Wir als Magazin dürfen keine Rechtsberatung geben. Deshalb lassen wir an dieser Stelle Rechtsanwältin Romy Kreisel zu Wort kommen. Unsere Frage an sie: Sissybar – was ist beim Anbau zu beachten ?

Im Zusammenhang mit ihrer Anbringung ist vor allem die Frage nach der maximal zulässigen Höhe das präsente Thema. Bei einer Sissybar muss zunächst nach einer für Fahrzeugtyp erhältlichen oder einer frei gestalteten unterschieden werden. Gibt es für den Fahrzeugtyp entsprechend der Typengenehmigung konkrete Bauteile mit einer ABE, ist eine Anbringung unter Beachtung der Anbauvorschriften unproblematisch und verpflichtet lediglich zum Mitführen der Papiere. Schwieriger zu beantworten ist die Frage im Bereich freier Customumbauten und freier Gestaltung, wo Design und Geschmack keine Grenzen kennt. Doch nach welchen Kriterien findet sich ein Rahmen zur Regelung? Tatsächlich finden sich keine konkreten Einschränkungen für dieses Stilelement, sodass – selten genug – etwas Freiraum in der Gestaltung bleibt. Grenzen gibt es dennoch zu beachten.

Zu hoch darf sie nicht sein. Ob jetzt 2,5 oder 4 Meter das Maximum sind, entscheidet der Sachverständige im Einzelfall

Erstaunlich dabei ist, dass weiterhin die allgemeine Fahrzeughöhe von 4 Metern in den Köpfen verankert ist, gibt § 32a Abs. 9 StVZO für Krafträder doch eine Höhe von maximal 2,5 Meter vor. Unter Ziffer 20 in Fahrzeugschein I der Zulassung, ist die Höhe des Fahrzeuges eingetragen. Diese dient als Höhenbegrenzung und damit als die Höhe, die auch nach Anbringung der Sissybar nicht überschritten werden darf. Andernfalls ist eine Vorstellung in einer Prüfeinrichtung zur Klärung, ob eine Eintragung der veränderten Höhe notwendig ist, zwingend. Die Entscheidung obliegt dem Sachverständigen in eigener Kompetenz. Dabei ist nicht wichtig, welche Prüfstelle man anfährt.

Sissybar – Scharfe oder hervorstehende Teile sind zu vermeiden

Auch im Zusammenhang der Anbringung dieses Bauteils gilt wieder, dass es zu einem Erlöschen der Betriebserlaubnis führt, sollte von dem Fahrzeug eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen. Spitzen, scharfe oder hervorstehende Teile sind daher zu vermeiden, egal, ob die Sissybar nun als Haltegriff, Gepäckträger, Rückenlehne oder nur als Stilelement verwendet wird.

Dieser Panhead-Chopper fährt in den USA. Hierzulande hätte er keine Chance auf einen TÜV-Stempel

Wenn die Sissybar als schwingendes Teil an der Hinterradschwinge angebracht wird, kann sie nur als dekoratives Stilelement, maximal zur Anbringung von Kennzeichen oder Leuchten verwendet werden, wobei die entsprechenden Regelungen hierfür zu beachten sind. Ist sie am Heckrahmen mit der Aufnahme des Sattels angebracht, kann sie sowohl als Rückenlehne, Gepäckträger, Haltegriff oder bloßes Stilelement dienen. Generell ist zu beachten, dass das Eigengewicht von der Nutzlast des Fahrzeuges abzuziehen ist, was bei zweisitzigen Fahrzeugen erhebliche Auswirkungen haben kann, sodass gegebenfalls die Mitnahme eines Beifahrers entfällt und das Fahrzeug zum Einsitzer umgetragen werden muss.

Veränderung des Fahrzeugschwerpunktes und damit der Fahrphysik

Die geschweißte Anbringung einer Sissybar am Fahrzeugrahmen ist nicht zulässig. Bei einer Eigenkonstruktion oder einer Sissybar ohne ABE ist zwingend auf die Materialeigenschaften, insbesondere die Festigkeit des Bauteils und die Stabilität der Anbringung zu achten. Gerade komplexere Bauarten in Verbindung mit Gepäckträgern oder als Rückenstütze können zur Veränderung des Fahrzeugschwerpunktes und damit der Fahrphysik führen. Bei einer zu grazilen oder einfachen Konstruktion kann eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern thematisiert werden, die in einer Kontrolle neben der Beschlagnahme zur Prüfung, auch zum Vorwurf des Erlöschens der Betriebserlaubnis führen kann.

Mal was ganz anderes: Die Auspuffrohre deuten die Sissy­bar an, selbstverständlich ohne deren Funktionen zu übernehmen

Eine Vorstellung bei einem Sachverständigen ist daher im Vorfeld dringend anzuraten, zwingend wird sie bei Veränderung der Fahrzeuggesamthöhe, da die geänderte Höhe und Stabilität der Konstruktion geprüft und gegebenenfalls eingetragen werden muss. Des Weiteren ist es dabei sinnvoll zu klären, ob eine Gefahrerhöhung des umgebauten Motorrades vorliegt, was auch eine Anzeige bei der Versicherung notwendig machen würde, damit im Ernstfall der Versicherungsschutz weiter besteht.

Info | kreisel-jena.de

Romy Kreisel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht bei | Website

Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.