Als wir Valentin in seiner Garage besuchten, war es ein bisschen wie ein Blick zurück auf unsere eigenen Anfänge
Gerade mal 15 Jahre alt war Valentin, als wir ihn porträtierten. Eine richtige Garage hatte er eigentlich nicht, vielmehr eine kleine Ecke, die Vater Reinhard ihm in der umgebauten Scheune, in der sie auch wohnen, zur Verfügung gestellt hatte. Auf engem Raum und mit den einfachen Mitteln, die ein 15-Jähriger eben so hat, arbeitete Valentin hier an Zweirädern. Warum, dafür gibt es eigentlich keine echte Erklärung. Klar, der Vater fuhr schon ewig Motorrad, aber reicht das allein? Sicher nicht, vermutlich spielte die Selbstfindung eines 15-Jährigen eher eine große Rolle.
Garage statt Handy und Laptop
Dass er das beim Schrauben an Motorrädern tut, ist wohltuend gegenüber all denen, die sagen, dass sich die jungen Typen doch nicht mehr wirklich für Motorräder interessieren. Valentin war nicht der Junge, der vor Handy und Laptop hängt, sondern vielmehr der, der in Umbauzeitschriften blätterte. Er war vielleicht ein bisschen ruhiger als die anderen – und wenn Valentin schraubte, war er sowieso in seiner eigenen Welt. »Wir waren nie typischen Szeneleute, steckten in diesem Umbauding eigentlich nicht tief drin. Und es war auch kein Geld da, teure Anschaffungen zu machen. Valentin war gezwungen, sich das, was er will, selbst zu erarbeiten. Die Jungs von heute kennen das doch zum Teil gar nicht mehr. Sie brauchen oder wollen nicht mehr kreativ sein«, erzählt uns sein Vater.
Valentins Geschichte begann schleichend, er zerlegte früh Kettcars und bastelte sie wieder zusammen. Er schraubte für sich, träumte von einem Scrambler. Für dreißig Euro kaufte er eine Hercules ohne Papiere. Erinnert euch das an was? Klar, so beginnen gute Geschichten, die sich alte Hasen in der Werkstattrunde gern erzählen, »Weißte noch, damals, als ich die Kreidler für 15 Mark gekauft habe.«
Show me your garage – XXXXXXXXXX
Auch Valentins weiteres Vorgehen erinnerte uns an diese Zeiten. Eine grobe Zeichnung zeigte er dem Vater, der sagte: »Nimm das Schweißgerät und mach.« Eine kurze Anleitung musste genügen, »man muss den Jungs mehr Freiraum lassen«, ist sich Reinhard sicher. Manchmal brauchte der Junior die Hilfe des Vaters, fragte, ob der ihm helfen kann oder etwas erklären. Reinhard machte es gern, »aber das meiste kam von Valentin selbst. Der fragte nicht viel, der machte einfach.«
So wollte er ein Logo auf seiner Sitzbank, einem alten Skatedeck, haben, fand die grobe Vorlage zu Stern und Totenkopf in einem unserer Magazine. Doch das reichte ja nicht, also Vorlagen zeichnen – auf Karos skizziert, Malen nach Zahlen quasi – und am Ende den Dremel in die Hand nehmen und selbst fräsen. »Und irgendwann lass ich mir das auch noch tätowieren«, sagte Valentin damals, nicht alles muss dem Papa gefallen. Ein Platz fürs Zündschloss musste gefunden werden, weil es unterm Tank ja clean sein soll, also wurde eine kleine Kiste gebaut.
Anerkennung für die Mühen
Die Anerkennung für die Mühen kam stetig. Irgendwann waren einige Freunde des Vaters zu Besuch, fragten Valentin nach seinem Bike, nickten anerkennend. Es war die Bestärkung weiterzumachen. »Da entwickelte sich richtig was«, erzählt der Vater, »irgendwann waren das mehrere Jungs, die zusammen schrauben.« Mit seinem Vater war Valentin beim Chopper Bash und auf der Kustom Kulture, saugte die neuen Ideen in sich auf. Umsetzen wollte er sie am nächsten Projekt, einer Yamaha SR 500. Der Vater wird ihn auch dabei unterstützen.
… das Sitzbrett wird per Dremel verschönert, die Lackierung eigenhändig übernommen – wir brauchen mehr solche Valentins
Und noch etwas ist dem Vater wichtig: »Die Jungs von heute brauchen nicht mehr kreativ zu sein oder können es gar nicht mehr. Da muss man ansetzen. Man muss die Kreativität und das Handwerk schätzen und anerkennen, den Jungs aufzeigen, dass es etwas Gutes und Ehrenwertes ist, ein Handwerk zu betreiben.«
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.