Zweimal Norton Commando, vielleicht die schnellsten ihrer Art – wir präsentierten Turbo und Vierventiler
»Die Power hinzukriegen, ist einfach. Der schwierige Teil sind die Lebensdauer und die Fahrbarkeit«. Über 20 Jahre entwickelt Speedy seine ursprünglich 58 PS starke 1973er Norton Commando Roadster immer weiter. Im hier gezeigten Zustand hat sie 146 PS am Hinterrad und 165 PS an der Kurbelwelle. Wie kann das sein?
Details über Details
Bedauerlicherweise haben wir kaum genügend Platz, um alle Details von Speedys Norton ausführlich zu beschreiben. Allein das Design des Ansaugtraktes würde wahrscheinlich mehrere Seiten in Anspruch nehmen. Also machen wir das lieber locker und leicht und beginnen mit dem Einfachsten: dem Rahmen. Es ist ein Original-Norton-Commando-Rahmen, von der Schwinge und der um fünf Zentimeter gekürzten Gabel mit der selbst gebauten Gabelbrücke mal abgesehen.

Falls die Schwinge an die von Uffes Commando (die zweite Norton auf den Fotos) erinnert, dann deshalb, weil die Jungs ihre Schwingen gleichzeitig gebaut haben. »Als ich 19 war, habe ich den Sportster-Tank gekauft. Inzwischen fühlt er sich etwas altbacken an, aber ich wollte ihn auf jeden Fall behalten«, zeigt Speedy auf den kleinen Spritbehälter, unter dem der Motor mitsamt seinem Zubehör jedes Eck ausfüllt.
Herzstück aus der Norton Commando 850
Das Herzstück bildet ein ehemaliger 850 ccm-Commando-Motor. Auf der Antriebsseite wurde ein 20 Millimeter starkes Aluminiumstück eingeschweißt, das jetzt das Gehäuse verstärkt. Die Hauptrollenlager sind aus hochwertigem Stahl, die Außenringe um 0,07 Millimeter geschrumpft und dann eingesetzt, damit sie sich nicht lösen können, wenn der Motor richtig heiß wird.

Um den Twin auch im kalten Zustand noch drehen zu können, wurden die Innenringe an der Innenseite um 0,01 Millimeter abgeschliffen. Die Pleuel sind eine Sonderanfertigung aus Titan: »Die Original-Pleuelstangen halten schon, aber nur so etwa sieben Kilometer, danach kriegst du Probleme«, lacht Speedy.
Tiefe Eingriffe in den Motor
Dank Audi-V8-Gusskolben hat der Motor 940 Kubikzentimeter Hubraum. Zudem haben die Kolben 21 Millimeter starke Kolbenbolzen gegenüber den 17 Millimeter Standardbolzen. Speedy ergänzt, dass es mit den Kolben die größten Probleme gab, denn aufgrund der Leistung kommt es zu hohen Belastungen im Brennraum. Der Motor verfügt über zwei Ölpumpen. Die originale drückt jetzt mit zwei Zahnrädern, eine Fiat- 127-Ölpumpe sorgt für den entsprechenden Rücklauf. Die Zylinderstehbolzen sitzen tiefer im Block, was so ziemlich überall geschweißte Verstärkungen notwendig machte.

Wesentlichen Anteil an der hohen Leistung hat der Garrett T2-Turbolader, den Speedy neu kaufen musste. »Der Turbo aus einem Auto hat nicht die richtige Übersetzung, du kannst einfach nicht genug Ladedruck aufbauen«, klärt Speedy auf. Speedy fährt mit einer Verdichtung von 9:1 und einem Ladedruck von 1,2 bar mit Lachgaseinspritzung. Allerdings sieht die Polizei die Rohre für das Lachgas nicht gerne, deshalb reduziert Speedy auf öffentlichen Straßen den Druck auf 1.1 bar und hat so »nur« noch 110 PS.
Lachgas für die Norton Commando
Was das für ein kleiner Tank unter dem Motor ist, wollen wir wissen. »Der Wassertank natürlich! Um die Verbrennungstemperatur bei vollem Ladedruck zu senken, wird Wasser in das Ansaugrohr eingespritzt. Das verringert die Explosionsgefahr und erhöht gleichzeitig die Leistung von 85 auf 110 PS.« Und wie sieht es mit der Haltbarkeit aus? Jetzt mal ehrlich, Speedy? »Der größte Schaden bisher war eine gebrochene Getriebehauptwelle. Ansonsten habe ich nur einige Kolben ausgetauscht.«

Speedy benutzt seine Norton für die tägliche Fahrt zur Arbeit. Sonst fährt er nicht mehr viele Kilometer, lediglich 6.000 im Jahr, das meiste davon in der Gegend um Kopenhagen. Vor ein paar Jahren noch reiste er oft durch den Süden Europas. Das Bike verbraucht nämlich nur 3,3 Liter auf 100 Kilometer, allerdings bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass es natürlich auch Wasser braucht …
UFFES GRÜNE Mk III.
Mit 16 Jahren kam auch Uffe auf den Geschmack von englischen Motorrädern – mit einer BSA B33. Eines Tages saß er bei einem Bier in seiner Lieblingskneipe und zufällig kam er mit einem Typen ins Gespräch, dessen Freund eine Norton Commando besaß. Sie war zwar in Einzelteile zerlegt, aber es gab die Chance, dass er diese verkaufen würde. Das Motorrad entpuppte sich als 76er 850 MK III.

Es dauerte ein ganzes Jahr, bis das Bike wieder zusammengebaut war, denn fast alle Bolzen und Distanzstücke fehlten. Der Motor rannte gut, nur brauchte die Maschine sehr viel Öl. Großartig, dachte sich Uffe, dann kann ich sie ja direkt auf 920 ccm aufbohren. Eigentlich hätte alles perfekt sein sollen, aber irgendetwas nagte an Uffe. Sein Glück war noch nicht vollendet. Das kleine bisschen Extrapower fehlte bei höherer Drehzahl: »Ich probierte es mit einer Combat-Nockenwelle und einem 40-mm-Weber-Vergaser, aber wirklich gebracht hat das nichts.«
Norton Commando mit strammen 75 PS
Größere Einlassventile, eine 5S-Nockenwelle, eine 9,5:1-Kompression und die doppelten 40-mm-Dellorto-Vergaser einer Guzzi Le Mans bescherten der Norton dann stramme 63 PS am Hinterrad. Doch Uffe musste etwas noch Radikaleres bauen: »Ich machte sogar eine Zeichnung von einem Acht-Ventil-Zylinderkopf. Doch Speedy riet mir, mich beim Serienkopf auf einen guten Squish zu konzentrieren.« (Squish nennt man den Bereich in der Brennkammer, wo der Abstand zwischen Kolben und Kopf ungefähr einen Millimeter beträgt. Wenn der Kolben am obersten Ende seines Arbeitstakts ankommt, verursacht der Squish eine starke Verwirbelung.)

Er schweißte also Material in die Brennräume, bearbeitete Zylinder und Zylinderkopf nach allen Regeln der Kunst und hatte auf einmal 75 PS am Hinterrad. Uffe hat das getan, wovon viele Commando-Besitzer träumen: Das Bike so zu verbessern, dass es immer noch bleibt, was es einmal war – ein echtes englisches Eisen. – Allerdings eines, dem keiner davonfährt. Außer vielleicht Speedy …
