Es ist ein alter Traum vieler Extremschrauber, einen Flugzeugmotor zwischen zwei Räder zu pflanzen. Ein Enthusiast aus Wuppertal hat sich an die Arbeit gemacht.
So manchem Edelschrauber geht es beim Customizing um das technisch Machbare, oft auch um das daraus resultierende völlig Abgedrehte. Kein Wunder, dass sich seit geraumer Zeit Bike-Builder aus aller Welt damit beschäftigen, wie sie den Motor aus einem Flugzeug zwischen die zwei Räder eines Motorrads quetschen können. So entwickelte etwa der schwäbische Tüftler Clemens Leonhardt bereits 2005 einen 6700-ccm-V2-Motor mit den Zylindern eines Fliegers.
Ab 2006 dann entstanden in den USA gleich mehrere Motorräder mit je einem kompletten Siebenzylinder-Sternmotor im Rahmen. Die inzwischen liquidierte Firma Dreamcraft aus Los Angeles baute den vom australischen Hersteller Rotec zugelieferten Radialmotor mit quer liegender Kurbelwelle ein. Und auch Jesse James baute ein Bike mit längs eingebautem Radialmotor, der »natürlichen« Einbaulage im Flugzeug.
Die Krone geht zurück nach Deutschland
Jetzt hat wieder ein deutscher Schrauber das Zepter an sich gerissen, indem er sein Bike rund um einen mächtigen Neunzylinder-Stern von Rotec herum konstruiert hat. Frank Ohle aus Wuppertal war uns schon vor zwei Jahren aufgefallen, als er ein Motorrad mit Aston-Martin-Zwölfzylinder präsentierte.
Sein nächstes Bike sollte nun noch verrückter werden – kein leichter Auftrag. Nahezu zwangsläufig landete er so bei dem kleinen Motorenhersteller Rotec aus Melbourne. Neben einem Siebenzylinder mit 110 PS haben die Australier auch einen Neunzylinder mit 150 PS im Programm.
XXXXXXXXXX
Die ohv-Sternmotoren sind luftgekühlt und finden normalerweise in Leichtflugzeugen Verwendung. Frank orderte einen Neunender mit prallen 3600 ccm und begann mit der Konstruktion des Drumherums. »Zunächst einmal musste ich klären, wie ich die Umlenkung der Antriebswelle zu bauen hatte«, Frank zerlegte den Motor, um das Getriebe mittels 90 Grad umgelenktem Zahnriementrieb mit der Kurbelwelle verbinden zu können.
Und zwar an der Rückseite des Motors, nicht dort, wo normalerweise der Propeller sitzt. Den Rahmen legte der Wuppertaler so aus, dass er ohne Unterzüge auskommt und der riesige Motor – der Durchmesser beträgt unglaubliche 85 cm – von vorne eingehängt werden kann. Er fertigte eine Springergabel, die den langen Weg vom Boden bis zum Lenkkopf überbrückt und setzte 80-Speichen-Räder mit vorne einem 90er und hinten einem 300er Avon-Cobra-Reifen ein.
XXXXXXXXXX
Ein kastenförmiger Behälter unter dem Sattel dient als Benzintank, das Motoröl der Trockensumpfschmierung bunkert unauffällig im Heckfender. »Ich wollte ein Themenbike bauen. Mit dem klassischen Flugzeugmotor liegt der Rote Baron ja auf der Hand«, erklärt Frank. Also dekorierte er seinen Eigenbau mit Patronenhülsen an Griffen und Reifenventilen, platzierte eine Fliegerbombe über den Rahmenrohren und pinselte alle Blechteile feuerrot an.
Außerdem bestückte er den freien Kurbelwellenstumpf mit einem offen laufenden Propeller: »Bringt ein kleines bisschen Kühlung, dient aber vor allem der Show«. 18 Monate hat Frank an seinem Roten Baron getüftelt. Er hat sich dabei ganz nah an das technisch Machbare herangetastet. Und ein Motorrad auf die Räder gestellt, wie es abgedrehter kaum sein könnte.
Motorräder mit Umlaufmotor beschäftigten die Konstrukteure seit dem 19. Jahrhundert. Das erste Zweirad mit Sternmotor wurde ab 1892 vom Franzosen Felix Millet gebaut. Der Fünfzylinder rotierte um das Hinterrad, die Radachse diente gleichzeitig als Kurbelwelle. Konventionell eingebaut war der Fünfzylinder der ebenfalls französischen Verdel ab 1910. In England baute man 1919 einen 309- ccm-Dreizylinder in die Redrup Radial.
In Deutschland gab es ab 1921 die Megola mit im Vorderrad eingebautem 640-ccm-Fünfzylinder. Erst im neuen Jahrtausend entdeckten Customizer den Sternmotor. Etwa zeitgleich um 2006 arbeiteten JRL Cycles, West Coast Choppers und Dreamcraft an Bikes mit Siebenzylinder-Rotec-Motor.
Geil