Piet van den Breevaarts Cafe Racer auf Harley-Ducati-Basis besticht durch italienische Schönheit und amerikanische Muskeln

Bitzas nennt Piet van den Breevaart die Art Umbauten, die aus Teilen verschiedener Hersteller bestehen, die Stile und Marken bunt mixen. Seit den 70ern fasziniert ihn diese Spielart gar schon: »Schon damals gab es Umbau-Wettbewerbe und oft kamen da Typen, die Automotoren in Bikes bastelten und dieser ganze Kram. Das war verrückt und faszinierend zugleich«, erklärt er seine Vorlieben.

Cafe Racer mit US-Herz

Und so entscheidet er sich bei seinem letzten Projekt für die wilde Kombi aus Ducati-Rahmen, Harley-Motor und Laverda-Rädern. Das Resultat ist ein Cafe Racer mit kraftvollem US-Herz. Dabei ist Piet viele Jahre seines Motorradlebens weit weg von Milwaukee. Hauptsächlich fährt er sogar fast dreißig Jahre lang BMWs, bis er 2003 die erste Harley sein Eigen nennt und sich infizieren lässt.

Das britische Lucas-Rücklicht vermittelt Cafe-Racer-Flair

Die Bitzas bleiben trotzdem seine heimliche Liebe und die Haduc sollte sein anspruchsvollstes Projekt werden. Die Idee dazu liefert der wohl bekannteste Hybrid dieser Art: Big Sid’s Vincati – dem Motorrad ist gar ein ganzes Buch gewidmet – beeindruckt Piet so gewaltig, dass er ebenfalls darüber nachdenkt, Vincent-Motor und Ducati-Frame zu kombinieren. Das Vorhaben scheitert schnell, die Motoren sind einfach zu teuer. »Aber mit ein bisschen Fantasie sieht der Vincent auf der linken Seite aus wie ein Sporty-Motor«, erklärt Piet, dessen Vorhaben damit feststeht.

Rahmen Ducati, Motor Harley

Im Internet findet er ein XL-1200-Aggregat für schmale 1100 Euro, auch den Rahmen einer Ducati 860 GT schießt er günstig, »weil der Vorbesitzer nur den Motor für Seitenwagen-Rennen brauchte und der Rahmen eh schon Rost angesetzt hatte.« Die Hochzeit von Motor und Rahmen gestaltet sich erwartungsgemäß schwierig. Um den Twin einzupassen, müssen die Unterzüge des Rahmens abgesägt werden und mit dem neuen, abnehmbaren (!) Frontrahmen verschweißt werden, Kumpel Richard übernimmt diese fusselige Aufgabe.

Patronen verzieren die obere Gabelbrücke

Da der Rahmen der Königswellen-Ducati ohne Unterrohr unter dem Motor konstruiert ist, muss auch Piet alle Halterungen am Sporty-Aggregat selbst bauen, damit der Motor als tragendes Element fungieren kann. Mit Platten verstärkt er den Rahmen zusätzlich. Einen einfachen Ein- und Ausbau des Twins berücksichtigt er ebenso, »das ist auf der Rennstrecke ganz praktisch.«

Moderne Stoßdämpfer

Moderne Koni-Dämpfer ersetzen die Originale, die Schwinge steuert eine Laverda 750 bei. Um dem Motor zu mehr »Luft« zu verhelfen, montiert er außerdem einen Küryakyn-Racingfilter, der zwar gut aussieht, aber Piet nicht zufriedenstellt. »Der Filter stand zu weit aus dem Motor heraus, ich wollte ihn näher am Vergaser haben«, erklärt er.

Platzprobleme: Weil der XL-1200-Motor reichlich lang ist, musste er weit vorne und leicht gekippt eingebaut werden

Er entfernt den original Adapterring des Hauptventils und montiert eine externe Entlüftung aus dem Rennsportzubehör. Eine Altmann-Zündung ist für ihn fast schon ein Muss für eine Pre 2004-Sportster. Beim Auspuff entscheidet sich Piet für einen von Harley, den er mit Bos-Endtöpfen versieht. Puristen mögen diese Dämpfer zu modern für einen Cafe Racer finden, aber der Holländer möchte die lange Linie des Bikes damit unterstreichen, außerdem klingen die Töpfe prächtig.

Cafe Racer mit rassiger Sitzposition

Die Sitzbank stammt von einem englischen Cafe Racer, die rassige Sitzposition verdankt der Renner den Ducati-Clip-ons in Kombination mit gelochten Tarozzi-Fußrasten. Der Tank ist Ducati stock, die kurzen Alu-Kotflügel sind Altlasten eines BMW-Projekts, der Öltank ist Chopper-Aftermarket-Ware von Santee, weil »man bei einem Bitza eben alles darf«, freut sich Piet. Das Grundgerüst steht, fehlen noch die Räder.

»Der Ducati-860-GT-Rahmen kommt ohne durchgehende Unterzüge aus. Also musste auch der Sportster-Motor eine tragende Rolle übernehmen.«

Und die sollten sich als schwierigster Teil des Umbaus erweisen. Von dem Gedanken an rostige Ducati-Räder verabschiedet sich Piet ganz schnell, als er über ein Set Laverda-Rundlinge mit schönen, großen Trommelbremsen stolpert. Die und keine anderen sollen es werden.

Das Schöne am Laverda-Hinterrad

Schön am Laverda-Hinterrad ist, dass das Kettenrad auf der Schwinge verbleiben kann, während das Rad selbst schnell zu entfernen ist. Leider bedeutet das für Piet, dass die Ausrichtung der Kette kompliziert ist – die Ankerplatte der Trommelbremse ist nämlich an der Schwinge befestigt und kann nicht versetzt werden.

Aber letztlich bekommt Piet es hin, aus allen Einzelteilen seinen persönlichen Bitza zu formen. »Ich bin sehr neugierig auf die Reaktionen, vor allem wenn ich damit mal zu einem italienischen Motorradtreffen fahre. Hoffentlich lassen sie mich am Leben«, schmunzelt er.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.