Eine schwäbische Firma schrieb deutsche Choppergeschichte. CPO hatte die ersten TÜV-geprüften vorverlegten Fußrastenanlagen, bot eintragungsfähige lange Gabeln an, war mit einem zulassungsfähigen Starrrahmen für Harleys am Markt und konnte mit Lenkergutachten für echte Apehanger locken … eine Zeitreise.

Wenn wir uns fragen, wer in Deutschland zu den Vorreitern des legalen Chopperbaus zählt, kommt neben AME sofort auch CPO ins Spiel. CPO, das stand Anfangs für Cycle-Products Oferdingen. Das schwäbische Oferdingen nahe Reutlingen war nämlich seit 1976 die Brutstätte, das Epizentrum des schwäbischen Chopperbaus. Anfangs waren es acht Mann, die zusammen schraubten und feierten. 1980 im Oktober kam es zur rechtlichen Gründung der GmbH. Schwerpunkt war die mechanische Werkstatt, in der Zubehörteile für Chopper produziert wurden.

In einem kleinen Laden im schwäbischen Oferdingen begann 1976 die Geschichte von CPO – hier ein Bild vom Sommer 1979

Was nebenberuflich begann, änderte sich mit der steigenden Nachfrage nach Chopperteilen rapide. So fing einer nach dem anderen »fest« bei CPO an. Alles, was zum Chopperbau nötig ist, wie das Polieren, Verchromen, Speziallackierung, der Sitzbankbau, Gabel- und Lenkerherstellung sollte der Kunde nun hier in einem Haus erledigt bekommen. Durch die mögliche Montage der Teile vor Ort und mit einer abschließenden TÜV-Abnahme, wurde dem Kunden ein perfektes Paket geschnürt. Doch TÜV-Einzelabnahmen waren eine teure Angelegenheit, Komplettaufbauten ebenso. Bei den meisten Chopperjüngern saß das Geld nicht so locker.

Beim TÜV galten Chopperteile als unsinnig

Chopper-Tanks waren im Juni 1981 die ersten geprüften CPO-Produkte mit TÜV-Attest, die über die Ladentheke gingen. Nach und nach wurden dann auch andere Teile mit Gutachten angeboten und verkauft. Besonders die langen Gabeln waren im Fokus. Ein Riesenproblem war die Legalisierung von längeren Standrohren und den damit zusammenhängenden Tests auf Festigkeit und Fahrbarkeit der Motorräder. Beim TÜV galten Chopperteile als unsinnig, viele Vorurteile mussten ausgeräumt werden. Zähen Gesprächen folgten Materialprüfungen und Tests, wie es sie bis dahin für Motorradzubehörteile kaum gab. CPO konnte im August 1981, noch vor AME, die erste TÜV-geprüfte vorverlegte Fußrastenanlage für Harley-Davidson und Yamaha vorweisen. Daneben bemühte sich die Firma, für viele Marken und Modelle TÜV-Gutachten für dicke Hinterräder erstellen zu lassen. Außerdem waren originale Harley-Davidson-Starrrahmen aus den Vierziger- und Fünfzigerjahren schwer gesucht. Es galt, eine Alternative zu den teilweise doch qualitativ schlechten, alten Harley-Davidson Rahmen zu bieten.

Einer von 18 CPO-Starrrahmen

Schon im April 1981 hatte die Firma Road Worx eine Anzeige für ihren neuen, »Sub Shock« genannten Rahmen geschaltet. Road Worx hatte einen Rahmen in Starrrahmen-Optik, aber mit versteckter Federung entwickelt. CPO trat in Kontakt, doch noch vor dem Ausliefern der ersten Rahmen aus den USA, die hier geprüft werden sollten, war das Patent von einer damals nicht genannten Firma übernommen worden – und somit eine Lieferung dieser Rahmen gestoppt. Mit dem Modelljahr 1984 brachte Harley-Davidson ein »Softail«-Modell auf den Markt, dessen Rahmen dem von Road Worx wie ein Ei dem anderen glich. Im Winter 1981/82 folgte bei CPO der fällige Umzug nach Kirchentellinsfurt bei Tübingen. Fabrikation und Verkauf fanden nun in einer geräumigeren Wellblech-Lagerhalle Platz.

Deutsche Choppergeschichte: Die TÜV-Obmänner blieben damals hart

Schon im März 1982 war der erste Teilekatalog erschienen und CPO hatte vom Kraftfahrt-Bundesamt eine Fahrzeugherstellernummer erhalten. Somit war es möglich, ein zum Chopper umgebautes Motorrad (mit CPO als Hersteller im Fahrzeugbrief) zuzulassen. »Jetzt musste erst recht ein Starrrahmen her, hier hatten wir den Vorteil, dass unsere Typ-Prüfstelle in Stuttgart nicht grundsätzlich nein sagte und die Sache rein an der prüftechnischen Durchführbarkeit und den resultierenden Ergebnissen festmachte«, kommentiert Geschäftsführer Rolf Schietinger die Bestrebungen von CPO in den frühen Achtzigerjahren. Ursprünglich hatte man zusammen mit Krafft Harley-Davidson in Ludwigshafen diese Starrrahmen bauen wollen. Differenzen bezüglich des Designs hatten allerdings zur separaten Entwicklung geführt. Der positive Ausgang der Prüfungen führte letztlich zur Fertigung von insgesamt 18 CPO-Starrrahmenkits. Und auch in Ludwigshafen gab es für kurze Zeit Starrrahmen mit Zulassung. Doch der TÜV-Südwest war generell gegen einen technischen Rückschritt, wie er ihn in ungefederten Fahrwerken sah. Die TÜV-Obmänner blieben damals hart: Keine weiteren Zubehörrahmen ohne Federung! Erst die zunehmende Europäisierung zerschlug Jahre später dieses TÜV-Embargo wieder.

Mitgründer und heutiger CPO-Chef Rolf Schietinger auf seinem Shovelhead-Chopper

CPO war inzwischen einer von 31 Harley-Davidson Vertragshändlern.

Das gab zwar für die Zukunft die Richtung vor, man entwickelte aber trotzdem weiterhin Chopperparts, wie Rahmenheckteile, Lenkerhalter, Luftfilter und Kastenschwingen mit Gutachten. Kontakte zu anderen Chopperbauern hatten unter anderem zu den Bike Weekends in Neckartenzlingen und den legendären »Honky Tonk Bike Shows« geführt. Die Vielfalt der Motorradmarken im Custombereich verschob sich nun deutlich in Richtung Harley-Davidson, ohne dabei einen Umsatzrückgang zu hinterlassen. Hier zeigte sich der allgemeine Wandel in der Szene auch bei CPO. Bis Ende 1989 wurden auch Speziallackierungen angeboten. Beim erneuten Umzug, nun nach Neckartenzlingen, fiel dieser Geschäftszweig weg. Mittlerweile waren noch drei der acht Gründungsmitglieder in der Firma tätig: Rolf Schietinger, Reinhold »Kuno« Kühner und Joachim »Yogi« Ruider stellten gleichzeitig die Inhaber dar.

1996 wird CPO einer der ersten Buell-Vertragshändler

Harley-Davidson bestimmte zu einem Großteil mit, wie sich die Firma weiterzuentwickeln hatte. »1991 wurde der Laden umgebaut und gleichzeitig Platz für die Harley-Davidson Bekleidungspräsentation geschaffen«, so schildert Rolf Schietinger, wie sich die Firma dem allgemeinen Diktat beugte, dem sich alle Harley-Davidson Händler zu fügen hatten. »Im Spätjahr 1995 wurde der Laden dann vergrößert und mit dem Harley-Davidson Ladenbausystem ergänzt.« Die Ladengrundfläche betrug nun 116 Quadratmeter und war im erhöhten Bereich von einer 30 Meter langen, umlaufenden Empore überragt. 1996 wird CPO einer der ersten Vertragshändler der Marke Buell und erweitert zum 1. Mai des Folgejahres die Ausstellungsräume um nochmals etwa 200 Quadratmeter. Natürlich waren Harley-Davidson Mietmotorräder nun auch bei CPO zu chartern und eine eigene Homepage war wichtig geworden – schöne, neue Welt.

Save the Choppers: NSU-Konsul-Umbau von CPO

Wie geht die deutsche Choppergeschichte weiter?

Ende 2009 wird von Harley-Davidson die Vertragshändlerschaft gekündigt. CPO war dem Wunsch Harley-Davidsons, sich zum Glaspalasthändler weiterzuentwickeln, nicht nachgekommen. Nach 28 Jahren Harley-Davidson- und 13 Jahren Buell-Vertretung war Schluss. Es folgten fünf Jahre als offizieller Victory-Vertragshändler bevor im März 2014 erneut umgezogenwurde – allerdings nur drei Häuser weiter, auf die andere Straßenseite. Von den drei Teilhabern ist nur noch Rolf Schietinger aktiv. Yogi und Kuno sind schon längere Zeit durch Krankheit außer Gefecht gesetzt. Bedingt durch nicht zu ersetzende Personalverluste wurde die Firma dauerhaft verkleinert. Mit dem Umzug ins ehemalige »Winterlager« in der Robert Bosch Str. 8/1 und damit Komprimierung auf ein Drittel der vormaligen Größe wurde auf Werkstattleistung, Eigenprodukte und Internethandel umgestellt. Es gibt seither keine speziellen Verkauf/Austellungssräume mehr.

Doch das Thema Chopperteile ist wieder aktuell. Anfragen von Leuten, die Chopper im alten Stil aufbauen möchten, häufen sich – die deutsche Choppergeschichte geht also weiter. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch zum Vierzigsten!

Info | cpo-bikes.de

 

 

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.