Wer gern reife Einzylinder von ihrer freizügigen Seite kennenlernen möchte, findet bei Meister-S die Richtige. Wie diese Suzuki LS 650 Savage.

Fuckin’ hell, die Else is’n altes Mädchen! Und diese hier gleich doppelt: Zum einen wurde die Japanerin vor mehr als 35 Jahren geboren, geht also längst als Oldtimer durch. Und dann schminkt sich dieses Exemplar noch älter, trägt Messingschmuck wie die Pioniere der Motorisierung zu Zeiten Kaiser Wilhelms. Als 1986 Suzuki seine LS 650 Savage präsentierte, war sie gemeinsam mit der zweizylindrigen Intruder der erste echte Chopper vom Fließband. Wie keine vor ihr verkörperte sie dessen Ideale – schnörkellos, schlicht, gradlinig.

Suzuki LS 650 – Noch immer zeitgemäßer Antrieb

Sie erinnerte mit ihrem dicken Zylinder zwischen den Rahmenrohren an die legendäre englische Panther 650, die lange das größte gebaute Einzylindermotorrad war. In dieser Reminiszenz erschien die Else genauso mutig, wie in der Fortschrittlichkeit mit Zahnriemen-Sekundärtrieb. Mit vier Ventilen und Ausgleichswelle hat der noch immer zeitgemäße Motor seine Wurzeln in der Enduro DR 600, und wurde bis 1994 in Deutschland mit 27 PS, dann mit den international üblichen 31 Pferden angeboten. Das Getriebe hatte anfangs vier, ab 1991 fünf Gänge.

Die Savage geht als Klassiker durch, blickt sie doch auf eine bald vierzigjährige Modellgeschichte zurück

Während sie hierzulande längst nicht mehr vermarktet wird, verkehrte sie unter dem Namen »Boulevard S 40« bis 2019 in Japan, Chile, Neuseeland oder den USA. Und trotz ihrer langen Erfahrung ist sie immer noch Single. So tauchte sie eines Tages an der Tür von Axel Siemoneit auf. Als erster Jahrgang 1986 war sie zwar seit ihrer Geburt optisch etwas mitgenommen, aber mit nur rund 19.000 km technisch noch voll dabei, und eine Schönheitsoperation unter den Händen von Meister-S würde sie neu beleben.

Suzuki LS 650 – Hier gibt’s noch Kühlrippen und Vergaser

Für frisches Aussehen passend zur Persönlichkeit hat der Mecklenburger die geeigneten Instrumente. »Vintagestyle ist an älteren Motorräder einfach schöner. Hier gibt’s noch Kühlrippen und Vergaser«, gibt der Meister zu verstehen. Der Custombiker ist seit 1995 Meister und eröffnete drei Jahre später seine Werkstatt im schmucken Ort Parchim. Neben Handel und Reparatur waren von Beginn an Umbauten aller Art sein Thema, Sportler, Fighter oder Chopper.

Aus diesem Blickwinkel zeigt die Savage, dass ein simpler Einzylinder die ideale Basis für ein minimalistisches Custombike sein kann

Er ist leidenschaftlicher Hobbyracer, fuhr beispielsweise in Oschersleben beim Lauf zur Langstrecken-Weltmeisterschaft mit und lehrt als Instruktor im Rahmen der Shell Racing Academy. Und so weiß er, was er tut, hat er schon mehrere MZ Skorpion operiert, deren Einzylinder ebenfalls noch munter bei Supermono-Cups poltern, trotz all der Jahre auf’m Buckel. Und da »Savage« so viel wie wild und primitiv heißt, drängt sich bei ihr die Vereinfachung geradezu auf.

Der Tacho ist bereits serienmäßig im Tank versenkt

Luftfilterkasten weg, Elektrik minimiert und samt Lithium-Ionen-Batterie und Zündschloss gut versteckt, kleine Lampe im Bates-Style, statt voluminöser Sitzbank einen Einzelsattel mit genähtem Lederbezug, Ersatz der großen Leuchtaugen durch kleine LED-Blinker. Der Tacho ist bereits serienmäßig im Tank versenkt, das machte schon mal keine Arbeit, dafür das gekürzte Rahmenheck mit eng anliegendem und mitschwingendem Flatfender.

Der Tacho ist serienmäßig im Tank versenkt, Armaturen und Tankdeckel wurden golden lackiert und anschließend abgeschliffen

Das Single-Herz wurde massiert, unter anderem mit neuer Steuerkettenmechanik versehen und zusätzlich optisch gepudert, mit Harley-Kräusellack. Der Krümmer ist keramikbeschichtet und mit klangvollem Sportschalldämpfer kombiniert. Den letzten Schliff geben dann die gealterten Accessoires, im wahrsten Sinne des Wortes: Teile wie Tankdeckel oder Handhebel wurden gold lackiert, wieder leicht angeschliffen und klar überlackiert. Und abschließend sorgen die Farbgebung in Schwarz-Braun mit goldener Linierung und viele Messingschrauben für einen Auftritt nach alter Väter Sitte.

Suzuki LS 650 – Von Mecklenburg nach Bayern

Nach der Kur fühlte sich die Else wie neu geboren und so fit, dass sie von Mecklenburg nach Bayern wanderte. Gemeinsam mit ihrem neuen Partner kann sie nun das Alpenpanorama genießen. Und weil Meister-S so Vertrauen erweckend ist, bearbeiten seine Hände im Anschluss einen hübschen kleinen Einzylinder der Familie Suzuki, der mit Stollenreifen ganz erwachsen aussieht.

Info |  meister-s.com

 

Stephan H. Schneider