Hans-Joachim Maier kennt die Fahrzeugszene aus zwei Blickwinkeln, der hauptberufliche Automobildesigner hat nämlich auch einen Hang zu zweirädrigen Eigenbauten. Er hat uns was zum Thema »Zukunftsdesign« zu erzählen.

Designzukunft ist für mich deutlich weiter weg als kommende Designtrends – und selbst die lassen sich schon nur bedingt vorhersagen oder gar aktiv steuern. Klar, nach rund kommt eckig. Und dann wieder irgendwann rund, aber anders rund als vorher. Wir reden aber beim Motorrad nicht von Styling im Sinne von aufhübschen und gefällig machen. Motorraddesign ist ja deshalb so offen und ehrlich, weil es um die nackten Tatsachen geht und nicht um eine geschmäcklerische Verpackung. Technik pur eben: Ein Motor, zwei Räder, ein bisschen Fahrwerk und was man sonst noch so zum Bedienen braucht. Und das in den üblichen Geschmacksrichtungen. Von flach und schnell bis zu aufrecht und entspannt. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben. Was sich ändern wird, sind die Antriebskonzepte. 

»In Sachen Emotionalität in der Liga der Haushaltsgeräte«

Die Verbrenner werden aufgrund verschiedenster Anforderungen technisch noch weiter ausgereizt und komplexer werden. Da wird ein schlichtes, aufgeräumtes Design zur Herausforderung. Und wir wollen ja die ganzen Sensoren, Steuer- und Regelungssysteme nicht einfach nur hübsch verpacken. Da sind die Elektrobikes in Sachen Antriebskonzept von Natur aus deutlich weniger komplex. E-Motor, Akku und ein wenig Elektronik. Hier könnte man sich gestalterisch also lösen von den Designs der Verbrenner. Frei nach »form follows function« lässt sich hier das sauber aufs Wesentliche reduzierte Gestaltungsprinzip umsetzen, das wir an unseren Klassikern so schätzen. Aus der heutigen Warte heraus betrachtet sind Elektromotoren und Akkus nun wirklich nicht sonderlich attraktiv und sexy, das spielt in Sachen Emotionalität optisch und akustisch in der Liga der Haushaltsgeräte.

Da schau her, eine Harley-Davidson LiveWire, also ein vollelektrisches Motorrad, im Clubstyle. Das ist schon emotionaler als ein Staubsauger, oder? Ein Portrait der »ClubWire« gibt’s übrigens in DREAM-MACHINES 02-23

Und wer will schon mit dem Staubsauger aufs Glemseck? Aber auch diese Stimmung wird sich entspannen, denn nicht nur die Produkte ändern sich, auch die Käufer und Benutzer von morgen haben neue Erwartungen und Ziele, anders als wir alten Kühlrippen- und Vergaser-Anbeter. Grundsätzlich wird wohl immer für jeden was dabei sein, zumal die mögliche und machbare Individualisierung ab Werk weiter ausgebaut werden wird. Und die individuelle, aktive und begeisternde Art der Fortbewegung wird sich vielleicht noch weiter von den sonstigen »Nur«-Verkehrsmitteln abheben. Demzufolge könnte die Bandbreite im Motorraddesign größer und vielfältiger werden und hoffentlich viele potentielle Fahrer begeistern.

Wäre auch schön, denn wir wollen ja gerne weiterhin kontrovers diskutieren, was denn nun »das einzig Wahre« ist. 

Redaktion
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