Show me your Garage – Der Traum vom Rennfahrer



Die Garage von einem, der auszog, Rennfahrer zu werden. Dabei spielen Zufälle in diesem Motorradleben die größte Rolle

Ein Aussiedlerbauernhof, irgendwo im Taunus, die nächste Ortschaft weit genug weg, um niemanden zu stören. Auch nicht, wenn man bis in die Nacht an seinen Motorrädern schraubt.

Garage auf 300 Quadratmetern

Ein Reich von 300 Quadratmetern, ein Ort der Ruhe, bevor es richtig laut wird. Dann, an den Wochenenden, wenn Carsten Gas gibt, bei den Achtelmeile-Sprints in Monza, am Glemseck und anderswo.

Mit den »Starr Wars« fing alles an: Über das Starrrahmenrace, das seit einigen Jahren beim Glemseck 101 ausgetragen wird, lernt Carsten den Franzosen Sébastien Lorentz kennen, der seinerzeit eine eigene Sprintserie plant. Bei diesen »Sultans of Sprint« geht der Schrauber aus dem Taunus seit diesem Jahr offiziell an den Start

Die Zukunft ist beinahe vorgezeichnet, als Carsten sich damals für den Lehrberuf des Maschinenschlossers entscheidet. Viele, die heute Motorräder bauen, haben so angefangen. »Wie ein Teil funktioniert und wie man es repariert, das hast du da gelernt«, sagt der Mann, der seit vielen Jahren in der Fahrzeugszene zu Hause ist.

Fünf Tage Studium

Nach der Lehre das Fachabi, dann der Entschluss, Maschinenbau zu studieren. Mit dem Professor ist das so eine Sache, »mein Studium dauerte deshalb genau fünf Tage«, schmunzelt Carsten. Er heuert in einer Werkstatt an, schraubt dort an Autos.

»Da ist dieser Adrenalinkick, aber auch der Spaß und die Herausfor- derung, dein Motorrad immer weiter zu verbessern und auf der Strecke zu bestehen«

Sein erstes Motorradglück findet er in einem Job bei einer Bude, die alte Indians restauriert, »richtig gut war das«, blickt er zurück. Nebenbei wird immer an Autos geschraubt. Das mit den Motorrädern, das nahm erst vor einigen Jahren richtig Fahrt auf.

Der Kick, den es braucht

Auch wenn Carsten da schon aktiv Trial in der Hessenmeisterschaft gefahren ist – »das macht richtig Spaß und ist auch eine gute Übung fürs normale Motorradfahren« – den größeren Kick, den findet er woanders.

Gelernter Maschinenschlosser, Motormensch ein Leben lang: Die Kohle für seine Bikes und das Leben auf Events und Rennstrecken verdient Carsten im Hauptjob in einer Autowerkstatt

Auf einem Konzert in Heidelberg trifft er einen Typen, nur ein loses Gespräch, das war’s. Ein paar Wochen später liest Carsten in unserem Heft ein Bikeporträt, der Typ mit der Karre ist der Typ vom Konzert: Martin Becker, Customizer.

Zufälle, Zufälle

Carsten schreibt ihn an, die übliche Facebook-Nummer der heutigen Zeit. Martin steckt gerade in den Vorbereitungen zum Gentleman’s Ride, der in Heidelberg stattfinden soll. Carsten fragt, ob er mitfahren kann. Es ist 2013 und mehr Zufälle sollen folgen.

»Da ist dieser Adrenalinkick, aber auch der Spaß und die Herausfor- derung, dein Motorrad immer weiter zu verbessern und auf der Strecke zu bestehen«

Beim Ride in Heidelberg lernt Carsten Rolf kennen, Veranstalter des Starrrahmensprints »Starr Wars«, der jährlich am Leonberger Glemseck ausgetragen wird. Und Carsten fragt wieder: »Kann ich mitfahren?« Mit seiner selbst umgebauten Yamaha XJ 750 geht er an den Start.

Aus der Garage auf die Rennstrecke

Mit ihm im Feld der Franzose Sébastien Lorentz, der seinen Sprintbeemer über die Strecke prügelt und dabei von einer eigenen Rennserie träumt. Am Abend nach dem Rennen geht Carsten zu dem Franzosen, sie quatschen, sie sind sich sympathisch.

Als Sébastien im Jahr darauf seine »Sultans of Sprint«-Rennserie gründet, ist Carsten schon im Dunstkreis, nur mitfahren kann er nicht, das Reglement erlaubt keine Vierzylinder. Carstens XJ, mittlerweile auf 900 Kubik gepimpt, darf also nicht ran, er umso mehr.

Anschieber und Mechaniker

Im ersten Sultans-Jahr hilft er dem Team von »Schlachtwerk« bei den Vorbereitungen und im Vorstart, auch im zweiten Jahr ist er als Anschieber und Mechaniker dabei. »Aber ich hatte natürlich irgendwann auch Bock, mitzufahren, der Gedanke ließ mich nicht los«, erklärt Carsten rückblickend.

Er fragt, ob er darf, Sébastian gibt seine Zustimmung. Ein Bike dafür, das muss der Hesse freilich erst noch bauen. Und während die anderen Sultans gern aus dem Vollen schöpfen, auch finanziell, ist seine Kohle eher knapp.

Eine gut ausgestattete Garage als Basis

Eine Yamaha TR1 soll es werden, im Starrrahmen, schön flach. Das begrenzte Budget erfordert es, Freundschaftsdienste anzunehmen und vieles selbst zu machen. Carstens Garage und Werkstatt sind gut ausgestattet, er legt los.

Für knapp über 3.000 Euro baut er sich sein Sprintbike, gerade mal 150 Kilo schwer verspricht es den Adrenalinkick, den Carsten beim Racing so schätzt. »Aber da ist noch mehr«, sagt er, »da ist der Spaß und das Gefühl, dass dir eine gute Gemeinschaft gibt, das war bei Sprintrennen schon immer so.

Immer besser werden

Aber da ist eben eben auch die Herausforderung, das Moped immer weiter zu verbessern und auf der Strecke zu bestehen.« So stehen immer wieder Veränderungen auf dem Plan, »sie muss noch besser laufen«, der ewige Wunsch.

Und dann ist es soweit. Vier offiziellen Rennen plus einen Showlauf fährt Carsten im ersten Jahr bei den Sultans. Bei Letzterem im Rahmen der Kölner Intermot belegt er den dritten Platz. Die Sultans of Sprint gibt es als Rennklasse heute nicht mehr. Bei den »Starr Wars« hat Carsten aber weiter seine Heimat und wird auch dieses Jahr am Glemseck antreten, um zu gewinnen. Letztes Jahr war er schon verdammt nah dran … ein großer Erfolg für einen Schrauber wie du und ich, der sich seinen Wunsch vom Rennen fahren erfüllt hat.

 


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