Deutschland ist für sein hohes Regulierungsbedürfnis bekannt. Die Umsetzung europäischer Richtlinien, die zur Vereinheitlichung des Rechts führen sollen, macht es nicht einfacher zu verstehen, was man alles beachten muss.

Viele Fragen werden sich daher nicht aus dem Stegreif klären lassen. Eine immer wieder mit Bezug zum europäischen Recht auftauchende Frage ist die Zulassungsfähigkeit von umgebauten, bereits in der EU zugelassenen Motorrädern.

Nehmen wir folgenden Fall an: Ein deutscher Biker hat in Frankreich sein Traumbike gefunden. Es ist umgebaut, vieles nicht mehr original, aber genau das ist es, was es ja ausmacht. Da das Fahrzeug mit den Umbauten bereits in Frankreich zugelassen war, sollte die Anmeldung in Deutschland kein Problem sein – denkt man zumindest. Die Zulassungsstelle sieht das aber leider anders. Der Biker soll zunächst den Nachweis erbringen, dass das Fahrzeug den deutschen Vorschriften entspricht.

Baulich und technisch muss das Bike geltenden Vorschriften entsprechen

Grundsätzlich ist es so: Um ein zulassungspflichtiges Fahrzeug zulassen zu können, ist das Vorliegen einer Betriebserlaubnis, also die amtliche Anerkennung, dass ein Fahrzeug baulich und technisch den geltenden Vorschriften entspricht, nachzuweisen. Gemeint sind insbesondere die Vorschriften der StVZO.

Für Fahrzeuge aus dem EU-Ausland kommen zudem EG- Richtlinien, Vorschriften aus der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einrichtungen für diese Fahrzeuge (EG- Fahrzeuggenehmigungsverordnung – EG-FGV) und der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (FZV) zur Anwendung.

Die EU-Richtlinie bringt große Erleichterung

Einer EU-Richtlinie, die der deutsche Gesetzgeber bereits im Jahr 2012 in §7 FZV umgesetzt hat, verdanken wir die große Erleichterung, dass ausländische Prüfbescheinigungen, die den Anforderungen dieser Richtlinie genügen, grundsätzlich anzuerkennen sind.

Wenn für ein Fahrzeug aus dem EU-Ausland eine EG- Typengenehmigung vorliegt, der Antragsteller nachweisen kann, wann das Fahrzeug, in diesem Beispiel in Frankreich, das erste Mal in Betrieb genommen wurde, und dass von den 24 Monaten Hauptuntersuchung noch Zeit bis zur nächsten HU ist, ist das Fahrzeug zuzulassen. (zum Nachlesen: § 7 FZV i.V.m. Richtlinie 2009/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 06.Mai 2009 in der jeweils geltenden Fassung.)

Bei Custombikes ist eine Hauptuntersuchung Pflicht

Bei Umbau- oder Custombikes muss dagegen in jedem Fall vor der Zulassung in Deutschland aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO durchgeführt werden. Hierbei helfen jedoch §§ 21a und 21b StVZO. Danach sind u.a. Genehmigungen und Prüfzeichen für Ausrüstungsgegenstände und Fahrzeugteile aus der EU anzuerkennen.

Man stellt also einen entsprechenden Antrag bei der Zulassungsbehörde seines Wohnortes und legt dort das Gutachten eines amtlich nach §§ 1 KFSachvG anerkannten Sachverständigen vor. Dieses muss übrigens nicht am Wohnort erstellt sein. Die Umsetzung einer anderen EU- Richtlinie in § 20 Abs.6 FZV ermöglicht dagegen die vorübergehende Teilnahme im Ausland zugelassener Fahrzeuge in Deutschland am Straßenverkehr.

Bis zu einem Jahr freie Fahrt mit ausländischer Zulassung

Ein z.B. in Frankreich zugelassenes Fahrzeug darf danach ein Jahr lang in Deutschland weitergefahren werden, bevor es einer nationalen Zulassung bedarf. Denn nach § 20 FZV kommt es nicht darauf an, wo der Inhaber seinen Wohnsitz hat. Lediglich, dass im Inland ein regelmäßiger Standort nicht länger als ein Jahr begründet ist, ist entscheidend. Vorausgesetzt ist natürlich immer ein bestehender Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische KFZ und KFZ-Anhänger (PflversAusl), sowie die Betriebs- und Verkehrssicherheit des Gefährts.

Im Ergebnis kommt man im Falle des Kaufes und der Zulassung eines Umbau-/Custombikes aus dem EU-Ausland nicht um eine gutachterliche Überprüfung umhin, wenn das Fahrzeug nicht im Ausland zugelassen und versichert ist und länger als ein Jahr in Deutschland gefahren werden soll. Beim Erwerb eines solchen Bikes ist daher stets auf eine möglichst vollständige Angabe aller An- und Umbauteile und das Vorhandensein der dazugehörigen Papiere / Nummern zu achten.«

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Romy Kreisel
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht bei | Website

Romy Kreisel ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht. Seit Juni 2018 analysiert sie für die CUSTOMBIKE präzise Gesetzestexte, klärt in ihrer Kolumne »Recht und Info« Rechtsfragen rund um das Custombike-Thema und macht juristische Formulierungen für den Leser verständlich.