Im 21. Jahrhundert findet die Couchkartoffel Suzuki VL 1500 den richtigen Trainer und schlüpft in ein sportliches Dress
Im Cruiserboom Ende des vergangenen Jahrhunderts sollte die Erfolgsgeschichte des Choppers Suzuki VS 1400 vom Chromsofa VL 1500 fortgeschrieben werden. Dessen nicht ganz so kultiges Image hat heute den Vorteil, dass man eine technisch ausgereifte Umbaubasis auf dem Gebrauchtmarkt günstig schießen kann. So findet Dirk Wohlgemuth aus dem brandenburgischen Bad Saarow eine 1998er Trude im guten Zustand mit nur wenig mehr als 7000 Kilometern.
Eine Saison im Urzustand
Das ist so gut wie nix, denn sechsstellige Kilometerleistungen sitzt die dicke Dame auf einer Arschbacke ab. Eine Saison fährt Dirk sie im Urzustand, dann wird in die Hände gespuckt. Nachdem er zwei Jahre zuvor bereits eine 125er Honda Rebel und danach eine Hyosung GV 250 umgestaltet hatte, wird die 1500er ein größeres Projekt.

Nach nächtelangem Wälzen der einschlägigen Kataloge und Blättern in seinen Kontoauszügen setzt er dafür erste Koordinaten: Leichtmetallräder von Thunderbike für 130er Pelle vorn und 260er hinten. Zunächst zerlegt er die Maschine für den Schwingenumbau bis aufs Zentrum von Motor und Hauptrahmen. Und während weiterer Bestellungen ansteht, entwirft er zur Fertigung eigener Formteile die geniale Idee, Zinklochblech mit Kunstharz zu überziehen.
Suzuki VL 1500 mit Tankattrappe
Nachdem Dirk bereits im Vorjahr einen Sitzträger gebaut hat, möchte er nun dieses Verfahren für größere Flächen nutzen und ein aggressiveres Design der Tankattrappe verwirklichen. Weitere Anwendungen sind Front- und Heckschutzblech, sowie der Bugspoiler. Der Vorteil von Dirks selbst entwickelter Technik ist zunächst die Möglichkeit, aus dem gut zu bearbeitenden Zinklochblech relativ leicht Einzelstücke ohne vorherigen Formenbau herstellen zu können.

Und später sind diese besonders stabil und können – anders als GfK-Teile – durch den Metallkern nicht splittern. Eine originelle und für den geschickten Heimwerker praktikable Idee. Als Nachteil bleibt die mühsame Spachtel- und Schleifarbeit, wie sie alle GfK- und Kunstharzproduktionen erfordern. Den ganzen Winter über staubt der Erbauer also die Werkstatt ein, wenn er nicht frisch verchromte Preziosen bewundert: Schaltereinheiten, Bremszange oder die Kardanwelle haben nämlich Chopz & Cruiz glanzvoll überzogen.
Auf zum Lackierer
Erst spät sind die Formteile fertig und können nun zum Lackierer, zusammen mit der Verlängerung des Mitteltunnels zwischen den Tankattrappenhälften oder die aus Alublech neu gebauten Seitendeckel. Zeitgleich geht der ebenfalls selbst gefertigte Sitzunterbau zum Sattler. Etwas verfrüht, wie sich nach der Anprobe herausstellt, denn für besseren Halt muss Dirk den Sitz noch einmal anders gestalten.

Auch das zunächst dunkle Lackkleid wird er bis zu unserem Fototermin wieder umgestalten. „Wenn etwas fertig ist, bedeutet das nur den Anfang von etwas Neuem. Ich muss halt immer was machen”, zuckt Dirk angesichts seines Tatendrangs mit den Schultern. Dass er gleich noch anderen etwas zu tun gibt, belegt zum einen die stete Mitarbeit von Sohn Philipp und zum andern Aufträge für lokale Handwerksbetriebe wie Delta Kontur, die 3D-Fräsarbeiten ausführen.
Erste Probefahrt und ab zur Abnahme
Sie fertigten nach einer Pappschablone Dirks die mehrschichtige Luftfilterattrappe aus Aluplatten. Und von der Berliner Bikerschmiede stammt der seitliche Kennzeichenhalter. Anders als die Entscheidung für diesen fällt die Wahl der Auspuffanlage schwerer, aber schließlich auf die Competition Big Flat von Thunderbike. Nach erforderlicher Modifikation ihrer Halterung kollidiert sie nicht mehr mit der verbreiterten Schwinge, und der ersten Probefahrt sowie anschließender technischer Abnahme steht nichts mehr im Wege.

Nun ist schon über ein Jahr vergangen, und Dirk Wohlgemuth wäre eben nicht er selbst, stünde nicht schon wieder das nächste Projekt an. Die Suzuki muss zu Gunsten einer Kawasaki VN 800 weichen, an der Vater und Sohn gerade Großes vollbringen. »So eine Kawa wird ja noch seltener umgebaut, da gibt’s kaum Teile für«, stellt Dirk fest. »Das ist genau die richtige Herausforderung für uns!« Man darf also gespannt sein, welche neuen Ideen im äußersten Osten Deutschlands geboren werden. »Wir melden uns wieder«, verspricht Dirk und donnert mit der flotten Trude davon.
Info | wb-bikes.de

