eure Wünsche ergibt dann schnell mal 1.500 Euro für eine komplette Lackierung und ich reiche die Sauerstoffmaske: Es beginnt doch schnell die Schnappatmung ob des vermeintlichen Wuchers, da die Dose Lack im Baumarkt fünf Euro kostet. Doch ich verkaufe ja gar keinen Lack auf dem Blech, der gehört dazu. Bezahlt werden gestaltete, realisierte Wünsche und Träume, mein künstlerischer Sinn, mein Können und mein Wissen um Methoden und vor allem die große Erfahrung, wie euer Bike anschließend auf den Betrachter wirken wird.

Lackmuss: Seit knapp 30 Jahren Custom-Paintjobs

Seit 1992 mache ich nun Customjobs und weiß, wie Material und Farbe miteinander reagieren und harmonieren. Ein Beispiel was das Finanzielle angeht: Als ich für die Kollegen der ROADSTER ein Showbike lackiert habe, standen am Schluss knapp 2.000 Euro auf der Rechnung, abzüglich Material für 300 Euro, geteilt durch 30 Arbeitsstunden ergibt das meinen Stundenlohn – brutto natürlich.

Diese Ducati Monster hat Michael vor einigen Jahren für unser Schwestermagazin ROADSTER veredelt

Klingt üppig, doch als Selbstständiger muss ich alles selbst zahlen: Versicherungen, Pacht für die Werkstatt und die ganzen Nebengeräusche, wie Krankenkasse und Rente. Und zurücklegen für schlechte Zeiten, also den Sommer, muss ich auch noch was, denn Customjobs sind Saisonarbeiten. In unserer Szene ist das leider normal, denn es geht ja nicht nur uns Lackern so, fragt mal den Sattler, Blecher oder Fräser, die auch hochspezialisierte Maßanfertigungen bieten. Reich wird keiner, aber wir lieben diese spezielle Welt zu sehr, um etwas anderes machen zu wollen.

Ein guter Paintjob gibt eurem Moped Gesicht, Seele und Charakter

Und hier, liebe Schrauberfreunde, kommt der mahnende Zeigefinger: Ein guter Paintjob gibt eurem Moped Gesicht, Seele und Charakter. Lack löst Gefühle beim Betrachter aus, gibt Form und Proportion, kann aus eurem Moped ein völlig anderes machen. Das schafft keine Auspuffanlage oder ein teurer Blinker. Also honoriert die Künstler, die eurem Umbau die Kirsche auf die Sahne setzen, sonst müsst ihr bald wirklich selbst mit der Lackdose, der Fünfachs-Fräse, dem Treibhammer, der Nähmaschine oder dem Schweißgerät ran.

Info | lackmuss.de

 

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