Je nach Fuhrparkgröße haben nicht alle Bikes und Teile in der Garage Platz – ein Gesamtkonzept im Münchner Osten

»Komm rein, wir gehen erstmal in den Keller«, begrüßt uns Andi. Wie jetzt, Keller? Wir wollten doch eine Garage fotografieren. Egal, wir folgen ihm die Steintreppe hinab, und nach einem Dreh am Nostalgieschalter wissen wir, warum wir hier runter mussten. Es ist eine wahre Fundgrube an Moppedteilen. Lenker, Vergaser, Krümmer, Reifen und sonstiger Kleinkram ist in Regalen und Kisten entlang den Wänden aufgereiht.

Garage mit halbfertigen Projekten

Und inmitten des Ersatzteillagers stehen zwei halbfertige Motorräder. Vor einer starrgerahmten Knuckle steht eine Triumph T100, Andis erstes Bike, das er 1975 mit 17 Jahren einem GI abkaufte. Das Geld dafür lieh er sich von seiner Mutter und seiner Oma. Die Finanzierung war genial, denn er vereinbarte mit den Geldgebern die Rückzahlung, sobald er sein Kleinkraftrad verkauft habe. Das ist aber nie passiert, denn erst vor vier Jahren schenkte er es dem Sohn eines benachbarten Bauern.

Zuerst geht es die Treppe runter. Mitten im Ersatzteilkeller stehen zwei halbfertige Moppeds – eine Knuckle und eine Triumph T100

Leider verweigerte der Motor der T100 bereits zwei Wochen nach dem Führerschein wegen eines Kolbenfressers seine Arbeit. Natürlich stand sofort die Reparatur an. Die Zylinder wurden aufgebohrt und mit Übergrößenkolben bestückt. Nach Fertigstellung kam der Motor aber nicht zurück ins Fahrwerk, sondern wurde in seinem Kinderzimmer für glatte 20 Jahre auf einem Stuhl gelagert. Wahrscheinlich stände er noch immer da, wäre das Haus nicht 1997 wegen Aufteilung der Erbmasse verkauft worden.

Bikes gegen Baustoffe

Andi nutzte seinen Anteil, um sich diesen Altbau im Osten von München zu finanzieren. Natürlich war erstmal nicht ans Schrauben zu denken, denn die Renovierung stand im Vordergrund. Vorteil an der ganzen Sache war aber, dass er die Garage schon ein gutes Jahr vor dem Hauskauf angemietet hatte und die Moppedwerkstatt im Prinzip schon fertig war. Zu Bestzeiten gehörten 20 Motorräder zum Fuhrpark, die jetzt zu Gunsten notwendiger Einkäufe teilweise veräußert wurden. Beispielsweise wurden die neuen Fenster durch den Verkauf zweier Panhead-Chopper abgedeckt und die Regenrinnen aus Kupfer waren einmal anderthalb Shovel.

Ein XS 650-Twin steht bereit für das nächste Projekt

Bei der Halben handelte es sich um Einzelteile aus dem Vorratslager. Natürlich interessiert uns auch, wie man an so eine Masse von Kleinteilen kommt. »Also angefangen hat es 1988, da war ich mit einem Freund für ein halbes Jahr in den USA. Wir sind den Interstate 10 mit einem Laster von West- zur Ostküste und wieder zurück gefahren und haben Bikes gekauft. Entweder waren es umgebaute oder halb fertige, jedenfalls bekamen wir immer eine Kiste voll mit Teilen dazu. Und die findet ihr hier teilweise noch immer, wobei ein Großteil auch schon auf Swap Meets gelandet ist«, gibt Andi bereitwillig Auskunft.

Ab nach oben

Wieder an der Erdoberfläche öffnet er die beiden Holztüren seiner Garage. Vier Mopeds teilen sich den Fußraum und drum herum steht alles, was das Schrauberherz begehrt. Sogar eine kleine Drehbank ist vorhanden, die aber nur für Kleinigkeiten aus Alu gut ist. Und in der linken Ecke entdecken wir einen Kompressor, wie man ihn nur in richtigen Werkstätten findet. »Das ist das Einzige, was ich aus meinem Laden mitgenommen habe«, berichtet Andi.

Das Meiste der unzähligen Motorradersatzteile blieb von Andis Selbstständigkeit als Motorradschrauber übrig

Er war nämlich mal selbstständig, angefangen in einer Garage und nach zweimaligem Umzug geendet in einem richtigen Geschäft. Weil er dort 60-70 Stunden die Woche arbeiten musste, hat er 1997 seinen Partnern alles überlassen und bei dem größten bayrischen Autohersteller angefangen. Aber vom Schrauben ist er nie ganz weggekommen, und somit verlassen von Zeit zu Zeit immer wieder fertige Bikes seine Garage. Das nächste Projekt des Münchners ist übrigens eine verstarrrahmte Yamaha XS 650, wir sind gespannt.

 

Lothar Steinmetz
Freier Mitarbeiter bei CUSTOMBIKE

Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.