Genau hingeschaut, dies ist im Herzen eine JAP – allerdings gestaltet nach einem anderen berühmten englischem Vorbild
Schon mehrere ungewöhnliche Kreationen verließen die Garage des Finnen Anssi Kantonen. Der Nordmann ist unkonventionell und folgt nicht dem Mainstream, sondern geht lieber eigene Wege, um etwas Neues zu kreieren. Und so stellte er auch seine eigene Version des englischen Nobelmotorrades Brough Superior auf die Räder. »Ich verstehe nicht wie Leute immer wieder die gleichen Bikes bauen. Da versuche ich doch lieber etwas zu erschaffen, was es noch nicht gibt«, ereifert sich der Finne.
Eine JAP ist eine günstige Basis
Zum Aufbau kam es durch seine Vorliebe für britische Bikes aus den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Für ihn müssen es nicht immer dicke V2 aus Amerika oder Japan sein. Den Startschuss für die Rough Superior gab ein Freund. Von ihm bekam Anssi die Info über einen recht günstigen JAP-Motor, der in Dänemark angeboten wurde. Kurz darauf gehörte der Antrieb Anssi.
Die Idee für ein ganz besonders Bike konnte nun reifen. Die Marke Brough Superior galt seinerzeit als absolut top. Die gebotene Leistung und Qualität war überragend. Nicht umsonst wurden die Bikes als »Rolls Royce unter den Motorrädern« beschrieben. Dementsprechend musste bereits damals ein Käufer ordentlich Asche für eines der Modelle hinlegen.
Eine echte Brough Superior ist für Normalos unbezahlbar
Von den rund 3.000 Fahrzeugen, die während den 21 Jahren, in denen die Firma existierte, gebaut wurden, sollen nur um die 1.000 Stück überlebt haben. Das hält natürlich auch heutzutage die Preise hoch. Sollte sich doch mal einer der Besitzer von seinem Schätzchen trennen, dann kann er mit ordentlich Einnahmen rechnen. 2009 wurde die Marke neu belebt. 2011 durften sich die Konstrukteure sogar über einen Sieg auf dem Salz in Bonneville freuen. Und wer richtig viel Geld hatte, der konnte sich für einen Preis in sechsstelliger Höhe eine neue Brough Superior kaufen.
Da unser Finne diese Summe nicht flüssig hatte, beschloss er, sich eine eigene Interpretation der Kultmarke zu bauen. Die Grundlage bildete das erworbene Aggregat, das sich bei näherer Betrachtung als arg sanierungsbedürftig erwies. Wie sich herausstellte, stammt es von einem 750-Kubikzentimeter-Modell und muss 1936 oder 37 entstanden sein. Die eisernen Zylinderköpfe waren nicht mehr zu retten. Doch Anssi nahm die Maße ab und ließ sich von einem Freund, der über eine CNC-Fräse verfügt, Kopien aus Aluminium anfertigen.
Ein Rahmen in Eigenregie
Der Einrohr-Rahmen entstand in Eigenregie und bekam eine klare Pulverbeschichtung verpasst. Das lässt ihn wie vernickelt aussehen. Ein weiterer Freund schleppte einen japanischen Supercharger an, den er in Österreich aufgetan hatte. Schon früher wurden auch Brough-Bikes mit einem Kompressor aufgeladen, bevor deren Einsatz bei Rennen verboten wurde. Die Beweise dafür zeigt uns Anssi auf Fotos, die aus alten Magazinen stammen.
Also fertigte er einen entsprechenden Antrieb, verband den Lader mit einem fetten SU-Vergaser und modifizierte die Einlässe entsprechend. »Am schwierigsten war es für mich, den Tank, in dem auch das Ölreservoir untergebracht ist, aus Edelstahl zu treiben«, zeigt sich der bastelwütige Finne bescheiden. Es gelang ihm perfekt. Da er auf einen Elektrostarter verzichtete, wird der Motor, wie im Rennsport üblich, durch einen externen Starter zum Laufen gebracht. Ein Dreiganggetriebe von Sturmey-Archer, einer Firma aus Nottingham, vervollständigt den Antriebsstrang. Auch die verbaute Gabel ist britisch. Sie stammt von einem Zenith-Modell aus den 1920er Jahren und wurde geringfügig modifiziert.
Viele Eigenbauten
Die meisten Parts wie Auspuff, Lenker, und Fußrasten sind Eigenbauten, viele Sachen wie Scheinwerfer oder Fender glänzen einfach durch Abwesenheit. Das Bike weist dennoch genügend interessante Detaillösungen auf. Nicht umsonst meint unser Gesprächspartner: »Warum soll ich etwas Einfaches bauen? Es gibt doch schon so viele einfache Dinge auf der Welt …«
Fahrbar?