Auch 2021 fiel Punta Magna dem nervigen Virus zum Opfer. Dafür steht der Termin 2022 – dann soll das Event an einen neuen Ort ziehen. Und wer sich jetzt denkt: »Punta-what?«, für den haben wir einen Roadtrip zum letzten Event dokumentiert. Unsere Schrauberfreunde der Customizers East machten sich mit neun Bikes auf nach Valloire in die französischen Seealpen.

2014 waren wir schon einmal beim Punta Bagna, die Erfahrungen damals durchweg positiv und Grund genug, die Jubiläumsausgabe des Events anzusteuern. Für uns bedeutet das erst mal Vorbereitung, selbstgeschweißte Gepäckträger montieren und die mehr oder weniger umgebauten Bikes beladen, 2500 Kilometer wird der Trip nach Frankreich und zurück lang sein.

Punta Bagna – No Baggers, no Trucks, no Trailers, no Escorts

Die Starrrahmenquote liegt bei dreißig Prozent, für die gesamte Strecke ist eine gute Woche eingeplant, Motto: Neun Mann, neun Bikes, no Baggers, no Trucks, no Trailers, no Escorts – los geht’s.

Ende Juni, die Schraubergemeinschaft der Customizers East auf den Weg nach Frankreich – die dicken Jacken landen schnell als Zusatzgepäck an den Sissybars

Die erste Etappe führt uns vom bayerischen Hof ins österreichische Dornbirn, es ist die bisher heißeste Woche des Jahres. Ausstaffiert mit unseren Lederjacken starten wir, morgen schon werden die Jacken an die Sissybars gewickelt, ab dann fahren wir nur noch im Sweater. California Feeling, die Digitalanzeige am Straßenrand zeigt vierzig Grad.

In einer Metallbauschmiede finden wir Hilfe …

Noch in Deutschland gibt es die erste Panne – Lampenhalter abgerissen. In einer Metallbauschmiede finden wir Hilfe, der Meister fertigt einen neuen Halter, will gerade mal zehn Euro dafür. Nicht akzeptabel für uns, wir legen Trinkgeld obendrauf und setzen unsere Reise fort.

Keine Angst vor großen Touren: Auch Langgabler können da mithalten – wenn sie sauber aufgebaut sind

Und weil wir im Laufe der Fahrt mit weiteren lockeren Lampen, meist größeren Durchmessers, zu tun haben, wird der Spruch von unserem Member Nobbi zum Running Gag: »Solche Pempel haben an der Springer auch nichts zu suchen.«

Auf kleinen Passstraßen geht es nach Italien

Am nächsten Morgen geht es in die Schweiz, furchtbar teuer, das ist allgemein bekannt. Für die Plörre aus dem Kaffeeautomaten sind fünf Franken fällig, dafür entschädigt die wirklich einzigartige Bergwelt. Auf kleinen Passstraßen geht es nach Italien, bei wieder fast vierzig Grad zurück auf die Autobahn, vorbei an Turin, nördlich weiter nach Frankreich, Valloire als Ziel fest im Kopf.

Die Reparaturen hielten sich in Grenzen, einen neuen Lampenhalter gab’s vom örtlichen Handwerker

Ab Turin nimmt die Dichte an Harleys, Choppern und Custombikes merklich zu, das Punta-Bagna-Treffen ist längst kein Insider mehr. In St. Michel, am Fuße des Berges mit dem Abzweig nach Valloire angekommen, setzen wir uns erst mal in eine Kneipe. Bei einem Panaché und Café au Lait schauen wir uns an, wer und was so alles den Berg hochfährt.

Punta Bagna – Alles extrem entspannt

Es macht den Eindruck, dass Tausende unterwegs zum Treffen sind. Und dann schließen auch wir uns an und fahren die gefühlten einhundert Serpentinen hinauf ins kleine Städtchen Valloire. Oben ist es schon richtig voll, Motorräder überall – und doch ist hier alles extrem entspannt. 

In den Seealpen lohnt es sich durchaus, das Moped auch mal stehen zu lassen und die Gegend per Pedes zu erkunden

Wir beziehen unser Quartier und kaufen Bier und Frühstück im örtlichen Supermarkt. Abends geht’s auf die Mainstreet des Treffens. Das Bikeshow-Zelt ist gut gefüllt, einige echte Knaller sind unter den Kisten. Später gibt’s New-York-Hardcore mit Agnostic Front, weitere richtig gute Livebands das ganze Wochenende über – und das alles for free.

Punta Bagna – Der Col du Galibier ist ein Muss

Wir können uns nicht erinnern, wo es sowas sonst noch gibt. Am Samstag lassen wir es uns nicht nehmen und fahren den über 2600 Meter hohen Col du Galibier hinauf. Leider wird die Freude des Aufstiegs etwas getrübt, unzählige Radsportler und deren Begleitfahrzeuge sind unterwegs, vermutlich trainieren alle schon für die Tour de France, der Col de Galibier ist in diesem Jahr einer der zu überquerenden Alpengipfel.

Langweilig wird’s nie: Die Gegend lädt zum Nonstop-Mopedfahren ein und selbst die Pausen in hübschen alten Alpenkäffern sind reizvoll

Außerdem unterwegs – unzählige Wohnmobile und natürlich Motorräder aller Art, Ruhe gibt es hier nicht. Vermutlich hätten wir es wie die W&W-Crew machen sollen, die sind morgens um fünf auf den Gipfel gefahren, aber dafür sind wir leider doch zu faul. Immerhin, die Abfahrt ist wesentlich cooler und entspannter.

Schwerer Kater und ein gerissener Kupplungszug

Sonntagmorgen ist der Kopf verkatert, unsere Ferienwohnung müssen wir trotzdem grundreinigen. Der Heimweg soll uns durch Frankreich und später über den Schwarzwald wieder nach Hause führen. Nach einer traumhaften Fahrt durch den Jura verabschiedet sich ein Kupplungszug, kann aber zum Glück mit mitgeführten Schraubnippeln und einem scharfen Seitenschneider repariert werden.

Geschafft: Über 2600 Meter hoch liegt der Col du Galibier. Unsere Jungs meistern den Aufstieg mit ihren Bikes locker

Überhaupt hatten wir ein recht ansehnliches Ersatzteilarsenal dabei: Belt-Drive-Riemen, Zündspule, Zündung, Batterie(n), Zündkabel, Pannenspray, Kettenschlösser und allerlei sonstiges Kleingedöns. Die beste Reparatur ist immer noch die, die man selbst erledigen kann – und ehrlich, keiner von uns fährt gerne mit dem ADAC nach Hause!

Abgerissenes Massekabel an der Shovel

An meiner eigenen Shovelhead gibt’s zum Abschluss noch ein abgerissenes Massekabel mit gleichzeitigem Durchbrennen der H4-Birne und dem damit verbundenen schlagartigen Aus auf der Autobahn. Auch dieses Problem kann mit unseren »Bordmitteln« einwandfrei gefixt werden.

»Nichts muss, alles kann«, regelmäßig gehen die Customizers East mit ihren Kisten auf Tour. Sie beweisen damit, dass Customizing und Fahrtauglichkeit sich nicht ausschließen, auch bei Starrrahmen nicht

Bis auf »kein Sprit mehr, Moon-Ersatztank hilf«, bleiben wir aber von weiteren Vorkommnissen verschont – nun ja, bis auf den Nagel im Hinterreifen, der einen kurzen Schreckmoment, aber keinen Luftverlust zur Folge hat. Auch die Regenkombis können wir bis zum Schluss in den Packtaschen lassen, wir hatten schlicht eine Woche pures Sommerfahrfeeling erwischt.

Nächstes Jahr geht die Sause Anfang Juli in Courchevel

Ein rundum geiler Trip nach dem alten Swingermotto »nichts muss, alles kann« geht zu Ende. Wir wären sofort bereit, es wieder zu tun.

Die nächste Gelegenheit wäre vom 1. bis 3. Juli 2022. Dann findet die Sause aber nicht mehr in Valloire statt, sondern im 140 Kilometer entfernten Courchevel. Ob das eine kluge Entscheidung ist, wird sich noch zeigen. Zwar ist’s in den Seealpen überall geil, aber Courchevel ist ja doch eher als versnobter Skiort bekannt, so dass man durchaus mit deftigen Preisen rechnen darf. Der Veranstalter beschwichtigt jedoch, es werde kein Abzock-Event geben. Wir werden sehen …

Info | customizers-east.de

Zur Facebook-Seite des Veranstalters geht’s hier: facebook.com/puntabagna

Customizerkurt
Kustomizerkurt bei

Kurt Goller, Jahrgang 1965, schreibt als »Kustomizerkurt« für die CUSTOMBIKE. Der Zweiradmechanikermeister arbeitet im Hauptberuf bei SSCycle und steht auf alte Motorräder mit Charakter. So befindet sich eine 1977er Harley-Davidson Shovelhead FXE ebenso in seinem Besitz, wie eine 1991er EVO-Softail und eine 1994er Kawasaki ZR 550.