TÜV und Dekra sind privatrechtliche Organisationen. Sie sind meist als Verein strukturiert und keine Behörden. Allerdings sind ihnen zahlreiche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung übertragen. In diesen Bereichen sind sie hoheitlich tätig und nehmen diese Aufgaben selbstständig wahr.

Ist der Termin zur Hauptuntersuchung fällig, eine Einzelabnahme oder ein anderes Gutachten nötig, fährt man zum »Prüfer« und beauftragt diesen, sich darum zu kümmern und die entsprechende Bescheinigung auszustellen. Welche der technischen Prüforganisationen man dabei auswählt, ist an sich egal. Oder nicht? Früher fuhr man zum »TÜV«, wenn es Zeit für die neue Plakette war. Umgangssprachlich hat sich hieran wenig geändert, auch wenn jeder mittlerweile weiß, dass die Hauptuntersuchung auch von Dekra, KÜS, GTÜ und anderen durchgeführt werden kann.

Der TÜV ist auch für Einzelabnahmen zuständig

Rechtlich wird zwischen technischen Prüfstellen und Überwachungsorganisationen unterschieden. Die Befugnisse sind im Bereich der Verkehrssicherheit der Kraftfahrzeuge jedoch im Wesentlichen gleich. Sie haben darauf zu achten, dass bestehende Gesetze und Regelungen eingehalten werden. Sowohl die technischen Prüfstellen als auch die Überwachungsorganisationen führen Hauptuntersuchungen, Abgasuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durch. Aber auch Einzelabnahmen, wie zum Beispiel Teilegutachten und Änderungsabnahmen. Die technischen Prüfstellen werden in den alten Bundesländern vom TÜV, in den neuen Bundesländern von der Dekra betrieben. Eine Ausnahme bildet die Stadt Berlin, wo beide Organisationen zur Verfügung stehen.

Dekra, TÜV, KÜS, GTÜ und andere Überwachungsorganisationen

Sie haben neben den Prüfaufgaben auch weitgehendere Befugnisse. Hierzu gehört u. a. die Abnahme der Fahrerlaubnisprüfung. Welche hoheitlichen Aufgaben die »amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr« oder »amtlich anerkannten Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr« wahrnehmen, ist im Kraftfahrsachverständigengesetz (KfSachvG) nachzulesen. Daneben gibt es die Überwachungsorganisationen, wie Dekra, TÜV, KÜS, GTÜ und andere privatrechtliche Prüfgesellschaften. Die Befugnisse der Prüfingenieure sind in Anlage VIIIb zur StVZO niedergeschrieben.

Die Rennleitung und auch die Gerichte sind an die Entscheidungen der Prüfer, Sachverständigen und Prüfingenieure gebunden. Allerdings haben sie das Recht zur Prüfung der Echtheit des Dokumentes und dürfen bei begründeten Zweifeln an der Korrektheit eine Überprüfung durchführen

Braucht man also eine Abnahme für das Bike oder lediglich eine neue Plakette, ist die Wahl der Organisation grundsätzlich egal. Denn die für die Institutionen tätigen Prüfer und Sachverständigen sind bereits aufgrund der strengen Anforderungen, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit von ihnen gefordert werden, umfassend geschult. Jedoch spätestens, wenn der Beamte bei der Anhaltekontrolle mit Blick auf das vorgelegte Gutachten zur Einzelabnahme die Augenbraue hebt, fragt man sich, welchen Wert das von der jeweiligen Stelle ausgestellte und ordnungsgemäß mitgeführte Papier eigentlich hat.

Polizei und Gerichte sind an die Entscheidungen der Prüfer gebunden

Das ist der Moment, in dem man darüber nachdenkt, ob diese einen Fehler gemacht haben, der einem zum Verhängnis werden könnte und ob die Beamten der Anhaltekontrolle oder ein Gericht die Entscheidung des »Prüfers« aufheben können und welche Folgen das für das Bike hätte. Tatsache ist, dass den Organisationen durch das Gesetz bzw. die Landesbehörden die Befugnis verliehen ist, die übertragenen Aufgaben selbstständig durchzuführen. Aus diesem Grund ist nicht nur die Polizei, sondern sind auch die Gerichte an die Entscheidungen der Prüfer, Sachverständigen und Prüfingenieure gebunden. Dafür unterliegen sie der Aufsicht der Länder und berichten über aufgetretene Mängel an Fahrzeugen auch zu Statistikzwecken.

Im Nachhinein kann man nicht belangt werden …

Natürlich ändert das nichts daran, dass die Beamten das Recht zur Prüfung der Echtheit des Dokumentes haben und auch bei begründeten Zweifeln an der Korrektheit eine Überprüfung durchführen dürfen. Das kann euch im zweiten Fall jedoch egal sein. Denn darauf, dass der Prüfer sein Okay gibt, darf man sich verlassen und kann im Nachhinein nicht belangt werden. Denn der amtlich anerkannte Prüfer oder Sachverständige für Kraftfahrzeuge oder der Prüfingenieur, hat im Auftrag des übertragenen Verwaltungshandelns bestätigt, dass das Bike den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Jedenfalls zum Zeitpunkt seiner Prüfung. Sollte es dennoch im Einzelfall zu dem Problem kommen, unterschiedliche gutachterliche Bewertungen vorliegen zu haben, ist in der Regel eine rechtliche Beratung anzuraten.

Info |  kreisel-jena.de

Romy Kreisel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht bei | Website

Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.