Wer die alte Schule sucht, wird in Speedys Garage fündig. Ein Porträt über einen Mann mit Herzblut und seine Motorräder

»Da kam mal ein Typ mit einer Bandit. Ich habe ihn gefragt, wo denn der Spaß bei so einer Kiste wäre und ihn meine SR 500 fahren lassen. Er war begeistert, hat sich von mir eine CB Four umbauen lassen und seine Bandit nie wieder angeschaut«, nur eines der Erlebnisse, von denen Speedy uns erzählt.

Ein ganzes Herz für Motorräder

Wer über 60 Jahre auf dem Buckel hat, sein ganzes Herz in Motorräder investiert und will, dass man Zweiräder nicht nur fährt, sondern auch fühlt, weiß viele solcher Geschichten zu erzählen. Bei einem Harley-Händler hat er einige Zeit gearbeitet und auch das mit der Selbstständigkeit probiert. »Aber ich habe nie Service gemacht, sondern immer komplette Bikes gebaut, damit ist Überleben zu schwierig«, erklärt er.

Mit einfachen Mitteln komplette Motorräder aufbauen, das ist Speedys Welt, »denn Geld ist nicht immer alles.«

Heute baut Speedy neben seinen eigenen Karren  die von Freunden um. Mit den einfachen Standardwerkzeugen, die einem wie ihm zur Verfügung stehen. »Mit einem großen Maschinenpark ein schönes Motorrad zu bauen, ist leicht«, sinniert er. »Aber ohne viel Geld und beste Maschinen, braucht es Herz und Hand, etwas Gutes zu bauen.«

Eine alte Scheune als Mittelpunkt

Direkt an der A1, etwa 30 Kilometer von Bremen entfernt, liegt die Garage, die er mit einem Freund ausgebaut und eingerichtet hat. Eine alte Scheune war das mal, heute stehen hier Motorräder, lagern Werkzeuge.

Sie nannten mich früher Speedy, weil ich irgendwann mal ziemlich schnell unterwegs war. Mit der alten Honda 10,8 auf der Viertelmeile. Heute bin ich ruhiger, genieße das Motorradfahren einfach, der Spitzname ist trotzdem geblieben

»Ich wollte immer einen Hinterhofcharakter bewahren. Die Leute sollen hierherkommen und sich mittendrin und zu Hause fühlen, kein kalter Showroom, sondern Heimat. Ich lebe in den 70ern, kopf- und musiktechnisch, und in einer Bikerszene, wie ich kennengelernt habe«, sagt Speedy. Die Motorräder in seiner Garage sind vielseitig, nur Vierzylinder oder Twin Cams finden wir hier nicht, »ab da war Harley für mich vorbei, da geh ich nicht ran.« Er fuhr  von Triumph und BSA über AME-Chopper und diverse Harleys schon fast jeden Ein- oder Zweizylinder. Im Privatleben heute meist seine Shovel.

In dieser Garage geht es um alte Werte

Was er neben dem Bauen an der Bikerszene schätzt, fragen wir. Die Antwort ist schlicht. »Man lernt soviele Leute kennen, jeder hilft jedem, da spielen alte Werte noch eine Rolle.  Und die sind wichtig. Heute stirbt das Wissen um die alten Motorräder aus, das ist schade. Wenn ich auf ein Oldtimertreffen fahre, dann bin ich dort fast der Jüngste, das macht mir Sorgen.« Und Speedy erzählt von der roten Knuckle, die er selbst aufgebaut hat, harte Arbeit. Ein Jahr ist er sie gefahren, bevor er sie verkauft hat. Der neue Besitzer lässt das Bike meist stehen, interessiert sich kaum dafür. »Das tut mir ehrlich weh«, gesteht Speedy.

Speedys Garage

An neuen Projekten mangelt es nicht. »Eine tiefe Harley will ich wieder fit machen, zwei Bobber sollen auch noch fertig werden.« Wie immer wird er die abgeschlossenen Projekte ausgiebig testfahren. 800 Kilometer Zeit, die eigene Arbeit zu genießen. »Es gibt nichts Größeres für mich, als den Reiz, etwas mit seinen eigenen Händen wieder hinzubekommen.«

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.