Es ist an der Zeit, auch einmal über die kleinen Dinge zu sprechen. Heute über die Rückpiegel am Motorrad.

Seit 01.01.2016 gilt die Verordnung Nummer 168/2013 vom 15.01.2013 unmittelbar im deutschen Recht und macht die Regelung Nr. 81 für deutsche Bikes direkt verbindlich. Diese legt »einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Rückspiegeln und die Anbringung von Rückspiegeln an den Lenkern von Krafträdern mit und ohne Beiwagen« fest. Seit Geltung der UN-ECE R 81 gilt auch für Spiegel, dass ein Prüfzeichen gegeben sein muss. Wie dieses auszusehen hat, findet man im Anhang 3 der Regelung. Die Vorschrift gibt alle erdenklichen Parameter vor. Insbesondere geht es dabei um die Einstellbarkeit der Rückspiegel, Abmessungen und Abrundungsradien der Gehäuse, Krümmungsradien und Reflektionsgrade der Spiegelgläser und wo die Spiegel angebracht sein müssen. Geregelt ist auch, dass der Spiegel aus Sicherheitsglas angefertigt ist und die Anforderungen einer Schlagprüfung überstehen muss.

Rückpiegel am Motorrad dürfen weder zu groß, noch zu klein sein

Da diese Details zu umfassend sind, um alle an dieser Stelle erörtert zu werden, hier im Einzelnen zu der wohl am häufigsten gestellten Frage, den geforderten Abmessungen: Spiegelnde Flächen dürfen nicht kleiner als 69 Quadratzentimeter sein. Bei runden Spiegeln darf der Durchmesser nicht kleiner als 94 Millimeter sein. Auf einem nicht runden Spiegel muss eine Kreisfläche mit einem Durchmesser von 78 Millimetern aufgezeichnet werden können. Und damit auch wirklich alles geregelt ist, gibt es auch Bestimmungen für die maximalen Abmessungen der Spiegelgläser. Danach darf bei einem runden Spiegel die spiegelnde Fläche im Durchmesser nicht größer als 150 Millimeter sein. Bei einem nicht runden Spiegel muss die spiegelnde Fläche von einem Rechteck von 120 × 200 Millimetern eingeschlossen werden können.

Fehlende Spiegel können zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führen

Schwacher Trost: Für Fahrzeuge, die ausschließlich für die Teilnahme am sportlichen Wettbewerb bestimmt sind, gelten diese Regelungen nicht. Außerdem bleiben die bestehenden Genehmigungen erhalten. Fehlende bzw. nicht regelgerechte Rückspiegel lösen zwar grundsätzlich nur ein Verwarngeld von 15 Euro aus und werden auch nicht einmal als B-Verstoß in der Probezeit gewertet. Aber Achtung: Da Rückspiegel sicherheitsrelevant sind, kann die fehlende Vorschriftsmäßigkeit auch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis (BE) führen. Die BE ist die amtliche Anerkennung der baulichen und technischen Vorschriftsmäßigkeit eines Fahrzeuges. Sie erlischt automatisch bei Vornahme von Veränderungen, durch die z. B. eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. (§ 19 Abs. 2. S. 2 Nr. 2 StVZO).

Rückpiegel am Motorrad mit E-Prüfnummer

Nach Erlöschen der BE muss diese neu beantragt werden. Hierfür ist grundsätzlich ein Vollgutachten nötig, wobei sich die Begutachtung auf Änderungen, die zum Erlöschen geführt haben, beschränken darf. Die Frage also, ob durch einen Spiegel ohne E-Prüfnummer die BE erlischt, hängt nicht davon ab, ob das Zeichen fehlt, sondern davon, ob eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Und dies wird jedenfalls regelmäßig der Fall sein, wenn der Sinn und Zweck eines Rückspiegels, nämlich eine deutliche Rückschau nach hinten zu ermöglichen, nicht mehr erfüllt werden kann. Die einfachste damit verbundene Prüfung der kontrollierenden Beamten ist die Abnahme der Spiegelglasmaße mit entsprechenden Prüflehren. In allen anderen Fällen bleibt die BE wirksam, solange keine Untersagung ausgesprochen ist. Nachlesen könnt ihr alle Einzelheiten in der Vorschrift UN-ECE Regelung Nr. 81.

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Romy Kreisel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht bei | Website

Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.