Wer Starrrahmen fahren will, sollte wissen worauf er sich einlässt. Wir haben es mit einer Buell XB 12 ausprobiert

Motorräder mit starrem Rahmenheck spalten unsere Szene. Da gibt es jene, die leidenschaftlich auf den ungefilterten Ritt stehen. Die Traditionalisten, die eine simple, gewichtssparende Bauart bevorzugen und für die daher kein Federrahmen in Frage kommt. Andere wiederum schauen sich Hardtails zwar gerne an, das Fahren ohne Zug- und Druckstufen-Verstellmöglichkeit betrachten sie aber als komfortfreie Folter.

Keine Angst vor starren Rahmen

Sportfahrer mit festem Glauben an den technischen Fortschritt sehen Starrrahmenbikes gar als lebensgefährlichen Blödsinn an. Und Hand aufs Herz: Selbst wer Rigid-Bikes mit Ehrfurcht gegenüber steht, der sorgt sich doch bei einem 400-Kilometer-Trip um seine plattgetrommelten Nieren. Und greift dann lieber zu Softail, Paralever, Mono Shock und Co.

Da ist die Freude groß: Mit der starren Buell hat Thomas eine oberlässige Fahrmaschine geschaffen

Selbstverständlich wissen wir, dass es unmöglich ist, diese unterschiedlichen Lager zu einen. Doch das Motorrad, das wir kürzlich entdeckt haben, scheint der Schlüssel zu einer Annäherung zu sein. Thomas Stolte, Inhaber der kleinen Firma Missile Customs in Hagenow, hat aus einer 2004er Buell XB 12 S und einem SCS-Dragstyle-Rahmen ein optisch lässiges Motorrad im „englischen Stil“ zusammengesteckt, das wegen der bewährt dynamischen Buell-Fahrwerkskomponenten auch sportlicher Fahrweise nicht im Wege stehen dürfte.

Das Spenderbike lieferte einige Parts

Sowohl die Bereifung – Pirelli Diablo in 120/70-17 vorn und 180/55-17 hinten – als auch Upside-down-Gabel und die vordere Perimeterbremse samt Bremsscheibe im Heck entsprechen dem Serienmaterial und wurden unverändert vom Spenderbike übernommen. Wobei der Mecklenburger mehr als bei vielen anderen Umbauten üblich darum bemüht war, eine perfekte Fahrbarkeit zu gewährleisten. Akribisch passte er die originale Isoplanar-Gummilagerung des Buell-Triebwerks an den SCS-Rahmen an, sodass jetzt kaum noch starke Vibrationen bis zum Fahrer durchdringen dürften.

Serienware: Selbst die Fußrastenanlage konnte der Mecklenburger für sein Hardtail-Projekt von der XB 12 verwenden

Auch bei der Anpassung des Beltdrives ließ sich Thomas nicht auf faule Kompromisse ein. Er schweißte Buell-Achsaufnahmen ein und vertraute auf die serienmäßige Riemen-Spannrolle, die jedoch wegen der fehlenden Federung keine allzu große Bedeutung mehr hat. Die optimale Abstimmung des 101 PS starken V-Twins bereitete Thomas zunächst Kopfzerbrechen.

Viel Aufmerksamkeit für die Optik

Da er aus Platzmangel ein X1-Manifold mit dem XB-Drosselklappengehäuse und einem K&N-Luftfilter kombinieren musste und zudem einen Leo Vince 2-in-1-Auspuff verwenden wollte, spielte er viele Tage an der ECMSpy-Software für die Einspritzanlage, bis der 1200 ccm-Motor zufriedenstellend lief. Auch der Optik des Vorzeige-Hardtails widmete der Missile-Chef große Aufmerksamkeit. Er schnitt den Tank einer Harley-Davidson Sportster auf, modellierte ihn neu und versah ihn mit einem tieferen Tunnel.

Querformat: Gut versteckt kauert der motogadget-Tacho rechts unter dem Benzintank

Der neue Benzinbehälter schmiegt sich nun saugend um den hoch bauenden Motor und verleiht dem Bike einen technoid-klassischen Look. Beltcover, seitlichen Kennzeichenhalter und Öltank baute Thomas aus Aluminium, ein Alu-Kasten vor dem Hinterrad beherbergt die versammelte Elektrik. Fußrasten einer Suzuki GSX-R 1000, der Scheinwerfer einer Yamaha MT-01 und ein Lenker von LSL vervollständigen den in grauen Lack gehüllten Dragstyle-Look.

Bandscheiben aufgesessen!

Zunächst einmal klingt »gute Fahrbarkeit« bei einem solchen Bike nach reiner Theorie. »Alle jammern immer über unbequeme Starrrahmen. Was für ein Quatsch. Ich muss jedenfalls nach eine Runde mit meiner Buell nicht in den Rollstuhl«, hatte uns Thomas mit auf den Weg gegeben. Um zu ergründen, wie flockig die SCS-Buell um die Ecken fegt und um zu erfahren, wie sehr die fehlende Federung den Komfort beeinträchtigt, haben wir das frisch aufgebaute Missile-Bike dem CUSTOMBIKE-Fahrtest unterzogen.

»Alle jammern immer über unbequeme Starrrahmen. Was für ein Quatsch. Und wenn schon.«

Zunächst fällt auf, dass der aufwändige und vielleicht einzigartige Umbau auf Gummilagerung die groben Lebensäußerungen des sportlichen US-Twins wirksam vom Fahrer entkoppelt. Obwohl der Motor unter dem Piloten sichtbar zappelt und bebt, dringen lediglich Vibrationen der angenehmen Art nach oben durch. Kraftvoll hängt der 45°-V2 am Gaskabel, vor allem im unteren und mittleren Drehzahlbereich schiebt kaum ein anderer Motor spontaner an als dieser luftgekühlte ohv-Oldtimer-Antrieb.

Kurvenperformance auf gutem Niveau

Schon bald jedoch grillt der kurze Schalldämpfer durch die Verwirbelungen des Fahrtwindes das linke Fahrerbein. Lediglich Abspreizen bringt da ein wenig Linderung. Perfekt hingegen ist der Geradeauslauf, und auch die Kurvenperformance liegt auf dem Niveau von (gefederten) Sportbikes. Die SCS-Buell setzt in Schräglage erst mit den Rahmen-Unterzügen auf, wenn ein strammer Winkel erreicht ist.

»Wer Mageninhalt, Lendenwirbel und Backenzähne schonen will, der fährt über Schlaglöcher einfach zaghafter.«

Grund für die dynamischen Qualitäten ist sicherlich die Bereifung, aber auch Nachlauf und Schwerpunktlage scheinen gut gewählt zu sein. Auch das niedrige Gewicht von nur wenig über 200 Kilo erleichtert den Umgang mit der gepimpten Amerikanerin. Diese Aussagen relativieren sich allerdings zunehmend bei schlechter Wegstrecke. Über Schlaglöcher holpert die 12er wie ein verärgertes Känguruh.

Strammes Fahrwerk für die Buell XB 12

Wer Mageninhalt, Lendenwirbel und Backenzähne schonen will, fährt hier automatisch langsamer. So haben sie irgendwie alle recht behalten. Die ewigen Zweifler fühlen sich durchgerüttelt und somit bestätigt. Die Befürworter genießen die stramme Spontaneität des Fahrwerks. Und die »May be«-Fraktion findet Hardtails irgendwie schön, fährt aber weiter Schwingrahmen.

Weil die Missile-Buell mit 215 Kilo zu den Leichtgewichten zählt, geht es stramm vorwärts

Als Fazit bleibt jedoch stehen, dass ein Rigid-Bike, wenn es denn so sauber und gewissenhaft aufgebaut wurde wie diese Buell, einfach und mit großer Freude auch sportlich zu fahren ist. Und die spezifischen Eigenarten dieser Bauart sind für die meisten von uns durchaus beherrschbar.

Info | missile-customs.de

 

Dirk Mangartz