Im Craftwerk in Berlin-Lichtenberg werden Garagenträume war – und wer will, kann selbst ein Teil davon werden
»Wir waren um die dreißig Leute, fünfzig Motorräder, alles sehr eng, aber sehr schön«, Cäthe erinnert sich noch gut an die ursprüngliche Werkstatt in einer Kreuzberger Tiefgarage. Die Berliner Motorradszene blühte, aber der Platz ist nicht schnell genug mitgewachsen. Damals hatten sie 200 Quadratmeter und waren schnell an die Kapazitätsgrenzen gestoßen. »Wir träumten von einem Ort, an dem sich alles um Motorräder dreht, wo geschraubt wird und gefeiert, ein Zentrum für Motorradkultur.«
Das passende Objekt
Wir, das sind neben Cäthe noch Max, Micha, Nils und Roman. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem passenden Objekt. Drei Jahre lang dauerte das, knapp 50 Objekte wurden besichtigt, es gab viele Rückschläge und am Ende doch einen Treffer.

Im Stadtteil Lichtenberg liegt das El Dorado, 900 Quadratmeter einer riesigen Lagerhalle, über eine Rampe zu erreichen, drumherum keine Nachbarn, die sich stören könnten. Der perfekte Ort, um die Idee der Community-Garage, dem »Craftwerk Berlin«, wahr werden zu lassen.
Community Garage
Im Mai 2019 ist Schlüsselübergabe, danach wird zielstrebig renoviert und neu gebaut, Sponsoren werden angesprochen, Werkzeug besorgt, Schritt für Schritt entsteht die Gemeinschaftsgarage. Der Gedanke des gemeinsamen Schraubens, voneinander Lernens, gegenseitigen Unterstützens ist nicht neu, aber in dieser Dimension in Europa einmalig.

Die Community-Garage funktioniert wie ein Fitness-Studio für Motorradfahrer: für einen festen Monatsbeitrag bekommt das Mitglied einen Stellplatz, 24/7 Zugang zum Schrauberparadies, Werkzeuge und die nötige Unterstützung dazu. Die Idee kommt an in Berlin. Während hinten noch gebaut wird, wird vorn schon geschraubt.
Eröffnung 2019
Im November 2019 wird auf dem Industriehof in der Josef-Orlopp-Straße große Eröffnung gefeiert. »Wir fanden es perfekt«, sagt Cäthe, »aber im Nachhinein war alles damals doch noch ziemlicher Rohbau.« Erst etwas später kommt noch eine vernünftige Küche; Deko und Werkzeug werden in ganz Deutschland zusammengesucht.

Die Idee wird angenommen, die ersten »Member« dürfen begrüßt werden, alles ist gut – dann kommt Corona. Für die Craftwerk Crew bedeutete die Coronazeit keine Schließung, sondern Schrauben auf Abstand. Gut organisierbar, weil genug Platz zur Verfügung steht.
Zufluhctsort in doofen Zeiten
»In der Zeit sind schöne Bikes entstanden.«, erinnert sich Nils, »Abstandsregeln konnten im Craftwerk gut eingehalten werden. Werkstätten wurden als systemrelevant eingestuft, das hat geholfen.«

Für viele Mitglieder ist das Craftwerk in dieser Zeit auch ein Zufluchtsort gewesen. Hilfestellung gibt es immer und zu jedem Problem. Workshops zu verschiedenen Themen werden angeboten, wie Elektrik oder Schweißen, Metal Shaping und Metallbearbeitung oder einfach das ‚Kleine Motorrad 101‘.
Man organisiert sich selbst
»Der Community-Gedanke geht voll auf. Man versteht sich, die Gemeinschaft ist stabil. Die Mitglieder organisieren sich untereinander, es entstehen Freundschaften und Interessensgruppen wie Flattrack- oder Offroadfans oder einfach Leute, die zusammen ausfahren.«

Die Mindestmietdauer eines Work-Space im Craftwerk beträgt sechs Monate, genug, wenn ein einziges Projekt fertig gebaut werden soll oder eine bestimmte Arbeit über den Winter ansteht. Normalerweise aber mieten die Member längerfristig.
Monatliche Treffen
Im Moment stehen die Zeichen im Craftwerk auf Sommer, auf Fahren, auf Feiern. Es ist Juni, als wir zu Gast sind. Immer am 2. Sonntag im Monat lädt das Craftwerk zu »Espresso TT«, dem monatlichen Meetup für Motorradverrückte.

Von 9 bis 11 Uhr trifft sich die Szene mit ihren Custombikes auf einen Espresso und ein Croissant, ein schöner Start in den Sonntag, anschließende Ausfahrt nicht ausgeschlossen.
Info | Craftwerk
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