1969 kam mit Easy Rider ein Film in die Kinos, wie man ihn bis dato nicht kannte. Über Nacht hatte er Kultstatus. Heute ist er das Roadmovie der 1960er. Doch wie kam es dazu? Wer waren die Drahtzieher? Wer hat die legendären Chopper erschaffen und warum wurde gerade Letzteres jahrzehntelang verschwiegen? »Save the Choppers!«-Autor Horst Heiler ist in die Entstehungsgeschichte eingetaucht, entwirrt uns die wilden Ranken um Herkunft von Film, Filmmotorrädern und Mythen.

»IF YOU remember the ’60s, you really weren’t there!« Gemeint ist das Flower-Power-Jahrzehnt in Kalifornien, als Hippies das Leben in alternativen Kommunen erprobten und »in« sein mit bewusstseinserweiternden Drogen und freier, tabuloser Liebe zu tun hatte. Normalität, Sicherheit, Bürgerlichkeit? Nein! Niemand wollte so sein wie seine Eltern! Hip sein drückte sich in bunten, verrückten Klamotten aus. Wild umgebaute Autos und Motorräder waren historisch gewachsen, der Trend schien nahe am Höhepunkt. Aber es war auch eine Dekade, in der Rassismus zu Bürgerrechtsbewegungen und blutig niedergeschlagenen Aufständen führte. Die schwarze Bevölkerung, der das Wahlrecht und Gleichberechtigung in vielen Belangen des täglichen Lebens versagt war, ging jetzt für mehr Rechte auf die Straße. Hinzu kamen Anti-Vietnamkrieg-Demonstrationen. Gespaltene Meinungen zum Krieg zogen Risse quer durch Familien und Bevölkerungsschichten. Trotzdem schickten Schwarze wie Weiße voller Nationalstolz weiterhin ihre Söhne in den Krieg. Söhne, denen an der Front von offizieller Seite und zur Verbesserung der Kampfkraft Drogen verabreicht wurden. 

Filme und Veröffentlichungen in Büchern beschäftigten sich unter anderem mit der Entstehung des Films Easy Rider. Jesse James beleuchtete in seiner Dokumentation „The History of the Chopper“ die Wahrheit über die Bikes: Schwarze hatten die Chopper gebaut

Auf den Partys der jugendlichen High-Society, in der Musikszene wie im Filmbusiness waren Rauschmittel aller Art ohnehin nicht mehr wegzudenken. Kiffen und Härteres war – weil verboten – Ausdruck der Rebellion. Doch nichts davon spiegelte sich in Filmen oder Fernsehsendungen wider, die Zeit war also mehr als reif für das »Neue Hollywood«, das den Schleier der vorgegaukelten heilen Welt zerreißen sollte. Reif, die Realität des Volkes zu zeigen, mit seinen Problemen, mit seinen Kriegen. Viele gingen dafür auf die Straße, Wyatt und Billy befuhren sie. »Easy Rider« war ein Kind dieser Zeit. Und gerade weil ein Großteil der Filmaufnahmen unter dem Einfluss von Drogen entstand, wussten befragte Mitwirkende schon damals kaum, was wirklich geschehen war. Biografien und zahlreiche Interviews verdeutlichen das.

Easy Rider war ein Kind dieser Zeit

Es liegt an uns, die Erinnerungen Einzelner zu einem Ganzen zu verpacken. Den Machern des Dokumentarfilms »Easy Rider: Shaking The Cage« (1999) sagte Bill Hayward – Easy-Rider-Co-Produzent und Bruder von Dennis Hoppers damaliger Ehefrau Brooke – bezeichnenderweise: »Der ganze Film, die ganze Produktion, jeder hat davon seine eigene, unterschiedliche Story«. Wie Hayward, der sich 2008 mit 66 Jahren erschoss, leben viele dieser Zeitzeugen heute gar nicht mehr. Auch sie hatten zu Lebzeiten nur vage Erinnerungen oder wiederholten jahrzehntelang als Fakten gehandelte Unwahrheiten, die sie selbst erzählt bekommen hatten. Immer wieder versuchten sich Hartnäckige daran, aus alldem die wahren Begebenheiten herauszuarbeiten. 

»Wer hat diese Motorräder gebaut?«

Ein Jahr vor der oben genannten Dokumentation hatte der Autor Peter Biskind in seinem Buch »Easy Riders, Raging Bulls« aufgedröselt, wie die Sex-, Drugs- und Rock’n’Roll-Generation das kriselnde Hollywood rettete. Aber auch in Biskinds Buch blieb vieles spekulativ und die Frage »Wer baute überhaupt die Film-Chopper?«, die wurde gar nicht beantwortet. Doch hatten nicht diese Chopper – gleichwertig mit den Hauptdarstellern – auch Hauptrollen belegt? Nun, einen normalen Filmbesucher wird es wohl kaum interessieren, wer welche Requisiten hergestellt hat. Aber Biker, Customizer und wir haben schon das Verlangen zu wissen, wer diese Panhead-Chopper erbaut hat. Der eine, mit langer Gabel und extrahohem Apehanger, im Film gefahren vom 2019 verstorbenen Peter Fonda, genannt »Wyatt« alias »Captain America«. Und der andere, etwas dezenter gestylt mit T-Lenker und nur leicht verlängertem Frontend, auf dem Dennis Hopper im Film als Billy fuhr. Für viele war und ist die verchromte Sternenbanner-Harley der absolute Filmstar. Und weil sie auf ihrem Tank – wie Fonda hinten auf der Lederjacke – die Farben der amerikanischen Flagge trug, heißt diese Harley in den Folgejahren bei Fans nur noch »Captain America«. Die schlichtere, in Rot mit gelben Flammen lackiert, wird zum »Billy-Bike«. Doch die Frage blieb: »Wer hat diese Motorräder gebaut?«

Peter Fonda behauptete, er habe die Bikes designt

Dreißig Jahre nach Uraufführung des Films schrieb Peter Fonda in seinem biografischen Buch »Don’t tell Dad«, er selbst habe die Bikes designt und von Dan Haggerty bauen lassen. 2007 soll er dann in einem Interview gesagt haben, er habe die Bikes mit Hilfe von fünf Schwarzen aus Watts (ein sozialer Brennpunkt in Los Angeles in dem nahezu einhundert Prozent Afro-Amerikaner leben, Anm. der Redaktion) gebaut. Dennis Hopper hingegen sprach davon, dass er die Chopper von einem gewissen Cliff Vaughs hatte bauen lassen. Die Discovery-Channel-Doku »The History of the Chopper« (2006; zu Deutsch »Jesse James – Choppers of 69«) kam zum gleichen Ergebnis. Jesse James hatte sich bei seinen Recherchen auf ganz frühe Choppermagazine gestützt, in denen jener Cliff Vaughs sowie dessen Schraubermentor Ben Hardy als Erbauer benannt waren – und ja, beide waren von dunkler Hautfarbe! Ben Hardy war schon 1994 gestorben. Cliff »Soney« Vaughs dagegen konnte Jesse James auf seinem Boot in Ensenada, Mexiko, aufstöbern. Nach Vaughs Aussage hatte er damals die Arbeiten an den Bikes angefangen, viele Arbeitsschritte aber koordiniert durch Spezialisten durchführen lassen, als er feststellte, dass seine weiteren Tätigkeiten als Associated Producer mehr Zeit in Anspruch nahmen als gedacht. Doch der Reihe nach …

CAPTAIN AMERICA – Die einzige und echte … Der renommierte Chopper- Kenner und Fotograf Michael Lichter hat diesen Filmchopper für uns abgelichtet. Er fand die »Captain America« in der bemerkenswerten Sammlung des »National Motorcycle Museum, Anamosa, Iowa«. Es wird behauptet, dass dies der einzige überlebende Chopper aus dem Roadmovie ist. Dan Haggerty hatte ihn aus den Überbleibseln des am Filmende geschrotteten Motorrades wieder aufgebaut. Der Chopperbauer, der im Film eine Nebenrolle als Hippie spielte, war mit dem Stuntman und Easy-Rider-Bike-Wrangler Gary Littlejohn gut bekannt, der zusammen mit Tex Hall auch bei den Schlussstunts dabei war. So konnte Haggerty an die Reste des damals wertlosen, weil zerstörten Choppers kommen. Noch bevor der Film am Start war, hatte er die Captain America komplett wiederaufgebaut. Er konnte sie Jahre später – mit Unterschrift und einem Echtheitszertifikat von Peter Fonda versehen – für sehr viel Geld verkaufen. Nicht nachvollziehbar ist, ob Haggerty Teile des gestohlenen Back-up-Captain- America-Choppers auftreiben konnte und mit denen auch das echte Captain-America-Film-Double wiederbelebte.

Cliff Vaughs kam im Sommer 1966 erstmalig mit Peter Fonda in Berührung. Er war damals im News Department des Radiosenders KRLA beschäftigt und sollte über Peter, den Sohn des Hollywoodstars Henry Fonda, berichten, der wegen Besitzes von Marihuana vor Gericht stand. Im Verlauf des Interviews kam die Rede auf ihr beiderseitiges Motorradhobby. Peter gefiel Cliffs Leidenschaft für das Designen und Aufbauen von Choppern. Als sie dann auch noch feststellten, dass sie beide in West Hollywood wohnten, soll Cliff ihn mit den Worten: » … ich bin üblicherweise im Hinterhof zu finden, mein Hobby genießen«, auf einen Besuch eingeladen haben. Einige Tage nach der Gerichtsverhandlung nahm Peter Fonda die Einladung Cliff Vaughs an. Er hatte den extrem bekifft wirkenden Dennis Hopper im Schlepptau und erzählte von seinen Plänen für eine Art moderner Western: Sex, Drugs and Crime beim Ritt durch die Staaten – allerdings mit gechoppten Motorrädern anstatt Pferden. Alles andere war noch offen, aber laut Vaughs soll Hopper mit ungebändigtem Redefluss das Gespräch dominiert haben … obwohl er eigentlich keinen Bikerfilm mehr drehen wollte.

Easy Rider – Ein Bikermovie ohne prügelnde Rocker

Fonda und Hopper besuchten Vaughs immer wieder. Die Treffen in Vaughs Wohnung waren reines Brainstorming zum geplanten Film. Der sollte letztlich um zwei Chopper fahrende Freunde gehen, die durch Amerika reisten und nach Abenteuer und Freiheit suchten. Dennis hatte vor, mit dem Film »Kunst« zu machen, er selbst und Fonda sollten die Hauptrollen spielen. Und auch wenn es schon wieder ein Bikermovie werden sollte, so wollten sie diesmal wenigstens keine prügelnden Hardcore-Rocker darstellen, wie vorher in den Filmen von Roger Corman. Eher wollten sie Freigeister sein, die sich über Gesetze hinweg einen neuen Weg in der Gesellschaft suchten. Dazu geil umgebaute Motorräder und Drogen …  ja, das war es, was die jüngere Generation ins Kino ziehen sollte. Als Filmtitel war zunächst »The Loners« vorgesehen. Sozialkritik war angedacht und Vaughs brachte seine besonders negativen Erlebnisse in den Südstaaten zur Sprache. 

BILLY BIKE – Michael Lichter fand diese Billy-Bike-Replika im Besitz von Joe Teresi, dem Gründer von Paisano Publication. Sie war als eine der vielen Repliken der Chopper, die Dennis Hopper und Peter Fonda in Easy Rider fuhren, in den 1980er Jahren bei den US-National-Easyriders-Rodeo-Circuit -eranstaltungen unterwegs und auch danach noch auf Bikeshows gezeigt. Authentizität war beim Aufbau dieser Harley-Davidson-Panheads zwar angepeilt, aber tatsächlich nicht gefragt. Sie wurden unter der Aufsicht von EZ Winarsky speziell für die Rodeos gebaut. Kritiker bemängeln bei diesem Billy-Bike-Exemplar den falschen Lenker, den zu kurzen Tank, den falschen Luftfilter, die zu hoch angebrachte und falsche Vorderlampe sowie das Fehlen des nach unten gerichteten Bates-Lampenhalters. Die originale Halter-Lampe-Kombination, wie sie baugleich auch an der Captain America zu finden war, hatte schon damals viele Design-Ästheten gestört.

Zum Thema Vietnam will Vaughs die Idee zum Comic-Held »Captain America« mit eingebracht haben. Denn seit die Captain-America-Comics im Marvel Verlag erschienen, gab sich der Comic-Held kritisch hinsichtlich des Krieges und anderer Sozialthemen, die man auch in »The Loners« thematisiert sehen wollte. In frühen Marvel-Ausgaben hatte dem Held ein Mitstreiter namens Bucky beigestanden. Die Namen »Captain America« und »Bucky« hätten also auch für die Filmhelden gepasst. Und weil der Trip der beiden mit einem Kokain-Drogendeal starten sollte, will Vaughs vorgeschlagen haben, den Film »Easy Rider« zu nennen.

»I wonder where my Easy Rider’s gone«

Soney betonte immer wieder, er habe einen Wandteppich gehabt, auf dem der Mae-West-Songtitel »I wonder where my Easy Rider’s gone« stand. Susan Mansour, eine seiner früheren Freundinnen, hatte ihm den Teppich geschenkt und der Spruch darauf war als Anspielung für Soney gedacht, denn als »Easy Rider« wird einer tituliert, der vom Geld einer Frau lebt. Doch um der Entwicklung etwas vorzugreifen: Erst als Peter Fonda den bekannten Skriptschreiber Terry Southern ins Boot holte, schaffte dieser es, den beiden Schauspielern den Sinn des Begriffes »Easy Rider« zu erklären und ihn in Bezug zu der sich – immer noch – in der Entwicklung befindlichen Filmidee zu bringen: Wenn die zwei schon von Lady Kokain lebten, dann war also jeder von ihnen ein »Easy Rider«!

Bei Raybert Productions war es auch nicht anstößig, wenn sie kifften

In Cliff Vaughs Haus waren sich die drei schließlich einig. Fonda und Hopper wollten ihre Beziehungen spielen lassen, um das Interesse von Geldgebern zu wecken. Fonda sah sich als Ideengeber und Produzent. Er versprach Hopper die Regieführung. Vaughs wurde zum teilhabenden Produzenten und als dieser sollte er sich um die Bikes kümmern. Das hieß für ihn: Die Panheads besorgen, das Aussehen der Chopper für den Film entwickeln und sie bauen. Später auch die Kostüme für Captain America und Bucky entwerfen. Inwieweit Peter Fonda die Entwürfe für die Bikes und auch das Design der Kostüme beeinflusste, bleibt unklar. Wie Cliff Vaughs, schrieb auch Fonda sich dies später selbst zu. So gingen Fonda und Hopper mit ihrer Filmidee hausieren. Doch erst bei den vergleichsweise jungen Leuten von Raybert Productions fanden sie Gehör. Hier war es auch nicht anstößig, wenn sie Marihuana rauchten. Im Gegenteil, hier lag immer was bereit. Und hier bekamen sie auch gleich Arbeit im Roger-Corman-Film »The Trip« vermittelt, wo es um die Erfahrungen mit LSD gehen sollte. Raybert Productions, das waren vorrangig Bob Rafelson und Bert Schneider. 

Schneider, dem die Idee zu »The Loners/Easy Rider« gefiel, wollte den Film mit Geld aus der hauseigenen Erfolgsserie »The Monkees« finanzieren. Er wurde zum Executive Producer und konnte durch seine Beziehungen den wichtigen Filmverleih über die ansonsten sehr konservativ agierenden Columbia Pictures einfädeln. In der Zwischenzeit kümmerte sich Cliff Vaughs um die Motorräder und holte seinen Freund und Mentor Ben Hardy an Bord. Für die Filmchopper kauften sie Panhead-Harleys vom Los Angeles Police Department und Ben Hardy überarbeitete Motoren und Getriebe. 

Der Easy-Rider-Collectibles-Sammler und -Spezialist Jim Leonard besitzt ein Foto, das Peter Fonda auf einem Chopper zeigt, der zwar schon einen verchromten Rahmen und Sternenbanner-Tank hatte, aber – nach Vaughs Ansicht – insgesamt zu brav wirkte. Der Chopper, den Captain America fahren sollte, musste wesentlich radikaler werden. Das Design beider Filmmotorräder lehnte sich zunächst an den Look an, den die schwarzen Biker im Süden von Los Angeles ihren Choppern gaben. Das Bike für Bucky (später Billy) entsprach letztendlich in allen Details diesem Stil, und für Dennis Hoppers Fahrkünste war die technische Ausführung seines Choppers schon Herausforderung genug. Aber das Bike für den motorraderfahrenen Fonda sollte mehr Rake, eine längere Gabel und eine extrahohe Sissybar bekommen. 

Vaughs hatte im Auftrag Fondas eine 1950er Panhead, zwei 1951er Modelle und eine 1952er Panhead besorgt und mit den Umbauten angefangen. Doch er kam in Zeitnot. Denn wie viele, die ein Motorrad umbauen, beanspruchte auch Vaughs Hilfe von Spezialisten, die bestimmte Außer-Haus-Arbeiten auszuführen hatten und die dafür eben ihre Zeit brauchten. Rahmenänderungen ließ Vaughs von »Buchanan’s« erledigen. Die arbeiteten akkurat mit Rahmenlehre. Die Polsterarbeit machte ihm Larry Hooper. Die Verchromungen führte »Van Nuys Plating« aus und für die Lackierungen kam niemand anderes als Dean Lanza in Frage. Der legendäre Customizer mit italienischen Wurzeln war nach Aussage seines Sohnes auch Ben Hardys Shopvermieter.

Lanzas eigene Werkstatt war in Gardena zu finden, in einem Mittelstandsstadtviertel, in dem vorrangig Weiße lebten. Lanza bekam als Vorlage einen bereits vorhandenen Tank mit Stars-and-Stripes-Lackierung. Doch er verbesserte das grobe Layout der Sterne und Streifen für den Mustang-Tank von Fondas Filmbike. Mustang-Tanks waren als Alternative zu den kleinen Tanks der Sportster und bei Chopperbauern beliebt. Sie kamen zu der Zeit noch nicht aus dem Katalog, sondern stammten von einem 500-ccm-Einzylinder-Minimotorrad der Marke Mustang (gebaut von 1946–1965). Paintjobs waren Dean Lanzas Hauptgeschäft. Aber zu seinen weiteren Spezialitäten zählte es, Blechteile so abzuändern, dass sie aus der Masse herausstachen. Bei den Mustang-Tanks für die Easy-Rider-Chopper hieß das, sie zu schmälern und zudem den Einfüllstutzen am Tank mittig anzubringen. 

In der Eile nahmen sie einen schon existierenden Starrrahmen

Dennis Hopper tobte, weil ihm die Arbeiten an den Choppern nicht schnell genug gingen. Er brauchte was zum Vorzeigen, wollte aber jeden Chopper auch – als Backup zur Sicherheit – doppelt haben. Also entstanden zunächst zwei Bikes, um später – überwiegend unter Marcus’ Regie – nahezu identische Zwillinge nachzuschieben. Vaughs’ Kumpel Larry Marcus hatte schon beim Komplettieren der ersten zwei Bikes mitgeholfen. In der Eile nahmen sie einen schon existierenden, verchromten Starrrahmen mit Serienlenkkopf für die Captain America her, der nachträglich entsprechend der neuen Vorgaben gereckt wurde. Den umgeschweißten Lenkkopfbereich hatten sie – damit es schneller geht – silbern nachlackiert. 

Hopper benahm sich wie ein cholerischer Alleinregent

Bert Schneider schickte Hopper & Co. mit 40.000 Dollar Vorschuss auf die Straße. Die Crew sollte zuerst nach New Orleans fahren, um die Mardi-Gras-Szenen zu drehen. Danach wollte Schneider – entsprechend der Qualität des mitgebrachten Materials – entscheiden, ob er die Restfinanzierung übernehmen würde oder nicht. Hopper nahm die Herausforderung an. Dass er dafür noch keine Chopper zur Hand hatte, stank ihm gewaltig, auch in seiner Funktion als Regisseur. Laut Cliff Vaughs war sein »Chosen Few MC« in die Handlung des Films eingebaut, doch zum Dreh mit dem MC kam es nicht mehr. Hopper benahm sich als Filmdirektor wie ein cholerischer Alleinregent und schmetterte Vorschläge, Ratschläge und abweichende Meinungen seiner Mitarbeiter ungehört ab. Als Vaughs wieder einmal mit dem aufgebrachten Dennis Hopper zusammenrasselte, kam es zum Eklat: Ein Teil der bisherigen Filmcrew – auch Vaughs – wurde gefeuert, einige gingen von allein! Hopper war Chef, alle anderen Sklaven – Fonda nicht ausgenommen.

In einer der Szenen, die auf einem von New Orleans’ Friedhöfen gedreht wurden, soll dann Hopper Peter Fonda – beide standen unter Drogeneinfluss – gezwungen haben, sich an eine Madonnenstatue zu klammern und seine durch Suizid gestorbene Mutter wimmernd anzuklagen: »Oh Mutter, warum hast du mir nichts gesagt? Warum hat mir keiner was gesagt? Warum hast du mir das angetan? Wie konntest du mich dazu bringen, dich zu hassen? Oh Gott, wie ich dich hasse! Ich will, dass du mich liebst! Ich will, dass du meine Hand hältst! Ich hasse dich so sehr.« Der mit einem schweren Mutterkomplex behaftete Schauspieler quetschte abschließend noch ein »Du bist eine so blöde Mutter, oh Gott, wie ich dich hasse!« hervor. Die Szene war im Kasten und Hopper ließ sich durch nichts davon abbringen, sie im Film auch zu verwenden! Dieser Vorfall markierte den Bruch in der Freundschaft zwischen Peter und Dennis. Fonda bezeichnete die Mardi-Gras-Aufnahmen als grottenschlecht, hatte sogar vor, Hopper als Direktor zu feuern, doch Geldgeber Bert Schneider intervenierte, sah großes Potenzial im gefilmten Material. Es war auch Schneider, der die Kaution zahlte, um Hopper aus dem Knast auszulösen, weil der verkommen aussehende Regisseur zwischenzeitlich in eine Verkehrskontrolle gekommen war und dabei einen Joint aus dem Auto geworfen haben soll.

Vermutlich gab es bis dahin noch nicht einmal ein Drehbuch

Schneider hatte für Columbia jetzt generell die Zügel in der Herstellung zu führen, und er bestimmte zur Aufsicht Paul Lewis als Production-Manager. Verschiedene Quellen geben der Vermutung Gewicht, dass es bis dahin noch nicht einmal ein Drehbuch gegeben haben dürfte. Fonda, der in seiner Biografie angab, er habe die Filmstory im Oktober 1967 in Roscoff/Frankreich auf ein Band gesprochen, geriet in Bedrängnis. Er konnte sein Script-Tape nicht mehr finden. Dafür schleppte er Terry Southern an. Der namhafte Drehbuchautor war von der Story höchst begeistert und sagte zu, für minimale Bezahlung ein Drehbuch zu schreiben.

Handgreiflichkeiten zwischen Hopper und Fonda

Als Dennis Hopper von einer Location-Suche aus dem wilden Süden zurückkam, wo sie – so Hopper – zu der Zeit »Langhaarige gerne zum Spaß niederschlugen« und »… mit rostigen Rasierklingen scherten«, rastete er aus, weil immer noch kein Drehbuch existierte. Als er Fonda in einem Lokal mit Rip Torn, einem bekannten Westerndarsteller, und einigen Mädchen beim Feiern vorfand, endete das ganze in Handgreiflichkeiten zwischen den Männern. Rip Torn, der bis dahin eigentlich für die Rolle des Anwalts George Hanson vorgesehen war, wurde danach durch Bert Schneiders Kumpel Jack Nicholson ersetzt. 

Der ambitionierte Nicholson war nach der Schauspielschule auf Roger Corman getroffen, mit dem er etliche Filme drehte und für den er auch Drehbücher schrieb. So zum Beispiel für den Corman-Film »The Trip«, der die sexuellen Eskapaden eines Autors im LSD-Rausch beleuchtet – in der Hauptrolle Peter Fonda. Nach seiner Rolle im Rockerfilm »Hells Angels on Wheels« hatte Nicholson selbst das Image des aufsässigen Antihelden weg.

Das tödliche Ende erwies sich als der bessere Abschluss

Die Columbia-Pictures-Filmgesellschaft stellte die Weichen ab jetzt neu, endlich sollten Nägel mit Köpfen gemacht werden. Hopper gab später an, sich für zwei Wochen zurückgezogen und dabei endlich ein Skript zum Film geschrieben zu haben. Von Southern, den – so Hopper – man nur wegen seines Bekanntheitsgrades als Skriptschreiber neben Fonda und ihm listete, wäre kein Wort gewesen. Von Hoppers wie von Fondas Seite wurde Southern aber zumindest zugestanden, den Anstoß für die Umbenennung des Filmtitels in »Easy Rider« gegeben zu haben. Southern selbst reklamierte für sich aber ebenso, ein Drehbuch für den Film geschrieben zu haben und auch, auf die Idee gekommen zu sein, Billy und Wyatt am Ende sterben zu lassen. Ein Detail, das Fonda wiederum sich selbst zuschrieb. Auch die Inspiration durch Cliff Vaughs Erlebnisse darf dabei nicht ausgeschlossen werden. Ursprünglich war geplant, dass beide Chopperfahrer am Ende des Films Richtung Florida in den Sonnenuntergang reiten sollten. Oder sich dort gar ein Boot kaufen würden und mit diesem in den Sonnenuntergang fahren könnten. Aber das tödliche Ende erwies sich als der bessere Abschluss. 

Allzu viel Sozialkritik war nicht mehr erwünscht

Noch vor Ende der Drehs wurde die Story auf Herz und Nieren geprüft. Allzu viel Sozialkritik war hier jetzt nicht mehr erwünscht. Auch die Mitwirkung schwarzhäutiger Biker schien für einen Kassenerfolg wenig erfolgversprechend. So wurden die Szenen mit dem Chosen Few MC verworfen. Außer winkenden Menschen am Straßenrand sowie Musikern und Passanten während der Mardi-Gras-Parade sollten sich später keine Dunkelhäutigen mehr im Film finden. Zudem blieb die anfänglich geplante Kritik am Vietnamkrieg auf der Strecke wie auch die Namen der ComicHelden. So wurde aus »Captain America« nun »Wyatt« (Earp) und aus »Bucky» eben »Billy« (the Kid); gleichwohl Sinnbilder für die amerikanische Freiheit. Nur einmal wurde Fonda später im Film (in der Knastszene mit dem Anwalt Hanson) neckisch »Captain America« genannt. Somit war auch einem eventuellen Copyright-Rechtsstreit mit Marvel Comics vorgebeugt.

»Nick, nick, nick – Fire!«

In rekordverdächtigen sieben Wochen waren die restlichen Szenen abgedreht. Und das, obwohl der regieführende Hopper wie verrückt unzählige Aufnahmen von Brückenüberquerungen drehen ließ und der Schauspieler – der ja kein Biker war – den Chopper nach jeder Szene wieder auf dem Bike-Transporter haben wollte. Dafür und auch fürs Instandhalten und Ankicken der Harleys, waren laut Peter Fonda als Bike-Wrangler Ray White, Gary Littlejohn und Gypsy Bill zuständig. Gypsy Bill startete die Harleys gerne mit den Worten: »Nick, nick, nick – Fire!«, was Jack Nicholson teilweise in seinen Text mit einbaute.

Blowing in the Wind: Wenn du dich an die 60er Jahre erinnern kannst, warst du nicht dabei! Die Szenen an den Lagerfeuern sowie zahlreiche andere Aufnahmen sollen tatsächlich unter Drogeneinfluss entstanden sein

Die Schlussszene mit dem explodierenden Chopper war schon lange vor Drehschluss im Kasten, die Motorräder deswegen in der Scheune des Chefstuntmans Tex Hall untergestellt. Die Filmabschlussparty war bereits gelaufen, doch beim Sichten der einzelnen Aufnahmen fiel nun auf, dass noch eine zweite Lagerfeuerszene gebraucht wurde, die schlicht vergessen worden war. Dummerweise musste die Filmcrew bei der nachzudrehenden Szene ohne die Chopper auskommen: Die waren nämlich verschwunden, aus der Scheune gestohlen. Es musste auch ohne gehen. Aus dem gesamten gefilmten Material hatte Hopper, der dabei seine künstlerische Ader auslebte, am Ende einen Dreistunden-Film geschnitten. Columbia kürzte ihn anschließend – unter Hoppers Protest – auf kinoübliche neunzig Minuten.

»Die Bikes waren weg, bevor wir mit dem Filmen fertig waren«

Das Verschwinden seines Filmmotorrades kommentierte Fonda später in einem Interview: »(…) ein Captain-America-Bike war teilweise während des Drehs verbrannt und das andere gestohlen (…) aus Tex Halls Scheunengarage im Simi Valley, mit elf anderen Motorrädern (auch den zwei Billy-Bikes, Anm. der Red.), zwei Wochen bevor wir mit dem Filmen fertig waren.« Gerüchten zufolge hätten sich Mitglieder eines bekannten Onepercenter-MCs der Bikes bemächtigt, weil sie sich von Fonda in einem vorherigen Film übervorteilt sahen. Zu der Zeit des Diebstahls war der Film weder fertig, noch geschnitten und schon gar nicht veröffentlicht. Keiner konnte den Kassenerfolg des Films ahnen. Geschweige denn den Wert, den diese gestohlenen Filmbikes haben könnten. So ist davon auszugehen, dass die Diebe die Chopper schlicht ausgeschlachtet haben. Eine wilde Story kursiert über Tex Hall, den Stuntman, der wohl mit Waffengewalt überfallen und der Motorräder beraubt worden sein soll – und dem man nachsagt, er hätte gewusst, wer es war und hätte danach mit dem Maschinengewehr in deren Clubhaus nach Vergeltung gesucht. Wie dem auch sei: Dieser Tex Hall schien danach wie ein Geist verschwunden zu sein, um hin und wieder – bis 1971 – als Schauspieler oder Stuntman in Rockerfilmen aufzutauchen. Peter Fonda, den wir durch einen Mittelsmann kurz vor seinem Tod erreichen konnten, erzählte dass Hall zunächst nach Texas geflohen war, dann als Freigänger seine Schuld abbüßte und seine Arbeit wieder aufnahm. Wann genau und wie Tex Hall starb, konnte uns auch Fonda nicht sagen.

Als Watts-Aufruhr werden die schweren Ausschreitungen bezeichnet, die 1965 in Los Angeles im südlichen »schwarzen« Stadtteil Watts ausbrachen und innerhalb von sechs Tagen 34 Todesopfer sowie über tausend Verletzte forderten (rechts)

Mit Tex Hall, dem Mann, für den heute nirgends ein Lebenslauf greifbar ist, beginnen die Mysterien der verschwundenen Easy-Rider-Chopper. Um Aufklärung des Raubes wollte sich – verständlicherweise – keiner recht kümmern. Ebenso im Halbdunkel blieb die Wiederauferstehung des Captain-America-Choppers und seines Zwillings. Eine wichtige Rolle dabei spielte in Folge ein Schauspieler, Biker und Motorradbastler, der im Film in einer kleinen Nebenrolle als bärtiger Hippie auftrat: Daniel Francis »Dan« Haggerty (1941–2016). Es wird immer wieder behauptet, dass Haggerty neben der Schauspielerei Custombikes baute, auch zusammen mit Stuntman und Schauspieler Gary Littlejohn, dem die Chopperwelt die Erfindung der Sargtanks zuschreibt. Tatsächlich war es Dan Haggerty, der sich das Wrack des am Ende des Films explodierten Captain-America-Choppers gesichert hatte. Er arbeitete noch vor der Uraufführung von Easy Rider an dem Wiederaufbau dieser wohl einzig verbliebenen Captain America, die wohl doch nicht so stark zerstört war, wie immer wieder behauptet wurde. 

Das Internet ist voll solcher Fehlinformationen

Diesen Wiederaufbau hatte wohl auch Peter Fonda noch in Erinnerung, als er dreißig Jahre später in seinem Buch schrieb, Dan Haggerty hätte die Originalmotorräder gebaut. Heute ist das Internet voll solcher Fehlinformationen. So soll sowohl der Stuntman Tex Hall als auch ein Mitglied des Hells Angels MC und auch ein Member des Satan’s Slaves MC beim Aufbau der originalen Bikes geholfen haben. Indiz dafür, dass man den überwiegend hellhäutigen amerikanischen Bikern die Wahrheit jahrzehntelang bewusst vorenthielt.

Easy Rider – Von jedem Bike gab es zwei Backups

Geht es um Nachbauten, muss klar sein, dass bereits vor Filmbeginn, unter der Regie von Cliff Vaughs und Larry Marcus, die ersten Kopien, nämlich die zwei Backups, der Filmmotorräder gebaut wurden. Diese Chopper-Doubles, die auch im Film zum Einsatz kamen, waren nicht in allen Details identisch mit denen, die zuerst gebaut worden waren, was aufmerksamen Fans beim Betrachten auffiel und immer wieder zu Streitigkeiten führte, wenn es um den Aufbau originalgetreuer Repliken ging. Dan Haggerty hielt sein bis Ende 1969 wiederaufgebautes Exemplar vorläufig unter seinem Dach. Es war ein Original, das seinen Wert erst noch bekommen würde.

1,35 Millionen Dollar für die vermeintlich originale Captain America?

Doch welche der Maschinen hatte Haggerty unter Verschluss? Die erste oder zweitgebaute Captain America? 1994 wurde wahrscheinlich genau diese Captain America von Dan Haggerty als »Das Original« verkauft – für mehr als 60.000 Dollar, mit Echtheitszeugnis! Möglicherweise konnte Haggerty Teile von der zweiten existierenden, gestohlenen originalen Captain America aufkaufen, denn nach der Jahrtausendwende bot Haggerty dann noch eine weitere »echte« Replik an … für dieses Motorrad wurde in der Folge 1,35 Millionen Dollar geboten. Nach Zweifeln an der Echtheit hat der nicht genannte Sammler den Kauf rückgängig gemacht. Haggerty starb im Januar 2016 mit 74 Jahren an Krebs. 

Die Moral: Easy Rider sollte nicht wie viele andere Bikermovies, vom Schlage „Hells Angles on Wheels“ oder „The Wild Angles“, von motorradfahrenden, gewaltbereiten Schlägertypen handeln, die ihre Umwelt terrorisieren. Eher vom Ausbruch aus der Normalität. Was ironischerweise zur Gewalt ihnen gegenüber führte

Doch zurück ins Jahr 1969. Nachdem Easy Rider so erfolgreich angelaufen war, beauftragte die Columbia-Filmgesellschaft die Firma »AEE-Choppers«, zwei »Captain America«-Chopper nachzubauen, um sie an US-Kinos zu verleihen. Laut einem Artikel im Magazin »Street Chopper« lieferte AEE diese Chopper schon im Januar 1970 aus. Dies dürften die ersten nachgebauten Kopien gewesen sein. Der gleichnamige Sohn des Edelcustomizers und Lackierers Dean Lanza will sich entsinnen, als Kind in der Werkstatt seines Vaters die Lackierung der Filmmotorräder mitbekommen zu haben; wohl auch Montagearbeiten daran und auch, dass sein Vater später komplette Kopien baute – jedenfalls die Chopper, die bald im MovieLand WaxMuseum landeten. 

Auf dem Cover der ersten BIKER(s) live!

Das »Deutsche Zweirad- und NSU-Museum Neckarsulm« hat seit 1992 eine »Captain America« in seiner Ausstellung. Sie schaffte es in die erste Ausgabe unseres Magazins – das damals noch »BIKER live!« hieß – und auf das Cover. Museumsmitarbeiter Sven Heimberger hatte unseren Mitarbeiter Horst Heiler gebeten, die Herkunft ihres Exponates zu erforschen. Der ermittelte Erbauer, Jim Leonard, erwähnte in seinen unzähligen Briefen, dass er in den ersten Jahrzehnten nach dem Raub der Motorräder immer wieder von angebotenen Einzelteilen hörte, die von den Hero-Choppern stammen sollten. Mil Blair von Jammer Cycles sagte ihm, er hätte in den späten sechziger Jahren einen gereckten, verchromten Harley-Starrrahmen angeboten bekommen, an dem sogar alle Gussteile – wie an Captain Americas Rahmen – dran waren, die üblicherweise beim Choppen wegen einer cleaneren Optik abgeflext wurden.

Das »Deutsche Zweirad- und NSU-Museum Neckarsulm« hat seit 1992 eine »Captain America« in seiner Ausstellung. Sie schaffte es in die erste Ausgabe unseres Magazins – das damals noch »BIKER live!« hieß – und auf das Cover

Diskussionen um Originale und absolute Originalität bei Nachbauten sollten später immer wieder auftreten. Auch jetzt, wenn zum fünfzigjährigen Filmjubiläum überall auf der Welt Nachbauten erstellt werden und vielen Schraubern immer noch nicht klar ist, dass es von jedem Filmmotorrad ein leicht abweichendes Double gegeben hatte. 

Bleibt mehr als »Born to be Wild«?

1969 war ein Film in die Kinos gekommen, der in neuer Drehweise und mit minimalem Budget erstellt wurde, extreme Impulse setzte und diese weltweit verbreitete. In den letzten fünfzig Jahren reifte »Easy Rider« zum Kultfilm der Biker. Noch heute gibt es kaum eine Bikerparty auf der der Titelsong »Born To Be Wild« nicht gespielt wird. Die Filmmusik setzte sich aus aktuellen Lieblingsstücken der Schauspieler zusammen, was es in dieser Art noch nicht gegeben hatte. Die Bikes … rollende Orgien aus Kraft, Sound, Lack und Chrom … Chopper eben. Die Chopperbauer? Dunkelhäutig, für die rassistisch gespaltene US-Bevölkerung einfach undenkbar! Im Filmnachspann wurde Cliff Vaughs nicht erwähnt. Nicht als Produzent, und als Erbauer der Bikes schon gar nicht. Wenn man ihm glauben darf, hat Vaughs sich die Kinofassung des Films aus Verärgerung nie angesehen. Doch immerhin, 2014 soll ihm Peter Fonda eine E-Mail geschrieben haben, in der er Soney Vaughs Verdienste hervorhob und sich bei ihm entschuldigte. 

In manchen Kinos wurde zum tödlichen Ende Beifall geklatscht

Und der Film? Eine flache, undurchsichtige, zusammengestückelte und gerade für behütete Mitteleuropäer erst durch Hintergrundinformation verständliche Handlung. Sein Ende? Mit erhobenem Zeigefinger und der Frage, ob Drogenhandel, Marihuana, LSD, Huren und Gewalt einen Film dominieren dürfen. Letztlich haben die Motorräder und die Musik »Easy Rider« in den Vordergrund gerückt. Ob man ihn nun mag oder nicht: Chopper, Candylack, Chrom, Wüste, Brücken – wer den Film als eine Komposition von schönen Bildern und Musik sehen kann, hat gewonnen.

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.